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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

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[Spaltenumbruch] 35 Von jedem Vieh gibt man Zehnt ausser von Hühnern. - Graf, 123, 335.

Wie viel oder wenig die Henne auch Küchlein ausgebrütet hatte, es wurde nur eins abgegeben. (S. Henne.)

Mhd.: Jewelkes veis gift man den tegenden sunder hunre. (Sachsenspiegel, II, 48, 5.)

36 War ock a Vieh1 wär, sagte der Pathe beim Taufessen, als ihm Noth war und er nicht vor konnte. (Oberlausitz.)

1) Er konnte das r nicht aussprechen und sagte a vieh statt o für, vor.

37 Was aus meinem Vieh erzogen wird, das ist mein. - Graf, 110, 252.

38 Wenn das Vieh die Herbstweide rein abätzen kann, wird der Heuboden vor dem Sommer ebenso rein werden.

39 Wenn man das viech verleust, so verspert man den stal. (S. Kuh 387.) - Hofmann, 35, 111.

40 Wenn man das vieh im stall vnd vogel im bawr beleugt, so sterben sie. - Henisch, 209, 53; Petri, II, 662.

"D. i., wenn man sagt, man hab jhnen zu essen gegeben vnd ist nichts daran."

41 Wenn man das Viehe wol hält, so hälts einen wieder wol. - Coler, 80, 1.

42 Wer dess Vieh hütet, soll der Milch geniessen. - Lehmann, 558, 6.

43 Wer für sein Vieh sorgt, der sorgt für seinen Geldbeutel.

44 Wer lebt mit Vieh, wird selbst ein Vieh.

45 Wer pflegt sein Vieh, den verlässt es nie.

Die Spanier wissen das auch, sie sagen: Wer's Vieh züchtet, braucht nicht zu arbeiten. (Crianza quita labaranza.) (Mortelet, Reisen in Centralamerika, deutsch von Hertz, Jena 1872.)

46 Wer sein Vieh gut nährt, dem bringt es in Einem Jahre mehr ein als schlecht gefüttertes in zwei. - Wunderlich, 8.

47 Wer sein Vieh verlässt, der verlässt sein Brot.

Wer es in der Pflege vernachlässigt, der kommt in seiner Wirthschaft zurück und endlich in Nahrungssorgen.

Böhm.: Kdo se dobytka spousti, chleba se spousti. (Celakovsky, I, 425.)

48 Wer seinem Vieh gibt, dem gibt es wieder. - Masson, 112.

49 Wer sich zum Vieh macht, muss Heu fressen.

In Warschau hat man die jüdisch-deutsche Redensart: Bist a Behejme (Vieh), kau Strohj. Zur Erklärung wird mir folgende Anekdote beigefügt: Zu einem Rabbiner kam ein junger Mann und bat um Auferlegung einer Busse für eine grosse Sünde, die er begangen. Befragt, worin diese bestehe, erzählte er, wie er auf einer Reise mit einem jungen, hübschen Mädchen zusammengetroffen sei, der er, der Versuchung nicht widerstehend, einen Kuss gegeben habe. Weiter, fügte er hinzu, sei nichts mehr geschehen. "Nun denn", sagte der Rabbi, "ich sehe wol, dass du ein Vieh bist; du sollst daher zur Busse drei Wochen Stroh kauen."

50 Wer sik ton Veh mak, mutt ock as Veh behandelt waren. (Rendsburg.)

51 Wer über ein Vieh kommt, den treibt niemand ab. - Graf, 281, 331.

"Der kummet vbir ein Vyhe, den trybet kein man dar ab." (Nering, V, 2.)

52 Wess das Vieh Schaden thut, da urtheilt man keinen Frevel. - Graf, 291, 50.

Das Thier ist unzurechnungsfähig und hat deshalb für sein Thun nicht wie ein Verbrecher zu haften. Zum Sündigen gehört Bewusstsein; unwissend (s. d.) sündigt nicht.

Mhd.: Was daz vihe schaden tut, da teylt man dem vihe keinen freuel umb. (Zöpfel, Bamb. Recht, §. 127.)

53 Wie das Vieh, so ist der Stall. - Lehmann, 326, 20; Sailer, 81; Grubb, 84.

Das Sprichwort liebt die Form: Wie - so. (S. Dienst 52, Gurr 3, Pfarre 3 und Pfarrer 34-36.)

Holl.: Gelijk het vee is, zoo is de stal. (Harrebomee, II, 364a.)

54 Wie das Vieh, so ist Hirt vnd Stall. - Eyering, III, 555.

55 Wie 't Veh, so de Stall, söä' de Düwel, doa drew 'r sin Muo'r de Flegen in'n Oars. - Schlingmann, 390.

[Spaltenumbruch] 56 Wo ein Vieh hingeht, da geht auch das andere hin. (S. Drei 66.) - Graf, 68, 44.

"Va ain vehe gät, da sal auch das ander gän." (Reyscher, 37.)

*57 Das Vieh ins Korn lassen (führen).

Dahin, wohin es eben nicht kommen soll. Schlechte Hut oder Verführung.

Dän.: Han vii gierne före foe i kom. (Prov. dan., 151.)

*58 Doas bringt a Vieh um. (Steiermark.)

Das ist zu arg. Von etwas sehr Widerwärtigem und Unerträglichem.

*59 Er g'hirt zum liebe Vieh. (Luzern.)

*60 Er ist ein Vieh durch und durch.

Holl.: Het is een beest zijn geheele lyf over. (Harrebomee, I, 42b.)

*61 Er ist unter dem Vieh.

Holl.: Het is een beest der beesten. (Harrebomee, I, 41b.)

*62 Er ist mit dem lieben Vieh aufgewachsen. - Eiselein, 620; Klix, 114.

Lat.: In stabmulis educatus.

*63 Er und sein Vieh ist Ein Genie.

Holl.: Het is eene sort van beesten, hij en zijn paard. (Harrebomee, II, 42a.)

*64 Es ist ein Vieh von einem Menschen.

Das Wort Vieh (pecus) war auch bei den Römern ein Schimpfwort. Cicero bedient sich mehrmals des Schimpfworts "Viehstück" (pecus) und Tacitus erzählt, dass der durch Agrippina's Anschlag unter Nero ermordete Proconsul von Asien, Junius Silanus, wegen seiner Trägheit und seines Mangels an Ehrgeiz vom Kaiser Caligula aurea pecus, das goldene Vieh, genannt worden sei. (Röm. Schimpfwörter in Ausland 1871, Nr. 8.)

Lat.: Bellua inanis. (Cicero.) (Philippi, I, 56.)

*65 Es wird ihm kein Vieh sterben.

*66 Nü oach, doas brängd a Veich em. (Oesterr.-Schles.) - Peter, 455.

Ausruf der Verwunderung.

*67 Zu solchem Vieh gehört solche Weide. - Parömiakon, 2855.


Viehgeld.

* Das kostet ein Viehgeld. - Wurzbach I, 360.

Um die ungewöhnliche Höhe des Preises zu bezeichnen. (S. Heidengeld.)


Viehkauf.

Viehkauf ist kein Kniekauf.

D. h. er darf nicht übers Knie gebrochen werden, er muss mit Ueberlegung geschehen.


Viehsalz.

* Das ist Viehsalz.

"Wenn gewisse Zeitungen durch ihre Winkelschreier sagen: ja, der herrliche S ...., aber seine Räthe, ihre volksfeindlichen Massregeln, ohne mit Gründen und Beweisen offen und ehrlich Klage zu führen u. s. w., das nennt ein ehrlicher Preusse Viehsalz, d. h. ausdrücklich zurecht gemacht, dass es eigentlich nur unvernünftige Creaturen geniessen können." (Vgl. A. Th. Wöniger, Preussens erster Reichstag, 1847, Th. 10, S. 177.)


Viehstand.

Der einzige Viehstand in seinem Hause sind Flöhe und Läuse; der Hunger vertrieb Ratten und Mäuse.


Viehweide.

* Nicht auss der Viehweyd seyn. - Breüning, Orient Reyss, Vorr.

D. h. allen bekannt.


Viehzucht.

Viehzucht is des Ackerwerks Grund und Fundament. - Oec. rur.


Viel.

1 All ste vööl is ongesond. (Kleve.) - Firmenich, I, 381, 8; für Holstein: Schütze, IV, 297; hochdeutsch bei Latendorf II, 5; Eyering, I, 27.

2 Allto veil is ungesund. - Schambach, I, 240.

Lat.: Quod nimium est, fugito. (Cato.) (Philippi, II, 143.) - Quod nimium est, vitiosum saepe repertum. (Binder II, 2888.)

3 Allzu viel ist nicht genug. - Simrock, 3410.

4 Allzu viel reist den Sack. - Petri, II, 9.

5 Altzu viel ist vngesunt. - Agricola I, 37; Eyering, III, 604; Hauer, L; Mayer, II, 47; Schlechta, 449; Braun, I, 1782.

Lat.: Omne nimium est ingratum. - Quod nimium est, minime gratum minimeque salubre, mel quoque, si nimium, redditur insipidum. (Glandorp, 95, 211.) - Vitiosum est ubique, quod nimium est. (Seneca.) (Binder II, 3579.)

6 Aus viel kann wenig werden und aus wenig viel.

Dän.: Meget kand blive lidt, og lidt kand vare laenge. (Prov. dan., 413.)


[Spaltenumbruch] 35 Von jedem Vieh gibt man Zehnt ausser von Hühnern.Graf, 123, 335.

Wie viel oder wenig die Henne auch Küchlein ausgebrütet hatte, es wurde nur eins abgegeben. (S. Henne.)

Mhd.: Jewelkes veis gift man den tegenden sunder hunre. (Sachsenspiegel, II, 48, 5.)

36 War ock a Vieh1 wär, sagte der Pathe beim Taufessen, als ihm Noth war und er nicht vor konnte. (Oberlausitz.)

1) Er konnte das r nicht aussprechen und sagte a vieh statt o für, vor.

37 Was aus meinem Vieh erzogen wird, das ist mein.Graf, 110, 252.

38 Wenn das Vieh die Herbstweide rein abätzen kann, wird der Heuboden vor dem Sommer ebenso rein werden.

39 Wenn man das viech verleust, so verspert man den stal. (S. Kuh 387.) – Hofmann, 35, 111.

40 Wenn man das vieh im stall vnd vogel im bawr beleugt, so sterben sie.Henisch, 209, 53; Petri, II, 662.

„D. i., wenn man sagt, man hab jhnen zu essen gegeben vnd ist nichts daran.“

41 Wenn man das Viehe wol hält, so hälts einen wieder wol.Coler, 80, 1.

42 Wer dess Vieh hütet, soll der Milch geniessen.Lehmann, 558, 6.

43 Wer für sein Vieh sorgt, der sorgt für seinen Geldbeutel.

44 Wer lebt mit Vieh, wird selbst ein Vieh.

45 Wer pflegt sein Vieh, den verlässt es nie.

Die Spanier wissen das auch, sie sagen: Wer's Vieh züchtet, braucht nicht zu arbeiten. (Crianza quita labaranza.) (Mortelet, Reisen in Centralamerika, deutsch von Hertz, Jena 1872.)

46 Wer sein Vieh gut nährt, dem bringt es in Einem Jahre mehr ein als schlecht gefüttertes in zwei.Wunderlich, 8.

47 Wer sein Vieh verlässt, der verlässt sein Brot.

Wer es in der Pflege vernachlässigt, der kommt in seiner Wirthschaft zurück und endlich in Nahrungssorgen.

Böhm.: Kdo se dobytka spoušti, chleba se spoušti. (Čelakovsky, I, 425.)

48 Wer seinem Vieh gibt, dem gibt es wieder.Masson, 112.

49 Wer sich zum Vieh macht, muss Heu fressen.

In Warschau hat man die jüdisch-deutsche Redensart: Bist a Behejme (Vieh), kâu Strohj. Zur Erklärung wird mir folgende Anekdote beigefügt: Zu einem Rabbiner kam ein junger Mann und bat um Auferlegung einer Busse für eine grosse Sünde, die er begangen. Befragt, worin diese bestehe, erzählte er, wie er auf einer Reise mit einem jungen, hübschen Mädchen zusammengetroffen sei, der er, der Versuchung nicht widerstehend, einen Kuss gegeben habe. Weiter, fügte er hinzu, sei nichts mehr geschehen. „Nun denn“, sagte der Rabbi, „ich sehe wol, dass du ein Vieh bist; du sollst daher zur Busse drei Wochen Stroh kauen.“

50 Wer sik ton Veh mak, mutt ock as Veh behandelt waren. (Rendsburg.)

51 Wer über ein Vieh kommt, den treibt niemand ab.Graf, 281, 331.

„Der kummet vbir ein Vyhe, den trybet kein man dar ab.“ (Nering, V, 2.)

52 Wess das Vieh Schaden thut, da urtheilt man keinen Frevel.Graf, 291, 50.

Das Thier ist unzurechnungsfähig und hat deshalb für sein Thun nicht wie ein Verbrecher zu haften. Zum Sündigen gehört Bewusstsein; unwissend (s. d.) sündigt nicht.

Mhd.: Was daz vihe schaden tut, da teylt man dem vihe keinen freuel umb. (Zöpfel, Bamb. Recht, §. 127.)

53 Wie das Vieh, so ist der Stall.Lehmann, 326, 20; Sailer, 81; Grubb, 84.

Das Sprichwort liebt die Form: Wie – so. (S. Dienst 52, Gurr 3, Pfarre 3 und Pfarrer 34-36.)

Holl.: Gelijk het vee is, zoo is de stal. (Harrebomée, II, 364a.)

54 Wie das Vieh, so ist Hirt vnd Stall.Eyering, III, 555.

55 Wie 't Veh, so de Stall, söä' de Düwel, doa drêw 'r sin Muo'r de Flêgen in'n Oars.Schlingmann, 390.

[Spaltenumbruch] 56 Wo ein Vieh hingeht, da geht auch das andere hin. (S. Drei 66.) – Graf, 68, 44.

„Va ain vehe gät, da sal auch das ander gän.“ (Reyscher, 37.)

*57 Das Vieh ins Korn lassen (führen).

Dahin, wohin es eben nicht kommen soll. Schlechte Hut oder Verführung.

Dän.: Han vii gierne føre foe i kom. (Prov. dan., 151.)

*58 Doas bringt a Vieh um. (Steiermark.)

Das ist zu arg. Von etwas sehr Widerwärtigem und Unerträglichem.

*59 Er g'hirt zum liebe Vieh. (Luzern.)

*60 Er ist ein Vieh durch und durch.

Holl.: Het is een beest zijn geheele lyf over. (Harrebomée, I, 42b.)

*61 Er ist unter dem Vieh.

Holl.: Het is een beest der beesten. (Harrebomée, I, 41b.)

*62 Er ist mit dem lieben Vieh aufgewachsen.Eiselein, 620; Klix, 114.

Lat.: In stabmulis educatus.

*63 Er und sein Vieh ist Ein Genie.

Holl.: Het is eene sort van beesten, hij en zijn paard. (Harrebomée, II, 42a.)

*64 Es ist ein Vieh von einem Menschen.

Das Wort Vieh (pecus) war auch bei den Römern ein Schimpfwort. Cicero bedient sich mehrmals des Schimpfworts „Viehstück“ (pecus) und Tacitus erzählt, dass der durch Agrippina's Anschlag unter Nero ermordete Proconsul von Asien, Junius Silanus, wegen seiner Trägheit und seines Mangels an Ehrgeiz vom Kaiser Caligula aurea pecus, das goldene Vieh, genannt worden sei. (Röm. Schimpfwörter in Ausland 1871, Nr. 8.)

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*65 Es wird ihm kein Vieh sterben.

*66 Nü oach, doas brängd a Vîch em. (Oesterr.-Schles.) – Peter, 455.

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*67 Zu solchem Vieh gehört solche Weide.Parömiakon, 2855.


Viehgeld.

* Das kostet ein Viehgeld.Wurzbach I, 360.

Um die ungewöhnliche Höhe des Preises zu bezeichnen. (S. Heidengeld.)


Viehkauf.

Viehkauf ist kein Kniekauf.

D. h. er darf nicht übers Knie gebrochen werden, er muss mit Ueberlegung geschehen.


Viehsalz.

* Das ist Viehsalz.

„Wenn gewisse Zeitungen durch ihre Winkelschreier sagen: ja, der herrliche S ...., aber seine Räthe, ihre volksfeindlichen Massregeln, ohne mit Gründen und Beweisen offen und ehrlich Klage zu führen u. s. w., das nennt ein ehrlicher Preusse Viehsalz, d. h. ausdrücklich zurecht gemacht, dass es eigentlich nur unvernünftige Creaturen geniessen können.“ (Vgl. A. Th. Wöniger, Preussens erster Reichstag, 1847, Th. 10, S. 177.)


Viehstand.

Der einzige Viehstand in seinem Hause sind Flöhe und Läuse; der Hunger vertrieb Ratten und Mäuse.


Viehweide.

* Nicht auss der Viehweyd seyn.Breüning, Orient Reyss, Vorr.

D. h. allen bekannt.


Viehzucht.

Viehzucht is des Ackerwerks Grund und Fundament.Oec. rur.


Viel.

1 All ste vööl is ongesond. (Kleve.) – Firmenich, I, 381, 8; für Holstein: Schütze, IV, 297; hochdeutsch bei Latendorf II, 5; Eyering, I, 27.

2 Allto vîl is ungesund.Schambach, I, 240.

Lat.: Quod nimium est, fugito. (Cato.) (Philippi, II, 143.) – Quod nimium est, vitiosum saepe repertum. (Binder II, 2888.)

3 Allzu viel ist nicht genug.Simrock, 3410.

4 Allzu viel reist den Sack.Petri, II, 9.

5 Altzu viel ist vngesunt.Agricola I, 37; Eyering, III, 604; Hauer, L; Mayer, II, 47; Schlechta, 449; Braun, I, 1782.

Lat.: Omne nimium est ingratum. – Quod nimium est, minime gratum minimeque salubre, mel quoque, si nimium, redditur insipidum. (Glandorp, 95, 211.) – Vitiosum est ubique, quod nimium est. (Seneca.) (Binder II, 3579.)

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[[816]/0822] 35 Von jedem Vieh gibt man Zehnt ausser von Hühnern. – Graf, 123, 335. Wie viel oder wenig die Henne auch Küchlein ausgebrütet hatte, es wurde nur eins abgegeben. (S. Henne.) Mhd.: Jewelkes veis gift man den tegenden sunder hunre. (Sachsenspiegel, II, 48, 5.) 36 War ock a Vieh1 wär, sagte der Pathe beim Taufessen, als ihm Noth war und er nicht vor konnte. (Oberlausitz.) 1) Er konnte das r nicht aussprechen und sagte a vieh statt o für, vor. 37 Was aus meinem Vieh erzogen wird, das ist mein. – Graf, 110, 252. 38 Wenn das Vieh die Herbstweide rein abätzen kann, wird der Heuboden vor dem Sommer ebenso rein werden. 39 Wenn man das viech verleust, so verspert man den stal. (S. Kuh 387.) – Hofmann, 35, 111. 40 Wenn man das vieh im stall vnd vogel im bawr beleugt, so sterben sie. – Henisch, 209, 53; Petri, II, 662. „D. i., wenn man sagt, man hab jhnen zu essen gegeben vnd ist nichts daran.“ 41 Wenn man das Viehe wol hält, so hälts einen wieder wol. – Coler, 80, 1. 42 Wer dess Vieh hütet, soll der Milch geniessen. – Lehmann, 558, 6. 43 Wer für sein Vieh sorgt, der sorgt für seinen Geldbeutel. 44 Wer lebt mit Vieh, wird selbst ein Vieh. 45 Wer pflegt sein Vieh, den verlässt es nie. Die Spanier wissen das auch, sie sagen: Wer's Vieh züchtet, braucht nicht zu arbeiten. (Crianza quita labaranza.) (Mortelet, Reisen in Centralamerika, deutsch von Hertz, Jena 1872.) 46 Wer sein Vieh gut nährt, dem bringt es in Einem Jahre mehr ein als schlecht gefüttertes in zwei. – Wunderlich, 8. 47 Wer sein Vieh verlässt, der verlässt sein Brot. Wer es in der Pflege vernachlässigt, der kommt in seiner Wirthschaft zurück und endlich in Nahrungssorgen. Böhm.: Kdo se dobytka spoušti, chleba se spoušti. (Čelakovsky, I, 425.) 48 Wer seinem Vieh gibt, dem gibt es wieder. – Masson, 112. 49 Wer sich zum Vieh macht, muss Heu fressen. In Warschau hat man die jüdisch-deutsche Redensart: Bist a Behejme (Vieh), kâu Strohj. Zur Erklärung wird mir folgende Anekdote beigefügt: Zu einem Rabbiner kam ein junger Mann und bat um Auferlegung einer Busse für eine grosse Sünde, die er begangen. Befragt, worin diese bestehe, erzählte er, wie er auf einer Reise mit einem jungen, hübschen Mädchen zusammengetroffen sei, der er, der Versuchung nicht widerstehend, einen Kuss gegeben habe. Weiter, fügte er hinzu, sei nichts mehr geschehen. „Nun denn“, sagte der Rabbi, „ich sehe wol, dass du ein Vieh bist; du sollst daher zur Busse drei Wochen Stroh kauen.“ 50 Wer sik ton Veh mak, mutt ock as Veh behandelt waren. (Rendsburg.) 51 Wer über ein Vieh kommt, den treibt niemand ab. – Graf, 281, 331. „Der kummet vbir ein Vyhe, den trybet kein man dar ab.“ (Nering, V, 2.) 52 Wess das Vieh Schaden thut, da urtheilt man keinen Frevel. – Graf, 291, 50. Das Thier ist unzurechnungsfähig und hat deshalb für sein Thun nicht wie ein Verbrecher zu haften. Zum Sündigen gehört Bewusstsein; unwissend (s. d.) sündigt nicht. Mhd.: Was daz vihe schaden tut, da teylt man dem vihe keinen freuel umb. (Zöpfel, Bamb. Recht, §. 127.) 53 Wie das Vieh, so ist der Stall. – Lehmann, 326, 20; Sailer, 81; Grubb, 84. Das Sprichwort liebt die Form: Wie – so. (S. Dienst 52, Gurr 3, Pfarre 3 und Pfarrer 34-36.) Holl.: Gelijk het vee is, zoo is de stal. (Harrebomée, II, 364a.) 54 Wie das Vieh, so ist Hirt vnd Stall. – Eyering, III, 555. 55 Wie 't Veh, so de Stall, söä' de Düwel, doa drêw 'r sin Muo'r de Flêgen in'n Oars. – Schlingmann, 390. 56 Wo ein Vieh hingeht, da geht auch das andere hin. (S. 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Cicero bedient sich mehrmals des Schimpfworts „Viehstück“ (pecus) und Tacitus erzählt, dass der durch Agrippina's Anschlag unter Nero ermordete Proconsul von Asien, Junius Silanus, wegen seiner Trägheit und seines Mangels an Ehrgeiz vom Kaiser Caligula aurea pecus, das goldene Vieh, genannt worden sei. (Röm. Schimpfwörter in Ausland 1871, Nr. 8.) Lat.: Bellua inanis. (Cicero.) (Philippi, I, 56.) *65 Es wird ihm kein Vieh sterben. *66 Nü oach, doas brängd a Vîch em. (Oesterr.-Schles.) – Peter, 455. Ausruf der Verwunderung. *67 Zu solchem Vieh gehört solche Weide. – Parömiakon, 2855. Viehgeld. * Das kostet ein Viehgeld. – Wurzbach I, 360. Um die ungewöhnliche Höhe des Preises zu bezeichnen. (S. Heidengeld.) Viehkauf. Viehkauf ist kein Kniekauf. D. h. er darf nicht übers Knie gebrochen werden, er muss mit Ueberlegung geschehen. Viehsalz. * Das ist Viehsalz. „Wenn gewisse Zeitungen durch ihre Winkelschreier sagen: ja, der herrliche S ...., aber seine Räthe, ihre volksfeindlichen Massregeln, ohne mit Gründen und Beweisen offen und ehrlich Klage zu führen u. s. w., das nennt ein ehrlicher Preusse Viehsalz, d. h. ausdrücklich zurecht gemacht, dass es eigentlich nur unvernünftige Creaturen geniessen können.“ (Vgl. A. Th. Wöniger, Preussens erster Reichstag, 1847, Th. 10, S. 177.) Viehstand. Der einzige Viehstand in seinem Hause sind Flöhe und Läuse; der Hunger vertrieb Ratten und Mäuse. Viehweide. * Nicht auss der Viehweyd seyn. – Breüning, Orient Reyss, Vorr. D. h. allen bekannt. Viehzucht. Viehzucht is des Ackerwerks Grund und Fundament. – Oec. rur. Viel. 1 All ste vööl is ongesond. (Kleve.) – Firmenich, I, 381, 8; für Holstein: Schütze, IV, 297; hochdeutsch bei Latendorf II, 5; Eyering, I, 27. 2 Allto vîl is ungesund. – Schambach, I, 240. Lat.: Quod nimium est, fugito. (Cato.) (Philippi, II, 143.) – Quod nimium est, vitiosum saepe repertum. (Binder II, 2888.) 3 Allzu viel ist nicht genug. – Simrock, 3410. 4 Allzu viel reist den Sack. – Petri, II, 9. 5 Altzu viel ist vngesunt. – Agricola I, 37; Eyering, III, 604; Hauer, L; Mayer, II, 47; Schlechta, 449; Braun, I, 1782. Lat.: Omne nimium est ingratum. – Quod nimium est, minime gratum minimeque salubre, mel quoque, si nimium, redditur insipidum. (Glandorp, 95, 211.) – Vitiosum est ubique, quod nimium est. (Seneca.) (Binder II, 3579.) 6 Aus viel kann wenig werden und aus wenig viel. Dän.: Meget kand blive lidt, og lidt kand vare længe. (Prov. dan., 413.)

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [816]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/822>, abgerufen am 27.04.2024.