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Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878.

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Der Mörtel.
satz höhere ein noch festeres, aber nur langsam erstarrendes,
das an Kalkzusatz geringere Verhältniß ein minder festes,
aber in kürzerer Zeit erstarrendes Mauerwerk.
b) Für Mauerwerk unter der Erde kann 1 Theil Kalk und 3 Theile
Sand als ein ausreichend hohes, 1 Theil Kalk und 4 Theile
Sand als das mittlere Mischungsverhältniß angesehen wer-
den, und letzteres rechtfertigt sich, weil die Kohlensäure zu
dem unter der Erde liegenden Mörtel nur langsamen und
sparsamen Zugang hat, denn in diesem Mauerwerk werden
die Fugen stärker gepreßt, als die oberen und schieben sich
die Sandkörner inniger zusammen und an die Steine, zumal
auch der unter der Erde gelegene Mörtel lange genug weich
bleibt, um jedem Drucke nachzugeben.
c) Für Mauerwerk von dichten und besonders großen Bruchsteinen
braucht der Mörtel weniger fett zu sein, wie für Ziegel oder
poröse Bruchsteine, weil auch hier die Luft wesentlich durch
die Fugen, also sparsamen Zugang hat und weil große
Steine schon durch ihr Gewicht eine starke Pressung auf den
Mörtel ausüben.

Für Mauern, die der Feuchtigkeit oder gar der Nässe ausgesetzt
sind, oder eine außerordentliche Festigkeit erhalten sollen, muß man
den hydraulischen Kalk oder Cementmörtel gebrauchen, der
gleichfalls einen Sandzusatz enthält, und zwar so viel, daß die Zwi-
schenräume zwischen den Sandkörnern von dem Cemente gerade aus-
gefüllt werden. Dies findet am besten statt bei einem Verhältnisse
von 1 Theile Cement und 3 -- 4 Theilen Sand; ein geringerer Sand-
zusatz erschwert das Arbeiten mit dem Cementmörtel, der dann zu
schnell, so zu sagen "unter der Hand" abbindet. Aus diesem Grunde
darf man vom Cementmörtel nie mehr anmachen, als in kurzer Zeit
schnell verbraucht werden kann.

Der Gypsmörtel besteht aus gebranntem schwefelsauren Kalk
(Gyps). Das Brennen des Gypses geschieht nur, um den geringen
Wassergehalt aus ihm zu entfernen; hierzu genügt schon eine Tem-
peratur von etwa 100 -- 120° (bei einer größeren Hitze wird der Gyps
todtgebrannt). Nach dem Brennen wird der Gyps in eine pulverartige
Masse gemahlen, die sofort wieder verhärtet, sobald sie mit etwas Wasser
begossen wird. Die Verwendung dieses Mörtels darf aber nie im
Nassen geschehen, weil er sonst aufweicht. Nur der französische Gyps,

Der Mörtel.
ſatz höhere ein noch feſteres, aber nur langſam erſtarrendes,
das an Kalkzuſatz geringere Verhältniß ein minder feſtes,
aber in kürzerer Zeit erſtarrendes Mauerwerk.
b) Für Mauerwerk unter der Erde kann 1 Theil Kalk und 3 Theile
Sand als ein ausreichend hohes, 1 Theil Kalk und 4 Theile
Sand als das mittlere Miſchungsverhältniß angeſehen wer-
den, und letzteres rechtfertigt ſich, weil die Kohlenſäure zu
dem unter der Erde liegenden Mörtel nur langſamen und
ſparſamen Zugang hat, denn in dieſem Mauerwerk werden
die Fugen ſtärker gepreßt, als die oberen und ſchieben ſich
die Sandkörner inniger zuſammen und an die Steine, zumal
auch der unter der Erde gelegene Mörtel lange genug weich
bleibt, um jedem Drucke nachzugeben.
c) Für Mauerwerk von dichten und beſonders großen Bruchſteinen
braucht der Mörtel weniger fett zu ſein, wie für Ziegel oder
poröſe Bruchſteine, weil auch hier die Luft weſentlich durch
die Fugen, alſo ſparſamen Zugang hat und weil große
Steine ſchon durch ihr Gewicht eine ſtarke Preſſung auf den
Mörtel ausüben.

Für Mauern, die der Feuchtigkeit oder gar der Näſſe ausgeſetzt
ſind, oder eine außerordentliche Feſtigkeit erhalten ſollen, muß man
den hydrauliſchen Kalk oder Cementmörtel gebrauchen, der
gleichfalls einen Sandzuſatz enthält, und zwar ſo viel, daß die Zwi-
ſchenräume zwiſchen den Sandkörnern von dem Cemente gerade aus-
gefüllt werden. Dies findet am beſten ſtatt bei einem Verhältniſſe
von 1 Theile Cement und 3 — 4 Theilen Sand; ein geringerer Sand-
zuſatz erſchwert das Arbeiten mit dem Cementmörtel, der dann zu
ſchnell, ſo zu ſagen „unter der Hand“ abbindet. Aus dieſem Grunde
darf man vom Cementmörtel nie mehr anmachen, als in kurzer Zeit
ſchnell verbraucht werden kann.

Der Gypsmörtel beſteht aus gebranntem ſchwefelſauren Kalk
(Gyps). Das Brennen des Gypſes geſchieht nur, um den geringen
Waſſergehalt aus ihm zu entfernen; hierzu genügt ſchon eine Tem-
peratur von etwa 100 — 120° (bei einer größeren Hitze wird der Gyps
todtgebrannt). Nach dem Brennen wird der Gyps in eine pulverartige
Maſſe gemahlen, die ſofort wieder verhärtet, ſobald ſie mit etwas Waſſer
begoſſen wird. Die Verwendung dieſes Mörtels darf aber nie im
Naſſen geſchehen, weil er ſonſt aufweicht. Nur der franzöſiſche Gyps,

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[159/0175] Der Mörtel. ſatz höhere ein noch feſteres, aber nur langſam erſtarrendes, das an Kalkzuſatz geringere Verhältniß ein minder feſtes, aber in kürzerer Zeit erſtarrendes Mauerwerk. b) Für Mauerwerk unter der Erde kann 1 Theil Kalk und 3 Theile Sand als ein ausreichend hohes, 1 Theil Kalk und 4 Theile Sand als das mittlere Miſchungsverhältniß angeſehen wer- den, und letzteres rechtfertigt ſich, weil die Kohlenſäure zu dem unter der Erde liegenden Mörtel nur langſamen und ſparſamen Zugang hat, denn in dieſem Mauerwerk werden die Fugen ſtärker gepreßt, als die oberen und ſchieben ſich die Sandkörner inniger zuſammen und an die Steine, zumal auch der unter der Erde gelegene Mörtel lange genug weich bleibt, um jedem Drucke nachzugeben. c) Für Mauerwerk von dichten und beſonders großen Bruchſteinen braucht der Mörtel weniger fett zu ſein, wie für Ziegel oder poröſe Bruchſteine, weil auch hier die Luft weſentlich durch die Fugen, alſo ſparſamen Zugang hat und weil große Steine ſchon durch ihr Gewicht eine ſtarke Preſſung auf den Mörtel ausüben. Für Mauern, die der Feuchtigkeit oder gar der Näſſe ausgeſetzt ſind, oder eine außerordentliche Feſtigkeit erhalten ſollen, muß man den hydrauliſchen Kalk oder Cementmörtel gebrauchen, der gleichfalls einen Sandzuſatz enthält, und zwar ſo viel, daß die Zwi- ſchenräume zwiſchen den Sandkörnern von dem Cemente gerade aus- gefüllt werden. Dies findet am beſten ſtatt bei einem Verhältniſſe von 1 Theile Cement und 3 — 4 Theilen Sand; ein geringerer Sand- zuſatz erſchwert das Arbeiten mit dem Cementmörtel, der dann zu ſchnell, ſo zu ſagen „unter der Hand“ abbindet. Aus dieſem Grunde darf man vom Cementmörtel nie mehr anmachen, als in kurzer Zeit ſchnell verbraucht werden kann. Der Gypsmörtel beſteht aus gebranntem ſchwefelſauren Kalk (Gyps). Das Brennen des Gypſes geſchieht nur, um den geringen Waſſergehalt aus ihm zu entfernen; hierzu genügt ſchon eine Tem- peratur von etwa 100 — 120° (bei einer größeren Hitze wird der Gyps todtgebrannt). Nach dem Brennen wird der Gyps in eine pulverartige Maſſe gemahlen, die ſofort wieder verhärtet, ſobald ſie mit etwas Waſſer begoſſen wird. Die Verwendung dieſes Mörtels darf aber nie im Naſſen geſchehen, weil er ſonſt aufweicht. Nur der franzöſiſche Gyps,

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Zitationshilfe: Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/175>, abgerufen am 26.04.2024.