Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

Bild:
<< vorherige Seite


nicht zu verwerffen sind; so ist es doch Eitel-
keit/ daß man die Narrenkappe im Wirths-
hause suchen will/ da ein ieder oben an sitzt/ der
Geld und gute Qualitäten hat. Nun sie
legten es mit einander ab/ wie sie den ehrsüch-
tigen Kerlen wolten zu schanden machen/
drumb als die Mahlzeit fertig war/ und des
Wirths kleiner Sohn vor dem Tische gebe-
tet hatte/ stunden sie gantz stille/ und sahen ein-
ander an/ gleich als wüsten sie nicht/ wer der
vornehmste wäre. Der gute Stutzer wolte
sich den Zweiffel zu Nutz machen/ und sagte/
Messieurs, es nehme ein jeder seinen Platz/
satzte sich hierauff an die Stelle/ die sonst vor
die Oberste an der Tafel pflegt gehalten zu
werden. Gelanor mit den seinigen satzten
sich auch/ und machten die vornehmste Reihe
von unten auf/ daß der Mahler und etliche
lumpichte Diener/ die sonst hätten auffwarten
müssen/ neben dem Juncker oben an zu sitzen
kamen/ der Vorschneider nahm es auch in
Acht/ daß der Unterste sein Stück zu erst
kriegte: was solte der gute Kerl oben anfan-
gen/ sein. Wille ward erfüllet/ er hatte die
Stelle selbst außgelesen/ denen andern stund
frey zu sitzen wo sie wolten: Also ließ er etliche
Gerichte vorbey gehen: als dann stund er auf/

und


nicht zu verwerffen ſind; ſo iſt es doch Eitel-
keit/ daß man die Narrenkappe im Wirths-
hauſe ſuchen will/ da ein ieder oben an ſitzt/ der
Geld und gute Qualitaͤten hat. Nun ſie
legten es mit einander ab/ wie ſie den ehrſuͤch-
tigen Kerlen wolten zu ſchanden machen/
drumb als die Mahlzeit fertig war/ und des
Wirths kleiner Sohn vor dem Tiſche gebe-
tet hatte/ ſtunden ſie gantz ſtille/ und ſahen ein-
ander an/ gleich als wuͤſten ſie nicht/ wer der
vornehmſte waͤre. Der gute Stutzer wolte
ſich den Zweiffel zu Nutz machen/ und ſagte/
Meſſieurs, es nehme ein jeder ſeinen Platz/
ſatzte ſich hierauff an die Stelle/ die ſonſt vor
die Oberſte an der Tafel pflegt gehalten zu
werden. Gelanor mit den ſeinigen ſatzten
ſich auch/ und machten die vornehmſte Reihe
von unten auf/ daß der Mahler und etliche
lumpichte Diener/ die ſonſt haͤtten auffwarten
muͤſſen/ neben dem Juncker oben an zu ſitzen
kamen/ der Vorſchneider nahm es auch in
Acht/ daß der Unterſte ſein Stuͤck zu erſt
kriegte: was ſolte der gute Kerl oben anfan-
gen/ ſein. Wille ward erfuͤllet/ er hatte die
Stelle ſelbſt außgeleſen/ denen andern ſtund
frey zu ſitzen wo ſie wolten: Alſo ließ er etliche
Gerichte vorbey gehen: als dann ſtund er auf/

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0217" n="211"/><lb/>
nicht zu verwerffen &#x017F;ind; &#x017F;o i&#x017F;t es doch Eitel-<lb/>
keit/ daß man die Narrenkappe im Wirths-<lb/>
hau&#x017F;e &#x017F;uchen will/ da ein ieder oben an &#x017F;itzt/ der<lb/>
Geld und gute Qualita&#x0364;ten hat. Nun &#x017F;ie<lb/>
legten es mit einander ab/ wie &#x017F;ie den ehr&#x017F;u&#x0364;ch-<lb/>
tigen Kerlen wolten zu &#x017F;chanden machen/<lb/>
drumb als die Mahlzeit fertig war/ und des<lb/>
Wirths kleiner Sohn vor dem Ti&#x017F;che gebe-<lb/>
tet hatte/ &#x017F;tunden &#x017F;ie gantz &#x017F;tille/ und &#x017F;ahen ein-<lb/>
ander an/ gleich als wu&#x0364;&#x017F;ten &#x017F;ie nicht/ wer der<lb/>
vornehm&#x017F;te wa&#x0364;re. Der gute Stutzer wolte<lb/>
&#x017F;ich den Zweiffel zu Nutz machen/ und &#x017F;agte/<lb/><hi rendition="#aq">Me&#x017F;&#x017F;ieurs,</hi> es nehme ein jeder &#x017F;einen Platz/<lb/>
&#x017F;atzte &#x017F;ich hierauff an die Stelle/ die &#x017F;on&#x017F;t vor<lb/>
die Ober&#x017F;te an der Tafel pflegt gehalten zu<lb/>
werden. <hi rendition="#aq">Gelanor</hi> mit den &#x017F;einigen &#x017F;atzten<lb/>
&#x017F;ich auch/ und machten die vornehm&#x017F;te Reihe<lb/>
von unten auf/ daß der Mahler und etliche<lb/>
lumpichte Diener/ die &#x017F;on&#x017F;t ha&#x0364;tten auffwarten<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ neben dem Ju<choice><sic>u</sic><corr>n</corr></choice>cker oben an zu &#x017F;itzen<lb/>
kamen/ der Vor&#x017F;chneider nahm es auch in<lb/>
Acht/ daß der Unter&#x017F;te &#x017F;ein Stu&#x0364;ck zu er&#x017F;t<lb/>
kriegte: was &#x017F;olte der gute Kerl oben anfan-<lb/>
gen/ &#x017F;ein. Wille ward erfu&#x0364;llet/ er hatte die<lb/>
Stelle &#x017F;elb&#x017F;t außgele&#x017F;en/ denen andern &#x017F;tund<lb/>
frey zu &#x017F;itzen wo &#x017F;ie wolten: Al&#x017F;o ließ er etliche<lb/>
Gerichte vorbey gehen: als dann &#x017F;tund er auf/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[211/0217] nicht zu verwerffen ſind; ſo iſt es doch Eitel- keit/ daß man die Narrenkappe im Wirths- hauſe ſuchen will/ da ein ieder oben an ſitzt/ der Geld und gute Qualitaͤten hat. Nun ſie legten es mit einander ab/ wie ſie den ehrſuͤch- tigen Kerlen wolten zu ſchanden machen/ drumb als die Mahlzeit fertig war/ und des Wirths kleiner Sohn vor dem Tiſche gebe- tet hatte/ ſtunden ſie gantz ſtille/ und ſahen ein- ander an/ gleich als wuͤſten ſie nicht/ wer der vornehmſte waͤre. Der gute Stutzer wolte ſich den Zweiffel zu Nutz machen/ und ſagte/ Meſſieurs, es nehme ein jeder ſeinen Platz/ ſatzte ſich hierauff an die Stelle/ die ſonſt vor die Oberſte an der Tafel pflegt gehalten zu werden. Gelanor mit den ſeinigen ſatzten ſich auch/ und machten die vornehmſte Reihe von unten auf/ daß der Mahler und etliche lumpichte Diener/ die ſonſt haͤtten auffwarten muͤſſen/ neben dem Juncker oben an zu ſitzen kamen/ der Vorſchneider nahm es auch in Acht/ daß der Unterſte ſein Stuͤck zu erſt kriegte: was ſolte der gute Kerl oben anfan- gen/ ſein. Wille ward erfuͤllet/ er hatte die Stelle ſelbſt außgeleſen/ denen andern ſtund frey zu ſitzen wo ſie wolten: Alſo ließ er etliche Gerichte vorbey gehen: als dann ſtund er auf/ und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe handelt es sich um die 2. Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/217
Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/217>, abgerufen am 26.04.2024.