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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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nen Sitz finden könte/ so wolte er die andern
herunter werffen/ biß endlich so ein Rumor
entstünde/ daß er selbst nicht wüste/ wo ihm
der Kopff stünde. Hier fragte einer den
Mahler/ wieviel er Haasen im Leibe hät-
te? es wäre umb einen Orthsgülden zu thun/
so nehme ein Wurmschneider die Müh auff
sich/ und suchte nach. Sie lachten darü-
ber/ und nach vielfältigen Gespötte sagte
ein Diener: Sie möchten doch fragen lassen/
wer der Klügste wäre/ so könte man die Nar-
ren leicht dargegen halten. Der andere
gab zur Antwort: Die Frage wäre leicht
auffzulösen/ ist sie doch neulich an des Türcki-
schen Käysers Hofe vorgegangen. Der Mah-
ler hatte seiner vorigen Vexirerey schon ver-
gessen/ und fragte inständig/ was neues vor-
gegangen wäre? Der Diener gab ihm die-
sen Bericht: Der Römische Käyser solte
zu dem Türckischen Käyser etliche Abgesand-
ten schicken/ so begehrte der Türcke/ er solte
ihm die drey klügsten Leute auß seinem Lan-
de schicken/ sonst sey er nicht willens einen an-
zunehmen. Hierauff fertigte der Römische
Käyser einen Münch/ einen Soldaten und ei-
ne alte Frau ab. Denn er sagte: Der Münch
ist klug/ ehe er am Freytage hunger litte

und


nen Sitz finden koͤnte/ ſo wolte er die andern
herunter werffen/ biß endlich ſo ein Rumor
entſtuͤnde/ daß er ſelbſt nicht wuͤſte/ wo ihm
der Kopff ſtuͤnde. Hier fragte einer den
Mahler/ wieviel er Haaſen im Leibe haͤt-
te? es waͤre umb einen Orthsguͤlden zu thun/
ſo nehme ein Wurmſchneider die Muͤh auff
ſich/ und ſuchte nach. Sie lachten daruͤ-
ber/ und nach vielfaͤltigen Geſpoͤtte ſagte
ein Diener: Sie moͤchten doch fragen laſſen/
wer der Kluͤgſte waͤre/ ſo koͤnte man die Nar-
ren leicht dargegen halten. Der andere
gab zur Antwort: Die Frage waͤre leicht
auffzuloͤſen/ iſt ſie doch neulich an des Tuͤrcki-
ſchen Kaͤyſers Hofe vorgegangen. Der Mah-
ler hatte ſeiner vorigen Vexirerey ſchon ver-
geſſen/ und fragte inſtaͤndig/ was neues vor-
gegangen waͤre? Der Diener gab ihm die-
ſen Bericht: Der Roͤmiſche Kaͤyſer ſolte
zu dem Tuͤrckiſchen Kaͤyſer etliche Abgeſand-
ten ſchicken/ ſo begehrte der Tuͤrcke/ er ſolte
ihm die drey klügſten Leute auß ſeinem Lan-
de ſchicken/ ſonſt ſey er nicht willens einen an-
zunehmen. Hierauff fertigte der Roͤmiſche
Kaͤyſer einen Muͤnch/ einen Soldaten und ei-
ne alte Frau ab. Denn er ſagte: Der Muͤnch
iſt klug/ ehe er am Freytage hunger litte

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[388/0394] nen Sitz finden koͤnte/ ſo wolte er die andern herunter werffen/ biß endlich ſo ein Rumor entſtuͤnde/ daß er ſelbſt nicht wuͤſte/ wo ihm der Kopff ſtuͤnde. Hier fragte einer den Mahler/ wieviel er Haaſen im Leibe haͤt- te? es waͤre umb einen Orthsguͤlden zu thun/ ſo nehme ein Wurmſchneider die Muͤh auff ſich/ und ſuchte nach. Sie lachten daruͤ- ber/ und nach vielfaͤltigen Geſpoͤtte ſagte ein Diener: Sie moͤchten doch fragen laſſen/ wer der Kluͤgſte waͤre/ ſo koͤnte man die Nar- ren leicht dargegen halten. Der andere gab zur Antwort: Die Frage waͤre leicht auffzuloͤſen/ iſt ſie doch neulich an des Tuͤrcki- ſchen Kaͤyſers Hofe vorgegangen. Der Mah- ler hatte ſeiner vorigen Vexirerey ſchon ver- geſſen/ und fragte inſtaͤndig/ was neues vor- gegangen waͤre? Der Diener gab ihm die- ſen Bericht: Der Roͤmiſche Kaͤyſer ſolte zu dem Tuͤrckiſchen Kaͤyſer etliche Abgeſand- ten ſchicken/ ſo begehrte der Tuͤrcke/ er ſolte ihm die drey klügſten Leute auß ſeinem Lan- de ſchicken/ ſonſt ſey er nicht willens einen an- zunehmen. Hierauff fertigte der Roͤmiſche Kaͤyſer einen Muͤnch/ einen Soldaten und ei- ne alte Frau ab. Denn er ſagte: Der Muͤnch iſt klug/ ehe er am Freytage hunger litte und

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/394>, abgerufen am 26.04.2024.