Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892.

Bild:
<< vorherige Seite

eintreten, es könnte nicht aus der einen ein Theil der
Peribranchialwand, aus der anderen ein Theil des Darmrohres
werden. Aber auch innerhalb der primitiven Darmblase muss
die eine Zelle die Determinanten des Magens, die andere die
des Hinterdarmes u. s. w. enthalten -- kurz, wir werden hier,
wie bei der Embryogenese annehmen müssen, dass eine Ver-
theilung der Determinanten-Gruppen auf die verschie-
denen Zellen während der Entwickelung stattfindet,
eine Auseinanderlegung des Idioplasma's
, ganz ähnlich,
wie bei der Embryonalentwickelung, wenn auch nur im Princip,
nicht in den Einzelheiten. In jedem Zellenring des Entoderm-
rohres, von dem die Ausstülpung einer Entodermblase ausgeht,
müssen sämmtliche Determinanten aller Theile enthalten sein,
welche aus der Blase hervorgehen.

Am schwierigsten ist die Bildung derjenigen Organe zu
verstehen, die sich aus den "freien" im Stolo enthaltenen "Meso-
derm"-Zellen entwickeln. Allerdings steht Nichts im Wege,
diesen Zellen sehr verschiedenes Idioplasma zuzuschreiben, den
einen "Muskel-Determinanten", den anderen "Nerven-Determi-
nanten", den dritten "Blutkörperchen-Determinanten" u. s. w.
Schon ihr Aussehen lässt verschiedene Arten von ihnen unter-
scheiden, solange sie noch frei im Blut des Stolo schwimmen.
Die Schwierigkeit liegt nur in ihrem lokalen Eingreifen in
den Bau der sich entwickelnden Knospe. Diejenigen unter
ihnen, welche zu den Längsmuskeln werden sollen, ordnen sich
zu Längsreihen, welche von einem oder zwei bestimmten Punkten
schräg divergirend von hinten nach vorn über das Thier hin-
laufen, um an ziemlich fest bestimmten Punkten in der Vorder-
region desselben sich anzuheften. Ebenso hat das Ganglion
seine ganz bestimmte Lage im Thier und die Geschlechtsdrüsen.
In der Embryogenese und auch bei der Entwickelung der Ento-
dermblase der Knospe wird jeder Zelle ihr Platz mechanisch

eintreten, es könnte nicht aus der einen ein Theil der
Peribranchialwand, aus der anderen ein Theil des Darmrohres
werden. Aber auch innerhalb der primitiven Darmblase muss
die eine Zelle die Determinanten des Magens, die andere die
des Hinterdarmes u. s. w. enthalten — kurz, wir werden hier,
wie bei der Embryogenese annehmen müssen, dass eine Ver-
theilung der Determinanten-Gruppen auf die verschie-
denen Zellen während der Entwickelung stattfindet,
eine Auseinanderlegung des Idioplasma’s
, ganz ähnlich,
wie bei der Embryonalentwickelung, wenn auch nur im Princip,
nicht in den Einzelheiten. In jedem Zellenring des Entoderm-
rohres, von dem die Ausstülpung einer Entodermblase ausgeht,
müssen sämmtliche Determinanten aller Theile enthalten sein,
welche aus der Blase hervorgehen.

Am schwierigsten ist die Bildung derjenigen Organe zu
verstehen, die sich aus den „freien“ im Stolo enthaltenen „Meso-
derm“-Zellen entwickeln. Allerdings steht Nichts im Wege,
diesen Zellen sehr verschiedenes Idioplasma zuzuschreiben, den
einen „Muskel-Determinanten“, den anderen „Nerven-Determi-
nanten“, den dritten „Blutkörperchen-Determinanten“ u. s. w.
Schon ihr Aussehen lässt verschiedene Arten von ihnen unter-
scheiden, solange sie noch frei im Blut des Stolo schwimmen.
Die Schwierigkeit liegt nur in ihrem lokalen Eingreifen in
den Bau der sich entwickelnden Knospe. Diejenigen unter
ihnen, welche zu den Längsmuskeln werden sollen, ordnen sich
zu Längsreihen, welche von einem oder zwei bestimmten Punkten
schräg divergirend von hinten nach vorn über das Thier hin-
laufen, um an ziemlich fest bestimmten Punkten in der Vorder-
region desselben sich anzuheften. Ebenso hat das Ganglion
seine ganz bestimmte Lage im Thier und die Geschlechtsdrüsen.
In der Embryogenese und auch bei der Entwickelung der Ento-
dermblase der Knospe wird jeder Zelle ihr Platz mechanisch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0238" n="214"/>
eintreten, es könnte nicht aus der einen ein Theil der<lb/>
Peribranchialwand, aus der anderen ein Theil des Darmrohres<lb/>
werden. Aber auch innerhalb der primitiven Darmblase muss<lb/>
die eine Zelle die Determinanten des Magens, die andere die<lb/>
des Hinterdarmes u. s. w. enthalten &#x2014; kurz, wir werden hier,<lb/>
wie bei der Embryogenese annehmen müssen, dass eine <hi rendition="#g">Ver-<lb/>
theilung der Determinanten-Gruppen auf die verschie-<lb/>
denen Zellen während der Entwickelung stattfindet,<lb/>
eine Auseinanderlegung des Idioplasma&#x2019;s</hi>, ganz ähnlich,<lb/>
wie bei der Embryonalentwickelung, wenn auch nur im Princip,<lb/>
nicht in den Einzelheiten. In jedem Zellenring des Entoderm-<lb/>
rohres, von dem die Ausstülpung einer Entodermblase ausgeht,<lb/>
müssen sämmtliche Determinanten aller Theile enthalten sein,<lb/>
welche aus der Blase hervorgehen.</p><lb/>
              <p>Am schwierigsten ist die Bildung derjenigen Organe zu<lb/>
verstehen, die sich aus den &#x201E;freien&#x201C; im Stolo enthaltenen &#x201E;Meso-<lb/>
derm&#x201C;-Zellen entwickeln. Allerdings steht Nichts im Wege,<lb/>
diesen Zellen sehr verschiedenes Idioplasma zuzuschreiben, den<lb/>
einen &#x201E;Muskel-Determinanten&#x201C;, den anderen &#x201E;Nerven-Determi-<lb/>
nanten&#x201C;, den dritten &#x201E;Blutkörperchen-Determinanten&#x201C; u. s. w.<lb/>
Schon ihr Aussehen lässt verschiedene Arten von ihnen unter-<lb/>
scheiden, solange sie noch frei im Blut des Stolo schwimmen.<lb/>
Die Schwierigkeit liegt nur in ihrem <hi rendition="#g">lokalen</hi> Eingreifen in<lb/>
den Bau der sich entwickelnden Knospe. Diejenigen unter<lb/>
ihnen, welche zu den Längsmuskeln werden sollen, ordnen sich<lb/>
zu Längsreihen, welche von einem oder zwei bestimmten Punkten<lb/>
schräg divergirend von hinten nach vorn über das Thier hin-<lb/>
laufen, um an ziemlich fest bestimmten Punkten in der Vorder-<lb/>
region desselben sich anzuheften. Ebenso hat das Ganglion<lb/>
seine ganz bestimmte Lage im Thier und die Geschlechtsdrüsen.<lb/>
In der Embryogenese und auch bei der Entwickelung der Ento-<lb/>
dermblase der Knospe wird jeder Zelle ihr Platz mechanisch<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214/0238] eintreten, es könnte nicht aus der einen ein Theil der Peribranchialwand, aus der anderen ein Theil des Darmrohres werden. Aber auch innerhalb der primitiven Darmblase muss die eine Zelle die Determinanten des Magens, die andere die des Hinterdarmes u. s. w. enthalten — kurz, wir werden hier, wie bei der Embryogenese annehmen müssen, dass eine Ver- theilung der Determinanten-Gruppen auf die verschie- denen Zellen während der Entwickelung stattfindet, eine Auseinanderlegung des Idioplasma’s, ganz ähnlich, wie bei der Embryonalentwickelung, wenn auch nur im Princip, nicht in den Einzelheiten. In jedem Zellenring des Entoderm- rohres, von dem die Ausstülpung einer Entodermblase ausgeht, müssen sämmtliche Determinanten aller Theile enthalten sein, welche aus der Blase hervorgehen. Am schwierigsten ist die Bildung derjenigen Organe zu verstehen, die sich aus den „freien“ im Stolo enthaltenen „Meso- derm“-Zellen entwickeln. Allerdings steht Nichts im Wege, diesen Zellen sehr verschiedenes Idioplasma zuzuschreiben, den einen „Muskel-Determinanten“, den anderen „Nerven-Determi- nanten“, den dritten „Blutkörperchen-Determinanten“ u. s. w. Schon ihr Aussehen lässt verschiedene Arten von ihnen unter- scheiden, solange sie noch frei im Blut des Stolo schwimmen. Die Schwierigkeit liegt nur in ihrem lokalen Eingreifen in den Bau der sich entwickelnden Knospe. Diejenigen unter ihnen, welche zu den Längsmuskeln werden sollen, ordnen sich zu Längsreihen, welche von einem oder zwei bestimmten Punkten schräg divergirend von hinten nach vorn über das Thier hin- laufen, um an ziemlich fest bestimmten Punkten in der Vorder- region desselben sich anzuheften. Ebenso hat das Ganglion seine ganz bestimmte Lage im Thier und die Geschlechtsdrüsen. In der Embryogenese und auch bei der Entwickelung der Ento- dermblase der Knospe wird jeder Zelle ihr Platz mechanisch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/238
Zitationshilfe: Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/238>, abgerufen am 26.04.2024.