Der Malmöer Waffenstillstand war abgelaufen. Das kleine muthige Dänemark hatte ohne Furcht vor dem großen freilich uneinigen Gegner den unterbrochenen Kampf und die Blockade unserer Küsten wiederaufgenommen. Wenn die deutschen Ma- rinebestrebungen ihm bis jetzt auch nicht gefährlich geworden waren, so hatte es dieselben thatsächlich doch nicht unberücksich- tigt gelassen und ihnen dadurch wider Willen eine gewisse Be- deutung und Anerkennung zugestehen müssen. Es hatte für nöthig befunden, seine bisherigen Seerüstungen zu vermehren und außer den vorjährigen Schiffen noch ein Linienschiff und einige Raddampfer mehr in Dienst zu stellen, sowie seine Blockadeschiffe vollzählig zu bemannen.
Anfang April 1849 zog Dänemark im Belt ein Geschwa- der zusammen. Es bestand aus dem erwähnten Linienschiffe, dem Zweidecker "Christian VIII." von 84, aus der neuen, als besonderer Schnellsegler berühmten Fregatte "Gefion," von 48 Kanonen und aus den beiden mit je sechs Geschützen armirten Raddampfcorvetten "Geyser" und "Hecla". Den Oberbefehl über die Schiffe führte der auf dem Geyser eingeschiffte Commandeur Garde. "Christian VIII." wurde vom Kapitän Paludan, die "Gefion" vom Kapitän Meyer commandirt. Die Besatzungs- stärke des Geschwaders belief sich auf ungefähr 1500 Mann; seine Bestimmung war, mit den dänischen Landtruppen zu coope- riren, die von den Schleswig-Holsteinern bei Eckernförde provi- sorisch erbauten beiden Strandbatterien zu zerstören und danach im Rücken der nach Jütland vorgedrungenen deutschen Truppen Eckernförde selbst zu besetzen.
Am 4. April erschienen gegen Abend plötzlich "Christian VIII." und "Gefion" in der Mündung der Bucht und unter- warfen die Ufer einer genauen Recognoscirung. Sie näherten sich jedoch den Schanzen und der Stadt nicht bis auf Schuß-
R. Werner, Erinnerungen. 12
Die deutſche Marine 1848—1852
Bewegte Zeit.
Der Malmöer Waffenſtillſtand war abgelaufen. Das kleine muthige Dänemark hatte ohne Furcht vor dem großen freilich uneinigen Gegner den unterbrochenen Kampf und die Blockade unſerer Küſten wiederaufgenommen. Wenn die deutſchen Ma- rinebeſtrebungen ihm bis jetzt auch nicht gefährlich geworden waren, ſo hatte es dieſelben thatſächlich doch nicht unberückſich- tigt gelaſſen und ihnen dadurch wider Willen eine gewiſſe Be- deutung und Anerkennung zugeſtehen müſſen. Es hatte für nöthig befunden, ſeine bisherigen Seerüſtungen zu vermehren und außer den vorjährigen Schiffen noch ein Linienſchiff und einige Raddampfer mehr in Dienſt zu ſtellen, ſowie ſeine Blockadeſchiffe vollzählig zu bemannen.
Anfang April 1849 zog Dänemark im Belt ein Geſchwa- der zuſammen. Es beſtand aus dem erwähnten Linienſchiffe, dem Zweidecker „Chriſtian VIII.“ von 84, aus der neuen, als beſonderer Schnellſegler berühmten Fregatte „Gefion,“ von 48 Kanonen und aus den beiden mit je ſechs Geſchützen armirten Raddampfcorvetten „Geyſer“ und „Hecla“. Den Oberbefehl über die Schiffe führte der auf dem Geyſer eingeſchiffte Commandeur Garde. „Chriſtian VIII.“ wurde vom Kapitän Paludan, die „Gefion“ vom Kapitän Meyer commandirt. Die Beſatzungs- ſtärke des Geſchwaders belief ſich auf ungefähr 1500 Mann; ſeine Beſtimmung war, mit den däniſchen Landtruppen zu coope- riren, die von den Schleswig-Holſteinern bei Eckernförde provi- ſoriſch erbauten beiden Strandbatterien zu zerſtören und danach im Rücken der nach Jütland vorgedrungenen deutſchen Truppen Eckernförde ſelbſt zu beſetzen.
Am 4. April erſchienen gegen Abend plötzlich „Chriſtian VIII.“ und „Gefion“ in der Mündung der Bucht und unter- warfen die Ufer einer genauen Recognoscirung. Sie näherten ſich jedoch den Schanzen und der Stadt nicht bis auf Schuß-
R. Werner, Erinnerungen. 12
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Die deutſche Marine 1848—1852
Bewegte Zeit.
Der Malmöer Waffenſtillſtand war abgelaufen. Das kleine
muthige Dänemark hatte ohne Furcht vor dem großen freilich
uneinigen Gegner den unterbrochenen Kampf und die Blockade
unſerer Küſten wiederaufgenommen. Wenn die deutſchen Ma-
rinebeſtrebungen ihm bis jetzt auch nicht gefährlich geworden
waren, ſo hatte es dieſelben thatſächlich doch nicht unberückſich-
tigt gelaſſen und ihnen dadurch wider Willen eine gewiſſe Be-
deutung und Anerkennung zugeſtehen müſſen. Es hatte für
nöthig befunden, ſeine bisherigen Seerüſtungen zu vermehren
und außer den vorjährigen Schiffen noch ein Linienſchiff und
einige Raddampfer mehr in Dienſt zu ſtellen, ſowie ſeine
Blockadeſchiffe vollzählig zu bemannen.
Anfang April 1849 zog Dänemark im Belt ein Geſchwa-
der zuſammen. Es beſtand aus dem erwähnten Linienſchiffe,
dem Zweidecker „Chriſtian VIII.“ von 84, aus der neuen, als
beſonderer Schnellſegler berühmten Fregatte „Gefion,“ von 48
Kanonen und aus den beiden mit je ſechs Geſchützen armirten
Raddampfcorvetten „Geyſer“ und „Hecla“. Den Oberbefehl über
die Schiffe führte der auf dem Geyſer eingeſchiffte Commandeur
Garde. „Chriſtian VIII.“ wurde vom Kapitän Paludan, die
„Gefion“ vom Kapitän Meyer commandirt. Die Beſatzungs-
ſtärke des Geſchwaders belief ſich auf ungefähr 1500 Mann;
ſeine Beſtimmung war, mit den däniſchen Landtruppen zu coope-
riren, die von den Schleswig-Holſteinern bei Eckernförde provi-
ſoriſch erbauten beiden Strandbatterien zu zerſtören und danach
im Rücken der nach Jütland vorgedrungenen deutſchen Truppen
Eckernförde ſelbſt zu beſetzen.
Am 4. April erſchienen gegen Abend plötzlich „Chriſtian
VIII.“ und „Gefion“ in der Mündung der Bucht und unter-
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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/189>, abgerufen am 28.04.2024.
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