Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wiessenschaften. Bd. 2. Halle (Saale), 1710.

Bild:
<< vorherige Seite
der Mechanick.
Anmerckung.

7. Dieses Benennen der Kräfte dörfte vielleicht ei-
nigen seltsam vorkommen: allein es geschiehet ohne
Ursache. Denn warumb solten wir uns nicht dersel-
beu Benennungen bedienen/ die so wol von den Gelehr-
ten als Ungelehrten längst gut geheissen worden.
Theilet nicht der scharfsinnige Leibnitz selbst die
Kräfte in lebendige und todte ein in seinem Specimine
Dynamico
in den Leipziger-Actis A. 1695, p. 149? Und
unsere Müller nennen das Wasser todt/ wenn es stille
stehet/ und allso nicht in den Stand gesetzet wird/ ihre
Mühlen zu bewegen.

Die 4. Erklährung.

8. Dasjenige/ so die Kraft vermögend
machet eine vortheilhafte Bewegung
hervor zu bringen/ nennet man eine
Machine.

Die 1. Anmerckung.

9. Wir werden bald vernehmen/ daß unveränderli-
the Gesetze der Natur sind/ nach welchen alle Kräfte
ihre Bewegung hervor bringen/ wenn sie etwas bewe-
gen und die Machinen gleichfals nach diesen unverän-
derlichen Gesetzen vermöge ihrer Structur die Kräfte
zu vortheilhafter Bewegung vermögend machen. Da-
her pfleget man alle Würckungen Mechanisch zu nen-
nen/ die nach den unveränderlichen Bewegungs-
Gesetzen der Natur aus der Structur oder Beschaf-
fenheit der Dinge nothwendig so und nicht anders er-
folgen. Wenn nun iemand sich rühmen wil/ daß er
Mechanisch philosophire/ so muß er die Würckungen
der Natur und Kunst nach den Bewegungs-Gesetzen
der Natur aus der Structur der würckenden Dinge
erklähren und klährlich erweisen/ wie sie nach jenen ver-
möge dieser möglich sind. Wieviel aber dazu ersor-

dert
O 5
der Mechanick.
Anmerckung.

7. Dieſes Benennen der Kraͤfte doͤrfte vielleicht ei-
nigen ſeltſam vorkommen: allein es geſchiehet ohne
Urſache. Denn warumb ſolten wir uns nicht derſel-
beu Benennungen bedienen/ die ſo wol von den Gelehr-
ten als Ungelehrten laͤngſt gut geheiſſen worden.
Theilet nicht der ſcharfſinnige Leibnitz ſelbſt die
Kraͤfte in lebendige und todte ein in ſeinem Specimine
Dynamico
in den Leipziger-Actis A. 1695, p. 149? Und
unſere Muͤller nennen das Waſſer todt/ wenn es ſtille
ſtehet/ und allſo nicht in den Stand geſetzet wird/ ihre
Muͤhlen zu bewegen.

Die 4. Erklaͤhrung.

8. Dasjenige/ ſo die Kraft vermoͤgend
machet eine vortheilhafte Bewegung
hervor zu bringen/ nennet man eine
Machine.

Die 1. Anmerckung.

9. Wir werden bald vernehmen/ daß unveraͤnderli-
the Geſetze der Natur ſind/ nach welchen alle Kraͤfte
ihre Bewegung hervor bringen/ wenn ſie etwas bewe-
gen und die Machinen gleichfals nach dieſen unveraͤn-
derlichen Geſetzen vermoͤge ihrer Structur die Kraͤfte
zu vortheilhafter Bewegung vermoͤgend machen. Da-
her pfleget man alle Wuͤrckungen Mechaniſch zu nen-
nen/ die nach den unveraͤnderlichen Bewegungs-
Geſetzen der Natur aus der Structur oder Beſchaf-
fenheit der Dinge nothwendig ſo und nicht anders er-
folgen. Wenn nun iemand ſich ruͤhmen wil/ daß er
Mechaniſch philoſophire/ ſo muß er die Wuͤrckungen
der Natur und Kunſt nach den Bewegungs-Geſetzen
der Natur aus der Structur der wuͤrckenden Dinge
erklaͤhren und klaͤhrlich erweiſen/ wie ſie nach jenen ver-
moͤge dieſer moͤglich ſind. Wieviel aber dazu erſor-

dert
O 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0271" n="249"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">der Mechanick.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Anmerckung.</hi> </head><lb/>
            <p>7. Die&#x017F;es Benennen der Kra&#x0364;fte do&#x0364;rfte vielleicht ei-<lb/>
nigen &#x017F;elt&#x017F;am vorkommen: allein es ge&#x017F;chiehet ohne<lb/>
Ur&#x017F;ache. Denn warumb &#x017F;olten wir uns nicht der&#x017F;el-<lb/>
beu Benennungen bedienen/ die &#x017F;o wol von den Gelehr-<lb/>
ten als Ungelehrten la&#x0364;ng&#x017F;t gut gehei&#x017F;&#x017F;en worden.<lb/>
Theilet nicht der &#x017F;charf&#x017F;innige <hi rendition="#fr">Leibnitz</hi> &#x017F;elb&#x017F;t die<lb/>
Kra&#x0364;fte in lebendige und todte ein in &#x017F;einem <hi rendition="#aq">Specimine<lb/>
Dynamico</hi> in den Leipziger-<hi rendition="#aq">Actis A. 1695, p.</hi> 149? Und<lb/>
un&#x017F;ere Mu&#x0364;ller nennen das Wa&#x017F;&#x017F;er todt/ wenn es &#x017F;tille<lb/>
&#x017F;tehet/ und all&#x017F;o nicht in den Stand ge&#x017F;etzet wird/ ihre<lb/>
Mu&#x0364;hlen zu bewegen.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Die 4. Erkla&#x0364;hrung.</hi> </head><lb/>
          <p>8. <hi rendition="#fr">Dasjenige/ &#x017F;o die Kraft vermo&#x0364;gend<lb/>
machet eine vortheilhafte Bewegung<lb/>
hervor zu bringen/ nennet man eine<lb/>
Machine.</hi></p><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Die 1. Anmerckung.</hi> </head><lb/>
            <p>9. Wir werden bald vernehmen/ daß unvera&#x0364;nderli-<lb/>
the Ge&#x017F;etze der Natur &#x017F;ind/ nach welchen alle Kra&#x0364;fte<lb/>
ihre Bewegung hervor bringen/ wenn &#x017F;ie etwas bewe-<lb/>
gen und die Machinen gleichfals nach die&#x017F;en unvera&#x0364;n-<lb/>
derlichen Ge&#x017F;etzen vermo&#x0364;ge ihrer Structur die Kra&#x0364;fte<lb/>
zu vortheilhafter Bewegung vermo&#x0364;gend machen. Da-<lb/>
her pfleget man alle Wu&#x0364;rckungen Mechani&#x017F;ch zu nen-<lb/>
nen/ die nach den unvera&#x0364;nderlichen Bewegungs-<lb/>
Ge&#x017F;etzen der Natur aus der Structur oder Be&#x017F;chaf-<lb/>
fenheit der Dinge nothwendig &#x017F;o und nicht anders er-<lb/>
folgen. Wenn nun iemand &#x017F;ich ru&#x0364;hmen wil/ daß er<lb/>
Mechani&#x017F;ch philo&#x017F;ophire/ &#x017F;o muß er die Wu&#x0364;rckungen<lb/>
der Natur und Kun&#x017F;t nach den Bewegungs-Ge&#x017F;etzen<lb/>
der Natur aus der Structur der wu&#x0364;rckenden Dinge<lb/>
erkla&#x0364;hren und kla&#x0364;hrlich erwei&#x017F;en/ wie &#x017F;ie nach jenen ver-<lb/>
mo&#x0364;ge die&#x017F;er mo&#x0364;glich &#x017F;ind. Wieviel aber dazu er&#x017F;or-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O 5</fw><fw place="bottom" type="catch">dert</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[249/0271] der Mechanick. Anmerckung. 7. Dieſes Benennen der Kraͤfte doͤrfte vielleicht ei- nigen ſeltſam vorkommen: allein es geſchiehet ohne Urſache. Denn warumb ſolten wir uns nicht derſel- beu Benennungen bedienen/ die ſo wol von den Gelehr- ten als Ungelehrten laͤngſt gut geheiſſen worden. Theilet nicht der ſcharfſinnige Leibnitz ſelbſt die Kraͤfte in lebendige und todte ein in ſeinem Specimine Dynamico in den Leipziger-Actis A. 1695, p. 149? Und unſere Muͤller nennen das Waſſer todt/ wenn es ſtille ſtehet/ und allſo nicht in den Stand geſetzet wird/ ihre Muͤhlen zu bewegen. Die 4. Erklaͤhrung. 8. Dasjenige/ ſo die Kraft vermoͤgend machet eine vortheilhafte Bewegung hervor zu bringen/ nennet man eine Machine. Die 1. Anmerckung. 9. Wir werden bald vernehmen/ daß unveraͤnderli- the Geſetze der Natur ſind/ nach welchen alle Kraͤfte ihre Bewegung hervor bringen/ wenn ſie etwas bewe- gen und die Machinen gleichfals nach dieſen unveraͤn- derlichen Geſetzen vermoͤge ihrer Structur die Kraͤfte zu vortheilhafter Bewegung vermoͤgend machen. Da- her pfleget man alle Wuͤrckungen Mechaniſch zu nen- nen/ die nach den unveraͤnderlichen Bewegungs- Geſetzen der Natur aus der Structur oder Beſchaf- fenheit der Dinge nothwendig ſo und nicht anders er- folgen. Wenn nun iemand ſich ruͤhmen wil/ daß er Mechaniſch philoſophire/ ſo muß er die Wuͤrckungen der Natur und Kunſt nach den Bewegungs-Geſetzen der Natur aus der Structur der wuͤrckenden Dinge erklaͤhren und klaͤhrlich erweiſen/ wie ſie nach jenen ver- moͤge dieſer moͤglich ſind. Wieviel aber dazu erſor- dert O 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende02_1710
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende02_1710/271
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wiessenschaften. Bd. 2. Halle (Saale), 1710. , S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende02_1710/271>, abgerufen am 29.04.2024.