Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wiessenschaften. Bd. 2. Halle (Saale), 1710.

Bild:
<< vorherige Seite
Vorrede.
Geneigter Leser:

WEnn ihr diese Anfangs-
Gründe der Hydrosta-
tick durchlesen werdet; so
werden euch vielleicht
einige Dinge gantz seltsam und wun
derlich vorkommen. Denn insgemein
bildet man sich ein/ die Schweere sey
der Materie eigenthümlich/ und könne
ihr dannenhero nichts ahgehen/ wenn
diese in dem Cörper unverändert
bleibet. Das Wasser und andere
flüßige Materien siehet man/ so lan-
ge sie stille stehen/ als todt an/ und
bildet sich nicht ein/ daß sie in solchem
Zustande eine Würckung in andere
Cörper haben sollten. Umb dieser
Ursachen willen kan man nicht be-
greiffen/ wie sie dem Cörper etwas
von seiner Schweere benehmen/ oder
auch indem sie gantz stille zustehen
scheinen/ ihn mit Gewalt in die Höhe
treiben können. Doch ist dieses al-
les klährlich erwiesen/ und kan durch
die Erfahrung jeden Augenblieck be-
stetiget werden. Dadurch lernet
erkennen/ daß die natürlichen Dinge

sich
Y 5
Vorrede.
Geneigter Leſer:

WEnn ihr dieſe Anfangs-
Gruͤnde der Hydroſta-
tick duꝛchleſen werdet; ſo
werden euch vielleicht
einige Dinge gantz ſeltſam und wun
derlich vorkom̃en. Denn insgemein
bildet man ſich ein/ die Schweere ſey
der Materie eigenthuͤmlich/ und koͤñe
ihr dannenhero nichts ahgehen/ weñ
dieſe in dem Coͤrper unveraͤndert
bleibet. Das Waſſer und andere
fluͤßige Materien ſiehet man/ ſo lan-
ge ſie ſtille ſtehen/ als todt an/ und
bildet ſich nicht ein/ daß ſie in ſolchem
Zuſtande eine Wuͤrckung in andere
Coͤrper haben ſollten. Umb dieſer
Urſachen willen kan man nicht be-
greiffen/ wie ſie dem Coͤrper etwas
von ſeiner Schweere benehmen/ oder
auch indem ſie gantz ſtille zuſtehen
ſcheinen/ ihn mit Gewalt in die Hoͤhe
treiben koͤnnen. Doch iſt dieſes al-
les klaͤhrlich erwieſen/ und kan durch
die Erfahrung jeden Augenblieck be-
ſtetiget werden. Dadurch lernet
erkennen/ daß die natuͤrlichen Dinge

ſich
Y 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0376" n="[345]"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Vorrede.</hi> </head><lb/>
          <salute> <hi rendition="#b">Geneigter Le&#x017F;er:</hi> </salute><lb/>
          <p> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#in">W</hi>Enn ihr die&#x017F;e Anfangs-<lb/>
Gru&#x0364;nde der Hydro&#x017F;ta-<lb/>
tick du&#xA75B;chle&#x017F;en werdet; &#x017F;o<lb/>
werden euch vielleicht<lb/>
einige Dinge gantz &#x017F;elt&#x017F;am und wun<lb/>
derlich vorkom&#x0303;en. Denn insgemein<lb/>
bildet man &#x017F;ich ein/ die Schweere &#x017F;ey<lb/>
der Materie eigenthu&#x0364;mlich/ und ko&#x0364;n&#x0303;e<lb/>
ihr dannenhero nichts ahgehen/ wen&#x0303;<lb/>
die&#x017F;e in dem Co&#x0364;rper unvera&#x0364;ndert<lb/>
bleibet. Das Wa&#x017F;&#x017F;er und andere<lb/>
flu&#x0364;ßige Materien &#x017F;iehet man/ &#x017F;o lan-<lb/>
ge &#x017F;ie &#x017F;tille &#x017F;tehen/ als todt an/ und<lb/>
bildet &#x017F;ich nicht ein/ daß &#x017F;ie in &#x017F;olchem<lb/>
Zu&#x017F;tande eine Wu&#x0364;rckung in andere<lb/>
Co&#x0364;rper haben &#x017F;ollten. Umb die&#x017F;er<lb/>
Ur&#x017F;achen willen kan man nicht be-<lb/>
greiffen/ wie &#x017F;ie dem Co&#x0364;rper etwas<lb/>
von &#x017F;einer Schweere benehmen/ oder<lb/>
auch indem &#x017F;ie gantz &#x017F;tille zu&#x017F;tehen<lb/>
&#x017F;cheinen/ ihn mit Gewalt in die Ho&#x0364;he<lb/>
treiben ko&#x0364;nnen. Doch i&#x017F;t die&#x017F;es al-<lb/>
les kla&#x0364;hrlich erwie&#x017F;en/ und kan durch<lb/>
die Erfahrung jeden Augenblieck be-<lb/>
&#x017F;tetiget werden. Dadurch lernet<lb/>
erkennen/ daß die natu&#x0364;rlichen Dinge</hi><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">Y 5</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ich</fw><lb/>
          </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[345]/0376] Vorrede. Geneigter Leſer: WEnn ihr dieſe Anfangs- Gruͤnde der Hydroſta- tick duꝛchleſen werdet; ſo werden euch vielleicht einige Dinge gantz ſeltſam und wun derlich vorkom̃en. Denn insgemein bildet man ſich ein/ die Schweere ſey der Materie eigenthuͤmlich/ und koͤñe ihr dannenhero nichts ahgehen/ weñ dieſe in dem Coͤrper unveraͤndert bleibet. Das Waſſer und andere fluͤßige Materien ſiehet man/ ſo lan- ge ſie ſtille ſtehen/ als todt an/ und bildet ſich nicht ein/ daß ſie in ſolchem Zuſtande eine Wuͤrckung in andere Coͤrper haben ſollten. Umb dieſer Urſachen willen kan man nicht be- greiffen/ wie ſie dem Coͤrper etwas von ſeiner Schweere benehmen/ oder auch indem ſie gantz ſtille zuſtehen ſcheinen/ ihn mit Gewalt in die Hoͤhe treiben koͤnnen. Doch iſt dieſes al- les klaͤhrlich erwieſen/ und kan durch die Erfahrung jeden Augenblieck be- ſtetiget werden. Dadurch lernet erkennen/ daß die natuͤrlichen Dinge ſich Y 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende02_1710
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende02_1710/376
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wiessenschaften. Bd. 2. Halle (Saale), 1710. , S. [345]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende02_1710/376>, abgerufen am 28.04.2024.