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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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II. Th. 3. H. Von Recht und Verbindl.
verlohrne Sache hat wieder bekommen kön-
nen, zu bemerken hat, ist daraus klar, was
wir erst von dem Besitzer einer einem andern
zugehörigen Sache bewiesen haben; denn
die Ersetzung der Unkosten gründet sich dar-
auf, was einer auf eines andern Sache ge-
wandt hat.

§. 286.
Vom
Betrug
sowohl
dem vor-
sätzlichen,
als dem
ohne
Vorwis-
sen ge-
schehe-
nen.

Man sagt einer betriege den andern
(alterum defraudare) wer mit Wissen und
Willen entweder mit der That oder mit Wor-
ten, den andern um das Seine bringet, oder
was er ihm schuldig ist. Der Betrug ist
also eine Handlung, durch welche man dem
andern, mit dem wir zu thun haben, ohne
daß er es weiß, im Schaden bringet. Wenn
dieses mit Wissen und Willen geschieht, so
ist es ein vorbedachter, oder vorsätzli-
cher Betrug
(fraus consilii): geschiehet es
aber unwissende, als wenn einer einen un-
echten Edelstein, anstatt eines echten, oh-
ne daß er es weiß, verkauft, so ist es ein un-
wissender,
oder unvorsetzlicher Betrug
(fraus eventus). Da man niemanden weder
vorsetzlicher, noch unvorsetzlicher Weise in
Schaden bringen soll (§. 269.); so darf man
auch niemanden betriegen, und ist ein-
jeder vorbedachter Betrug unerlaubt.

Weil aber auch der Schade, in welchen man
einen bringet, ersetzet werden muß (§. 270.);
so muß nicht nur dasjenige, warum
der andere betrogen ist, wieder gege-

ben,

II. Th. 3. H. Von Recht und Verbindl.
verlohrne Sache hat wieder bekommen koͤn-
nen, zu bemerken hat, iſt daraus klar, was
wir erſt von dem Beſitzer einer einem andern
zugehoͤrigen Sache bewieſen haben; denn
die Erſetzung der Unkoſten gruͤndet ſich dar-
auf, was einer auf eines andern Sache ge-
wandt hat.

§. 286.
Vom
Betrug
ſowohl
dem vor-
ſaͤtzlichen,
als dem
ohne
Vorwiſ-
ſen ge-
ſchehe-
nen.

Man ſagt einer betriege den andern
(alterum defraudare) wer mit Wiſſen und
Willen entweder mit der That oder mit Wor-
ten, den andern um das Seine bringet, oder
was er ihm ſchuldig iſt. Der Betrug iſt
alſo eine Handlung, durch welche man dem
andern, mit dem wir zu thun haben, ohne
daß er es weiß, im Schaden bringet. Wenn
dieſes mit Wiſſen und Willen geſchieht, ſo
iſt es ein vorbedachter, oder vorſaͤtzli-
cher Betrug
(fraus conſilii): geſchiehet es
aber unwiſſende, als wenn einer einen un-
echten Edelſtein, anſtatt eines echten, oh-
ne daß er es weiß, verkauft, ſo iſt es ein un-
wiſſender,
oder unvorſetzlicher Betrug
(fraus eventus). Da man niemanden weder
vorſetzlicher, noch unvorſetzlicher Weiſe in
Schaden bringen ſoll (§. 269.); ſo darf man
auch niemanden betriegen, und iſt ein-
jeder vorbedachter Betrug unerlaubt.

Weil aber auch der Schade, in welchen man
einen bringet, erſetzet werden muß (§. 270.);
ſo muß nicht nur dasjenige, warum
der andere betrogen iſt, wieder gege-

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[178/0214] II. Th. 3. H. Von Recht und Verbindl. verlohrne Sache hat wieder bekommen koͤn- nen, zu bemerken hat, iſt daraus klar, was wir erſt von dem Beſitzer einer einem andern zugehoͤrigen Sache bewieſen haben; denn die Erſetzung der Unkoſten gruͤndet ſich dar- auf, was einer auf eines andern Sache ge- wandt hat. §. 286. Man ſagt einer betriege den andern (alterum defraudare) wer mit Wiſſen und Willen entweder mit der That oder mit Wor- ten, den andern um das Seine bringet, oder was er ihm ſchuldig iſt. Der Betrug iſt alſo eine Handlung, durch welche man dem andern, mit dem wir zu thun haben, ohne daß er es weiß, im Schaden bringet. Wenn dieſes mit Wiſſen und Willen geſchieht, ſo iſt es ein vorbedachter, oder vorſaͤtzli- cher Betrug (fraus conſilii): geſchiehet es aber unwiſſende, als wenn einer einen un- echten Edelſtein, anſtatt eines echten, oh- ne daß er es weiß, verkauft, ſo iſt es ein un- wiſſender, oder unvorſetzlicher Betrug (fraus eventus). Da man niemanden weder vorſetzlicher, noch unvorſetzlicher Weiſe in Schaden bringen ſoll (§. 269.); ſo darf man auch niemanden betriegen, und iſt ein- jeder vorbedachter Betrug unerlaubt. Weil aber auch der Schade, in welchen man einen bringet, erſetzet werden muß (§. 270.); ſo muß nicht nur dasjenige, warum der andere betrogen iſt, wieder gege- ben,

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/214>, abgerufen am 26.04.2024.