Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

etwas zu erhalten.
fällig, theils zu erfüllen ist. Ueberdieses ist
die Bedingung entweder eine aufschiebende
(suspensiva), welche die Vollziehung der
Handlung so lange aufschiebt, bis es gewiß
ist, daß die Bedingung vorhanden sey; oder
eine auflösende (resolutiva), welche die
Dauer einer schon vollzogenen Handlung auf
die Zeit erstreckt, da es gewiß ist, daß die
Bedingung vorhanden. Es wird aber eine
verneinende Bedingung
(conditio nega-
tiva)
genannt, welche voraus setzet, daß et-
was nicht sey, oder nicht gewesen sey, oder
nicht seyn werde. Es ist also die vernei-
nende Bedingung vorhanden,
wenn
das nicht ist, oder nicht gewesen ist, oder nicht
erfolget, was gesetzt wird. Es ist auch ein
Unterscheid unter einer unerlaubten Be-
dingung
(conditio turpis), welche voraus
setzet etwas zu thun, was in einem Gesetz
verbothen ist, und einer erlaubten (hone-
sta),
welche voraussetzt, etwas zu thun, was
im Gesetz nicht verbothen wird, oder welche
in einer rechtmäßigen Handlung bestehet.

§. 316.

Weil vermöge der natürlichen Freyheit ei-Von der
Anneh-
mung.

nem jeden gelassen werden muß, daß er sich
nach seinem Urtheil in seinen Handlungen
richtet (§. 78.); so beruhet es bloß auf
eines jeden Willen, wenn man das Ei-
genthum, oder ein Recht auf ihn brin-
gen will, ob er es haben will, oder
nicht.
Weil man nun sagt, derienige neh-

me
N 2

etwas zu erhalten.
faͤllig, theils zu erfuͤllen iſt. Ueberdieſes iſt
die Bedingung entweder eine aufſchiebende
(ſuſpenſiva), welche die Vollziehung der
Handlung ſo lange aufſchiebt, bis es gewiß
iſt, daß die Bedingung vorhanden ſey; oder
eine aufloͤſende (reſolutiva), welche die
Dauer einer ſchon vollzogenen Handlung auf
die Zeit erſtreckt, da es gewiß iſt, daß die
Bedingung vorhanden. Es wird aber eine
verneinende Bedingung
(conditio nega-
tiva)
genannt, welche voraus ſetzet, daß et-
was nicht ſey, oder nicht geweſen ſey, oder
nicht ſeyn werde. Es iſt alſo die vernei-
nende Bedingung vorhanden,
wenn
das nicht iſt, oder nicht geweſen iſt, oder nicht
erfolget, was geſetzt wird. Es iſt auch ein
Unterſcheid unter einer unerlaubten Be-
dingung
(conditio turpis), welche voraus
ſetzet etwas zu thun, was in einem Geſetz
verbothen iſt, und einer erlaubten (hone-
ſta),
welche vorausſetzt, etwas zu thun, was
im Geſetz nicht verbothen wird, oder welche
in einer rechtmaͤßigen Handlung beſtehet.

§. 316.

Weil vermoͤge der natuͤrlichen Freyheit ei-Von der
Anneh-
mung.

nem jeden gelaſſen werden muß, daß er ſich
nach ſeinem Urtheil in ſeinen Handlungen
richtet (§. 78.); ſo beruhet es bloß auf
eines jeden Willen, wenn man das Ei-
genthum, oder ein Recht auf ihn brin-
gen will, ob er es haben will, oder
nicht.
Weil man nun ſagt, derienige neh-

me
N 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0231" n="195"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">etwas zu erhalten.</hi></fw><lb/>
fa&#x0364;llig, theils zu erfu&#x0364;llen i&#x017F;t. Ueberdie&#x017F;es i&#x017F;t<lb/>
die Bedingung entweder eine <hi rendition="#fr">auf&#x017F;chiebende</hi><lb/><hi rendition="#aq">(&#x017F;u&#x017F;pen&#x017F;iva),</hi> welche die Vollziehung der<lb/>
Handlung &#x017F;o lange auf&#x017F;chiebt, bis es gewiß<lb/>
i&#x017F;t, daß die Bedingung vorhanden &#x017F;ey; oder<lb/><hi rendition="#fr">eine auflo&#x0364;&#x017F;ende</hi> <hi rendition="#aq">(re&#x017F;olutiva),</hi> welche die<lb/>
Dauer einer &#x017F;chon vollzogenen Handlung auf<lb/>
die Zeit er&#x017F;treckt, da es gewiß i&#x017F;t, daß die<lb/>
Bedingung vorhanden. Es wird aber <hi rendition="#fr">eine<lb/>
verneinende Bedingung</hi> <hi rendition="#aq">(conditio nega-<lb/>
tiva)</hi> genannt, welche voraus &#x017F;etzet, daß et-<lb/>
was nicht &#x017F;ey, oder nicht gewe&#x017F;en &#x017F;ey, oder<lb/>
nicht &#x017F;eyn werde. Es <hi rendition="#fr">i&#x017F;t</hi> al&#x017F;o <hi rendition="#fr">die vernei-<lb/>
nende Bedingung vorhanden,</hi> wenn<lb/>
das nicht i&#x017F;t, oder nicht gewe&#x017F;en i&#x017F;t, oder nicht<lb/>
erfolget, was ge&#x017F;etzt wird. Es i&#x017F;t auch ein<lb/>
Unter&#x017F;cheid unter einer <hi rendition="#fr">unerlaubten Be-<lb/>
dingung</hi> <hi rendition="#aq">(conditio turpis),</hi> welche voraus<lb/>
&#x017F;etzet etwas zu thun, was in einem Ge&#x017F;etz<lb/>
verbothen i&#x017F;t, und einer <hi rendition="#fr">erlaubten</hi> <hi rendition="#aq">(hone-<lb/>
&#x017F;ta),</hi> welche voraus&#x017F;etzt, etwas zu thun, was<lb/>
im Ge&#x017F;etz nicht verbothen wird, oder welche<lb/>
in einer rechtma&#x0364;ßigen Handlung be&#x017F;tehet.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 316.</head><lb/>
              <p>Weil vermo&#x0364;ge der natu&#x0364;rlichen Freyheit ei-<note place="right">Von der<lb/>
Anneh-<lb/>
mung.</note><lb/>
nem jeden gela&#x017F;&#x017F;en werden muß, daß er &#x017F;ich<lb/>
nach &#x017F;einem Urtheil in &#x017F;einen Handlungen<lb/>
richtet (§. 78.); &#x017F;o <hi rendition="#fr">beruhet es bloß auf<lb/>
eines jeden Willen, wenn man das Ei-<lb/>
genthum, oder ein Recht auf ihn brin-<lb/>
gen will, ob er es haben will, oder<lb/>
nicht.</hi> Weil man nun &#x017F;agt, derienige <hi rendition="#fr">neh-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N 2</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">me</hi></fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[195/0231] etwas zu erhalten. faͤllig, theils zu erfuͤllen iſt. Ueberdieſes iſt die Bedingung entweder eine aufſchiebende (ſuſpenſiva), welche die Vollziehung der Handlung ſo lange aufſchiebt, bis es gewiß iſt, daß die Bedingung vorhanden ſey; oder eine aufloͤſende (reſolutiva), welche die Dauer einer ſchon vollzogenen Handlung auf die Zeit erſtreckt, da es gewiß iſt, daß die Bedingung vorhanden. Es wird aber eine verneinende Bedingung (conditio nega- tiva) genannt, welche voraus ſetzet, daß et- was nicht ſey, oder nicht geweſen ſey, oder nicht ſeyn werde. Es iſt alſo die vernei- nende Bedingung vorhanden, wenn das nicht iſt, oder nicht geweſen iſt, oder nicht erfolget, was geſetzt wird. Es iſt auch ein Unterſcheid unter einer unerlaubten Be- dingung (conditio turpis), welche voraus ſetzet etwas zu thun, was in einem Geſetz verbothen iſt, und einer erlaubten (hone- ſta), welche vorausſetzt, etwas zu thun, was im Geſetz nicht verbothen wird, oder welche in einer rechtmaͤßigen Handlung beſtehet. §. 316. Weil vermoͤge der natuͤrlichen Freyheit ei- nem jeden gelaſſen werden muß, daß er ſich nach ſeinem Urtheil in ſeinen Handlungen richtet (§. 78.); ſo beruhet es bloß auf eines jeden Willen, wenn man das Ei- genthum, oder ein Recht auf ihn brin- gen will, ob er es haben will, oder nicht. Weil man nun ſagt, derienige neh- me Von der Anneh- mung. N 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/231
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/231>, abgerufen am 26.04.2024.