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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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seiner Gedancken.
ist die Verletzung des Eides, wenn einer das
nicht hält, was er nach seiner eigenen Mei-
nung zu thun oder nicht zu thun geschworen
hat. Derowegen weil derjenige, welcher
schwört, sich verbindet die Wahrheit zu sagen
(§. 368.), und wenn er schwört etwas zu
thun oder nicht zu thun, durch den Eid be-
weisen will, daß er sich dieses zu thun, oder
zu unterlassen verbinde (§. 97. 361.); so ist
nicht erlaubt falsch zu schwören, noch
der Meineid erlaubt
(§. 100.).

§. 372.

Da es aber einerley ist, ob die WorteVom ge-
schriebe-
nen Eid.

ausgesprochen, oder geschrieben werden; so
ist ein geschriebener Eid gültig; folg-
lich kann ein Abwesender einem Abwe-
senden im Briefe schwören.

§. 373.

Man sagt: einer schwöre in die See-Von dem
Eid, der
in die
Seele ei-
nes an-
dern ge-
schiehet.

le eines andern (in animam alterius jura-
re),
wenn er im Nahmen und aus Vollmacht
eines Abwesenden schwört. Da es einerley
ist, ob einer etwas selbst, oder durch einen
andern verrichtet; so kann man auch in
die Seele eines andern schwören.

§. 374.

Die Beschwörung (obtestatio) nenntVon der
Beschwö-
rung.

man eine Handlung, da man jemand bey Gott,
dem Zeugen der Wahrheit desjenigen, was
man sagt, und dem Rächer der Lügen und je-
der unerlaubten That, oder bey einer Sache
die dem andern am liebsten ist, oder worauf

er
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ſeiner Gedancken.
iſt die Verletzung des Eides, wenn einer das
nicht haͤlt, was er nach ſeiner eigenen Mei-
nung zu thun oder nicht zu thun geſchworen
hat. Derowegen weil derjenige, welcher
ſchwoͤrt, ſich verbindet die Wahrheit zu ſagen
(§. 368.), und wenn er ſchwoͤrt etwas zu
thun oder nicht zu thun, durch den Eid be-
weiſen will, daß er ſich dieſes zu thun, oder
zu unterlaſſen verbinde (§. 97. 361.); ſo iſt
nicht erlaubt falſch zu ſchwoͤren, noch
der Meineid erlaubt
(§. 100.).

§. 372.

Da es aber einerley iſt, ob die WorteVom ge-
ſchriebe-
nen Eid.

ausgeſprochen, oder geſchrieben werden; ſo
iſt ein geſchriebener Eid guͤltig; folg-
lich kann ein Abweſender einem Abwe-
ſenden im Briefe ſchwoͤren.

§. 373.

Man ſagt: einer ſchwoͤre in die See-Von dem
Eid, der
in die
Seele ei-
nes an-
dern ge-
ſchiehet.

le eines andern (in animam alterius jura-
re),
wenn er im Nahmen und aus Vollmacht
eines Abweſenden ſchwoͤrt. Da es einerley
iſt, ob einer etwas ſelbſt, oder durch einen
andern verrichtet; ſo kann man auch in
die Seele eines andern ſchwoͤren.

§. 374.

Die Beſchwoͤrung (obteſtatio) nenntVon der
Beſchwoͤ-
rung.

man eine Handlung, da man jemand bey Gott,
dem Zeugen der Wahrheit desjenigen, was
man ſagt, und dem Raͤcher der Luͤgen und je-
der unerlaubten That, oder bey einer Sache
die dem andern am liebſten iſt, oder worauf

er
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[227/0263] ſeiner Gedancken. iſt die Verletzung des Eides, wenn einer das nicht haͤlt, was er nach ſeiner eigenen Mei- nung zu thun oder nicht zu thun geſchworen hat. Derowegen weil derjenige, welcher ſchwoͤrt, ſich verbindet die Wahrheit zu ſagen (§. 368.), und wenn er ſchwoͤrt etwas zu thun oder nicht zu thun, durch den Eid be- weiſen will, daß er ſich dieſes zu thun, oder zu unterlaſſen verbinde (§. 97. 361.); ſo iſt nicht erlaubt falſch zu ſchwoͤren, noch der Meineid erlaubt (§. 100.). §. 372. Da es aber einerley iſt, ob die Worte ausgeſprochen, oder geſchrieben werden; ſo iſt ein geſchriebener Eid guͤltig; folg- lich kann ein Abweſender einem Abwe- ſenden im Briefe ſchwoͤren. Vom ge- ſchriebe- nen Eid. §. 373. Man ſagt: einer ſchwoͤre in die See- le eines andern (in animam alterius jura- re), wenn er im Nahmen und aus Vollmacht eines Abweſenden ſchwoͤrt. Da es einerley iſt, ob einer etwas ſelbſt, oder durch einen andern verrichtet; ſo kann man auch in die Seele eines andern ſchwoͤren. Von dem Eid, der in die Seele ei- nes an- dern ge- ſchiehet. §. 374. Die Beſchwoͤrung (obteſtatio) nennt man eine Handlung, da man jemand bey Gott, dem Zeugen der Wahrheit desjenigen, was man ſagt, und dem Raͤcher der Luͤgen und je- der unerlaubten That, oder bey einer Sache die dem andern am liebſten iſt, oder worauf er Von der Beſchwoͤ- rung. P 2

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/263>, abgerufen am 27.04.2024.