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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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Von der Einrichtung einer Republick.
zu denjenigen zu strafen, welcher das
allen zustehende Recht, als die öffent-
liche Sicherheit, auf irgend eine Art
verletzet hat.
Eine boshafte Handlung,
wodurch ein Schaden oder Unrecht zugefüget
wird, heisset eine Uebelthat (maleficium):
gleichwie eine solche aus Versehen begangene
That gleichsam eine Uebelthat (quasi
maleficium)
genennet wird. Eine Uebelthat,
wodurch man nur einem Privatmann Scha-
den zufügt, oder Unrecht thut, heisset ein
Verbrechen (delictum); dahingegen die
Uebelthat, wodurch der Republick geschadet,
oder Unrecht gethan wird, den Nahmen ei-
ner Missethat (criminis) führet. Jenes
nennt man auch Privatverbrechen (deli-
cta privata),
diese aber öffentliche (publi-
ca delicta).
Derowegen muß auch denen
Richtern das Recht die öffentlichen
Verbrechen, oder Missethaten zu be-
strafen verliehen werden.

§. 1031.

Jndem jemand mit einer Strafe seinesVon der
Untersu-
chung.

Verbrechens, oder Missethat halber beleget
wird (§. 1030.); so kann niemand ge-
strafet werden, wenn nicht sein Ver-
brechen, oder Missethat genugsam be-
wiesen ist, oder er es freywillig gestan-
den hat.
Und weil die annoch verborgenen
Umstände zur Linderung der Strafe etwas
beytragen können; so muß dem schuldi-
gen, ehe er als überwiesen und als ei-

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A a a 4

Von der Einrichtung einer Republick.
zu denjenigen zu ſtrafen, welcher das
allen zuſtehende Recht, als die oͤffent-
liche Sicherheit, auf irgend eine Art
verletzet hat.
Eine boshafte Handlung,
wodurch ein Schaden oder Unrecht zugefuͤget
wird, heiſſet eine Uebelthat (maleficium):
gleichwie eine ſolche aus Verſehen begangene
That gleichſam eine Uebelthat (quaſi
maleficium)
genennet wird. Eine Uebelthat,
wodurch man nur einem Privatmann Scha-
den zufuͤgt, oder Unrecht thut, heiſſet ein
Verbrechen (delictum); dahingegen die
Uebelthat, wodurch der Republick geſchadet,
oder Unrecht gethan wird, den Nahmen ei-
ner Miſſethat (criminis) fuͤhret. Jenes
nennt man auch Privatverbrechen (deli-
cta privata),
dieſe aber oͤffentliche (publi-
ca delicta).
Derowegen muß auch denen
Richtern das Recht die oͤffentlichen
Verbrechen, oder Miſſethaten zu be-
ſtrafen verliehen werden.

§. 1031.

Jndem jemand mit einer Strafe ſeinesVon der
Unterſu-
chung.

Verbrechens, oder Miſſethat halber beleget
wird (§. 1030.); ſo kann niemand ge-
ſtrafet werden, wenn nicht ſein Ver-
brechen, oder Miſſethat genugſam be-
wieſen iſt, oder er es freywillig geſtan-
den hat.
Und weil die annoch verborgenen
Umſtaͤnde zur Linderung der Strafe etwas
beytragen koͤnnen; ſo muß dem ſchuldi-
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[743/0779] Von der Einrichtung einer Republick. zu denjenigen zu ſtrafen, welcher das allen zuſtehende Recht, als die oͤffent- liche Sicherheit, auf irgend eine Art verletzet hat. Eine boshafte Handlung, wodurch ein Schaden oder Unrecht zugefuͤget wird, heiſſet eine Uebelthat (maleficium): gleichwie eine ſolche aus Verſehen begangene That gleichſam eine Uebelthat (quaſi maleficium) genennet wird. Eine Uebelthat, wodurch man nur einem Privatmann Scha- den zufuͤgt, oder Unrecht thut, heiſſet ein Verbrechen (delictum); dahingegen die Uebelthat, wodurch der Republick geſchadet, oder Unrecht gethan wird, den Nahmen ei- ner Miſſethat (criminis) fuͤhret. Jenes nennt man auch Privatverbrechen (deli- cta privata), dieſe aber oͤffentliche (publi- ca delicta). Derowegen muß auch denen Richtern das Recht die oͤffentlichen Verbrechen, oder Miſſethaten zu be- ſtrafen verliehen werden. §. 1031. Jndem jemand mit einer Strafe ſeines Verbrechens, oder Miſſethat halber beleget wird (§. 1030.); ſo kann niemand ge- ſtrafet werden, wenn nicht ſein Ver- brechen, oder Miſſethat genugſam be- wieſen iſt, oder er es freywillig geſtan- den hat. Und weil die annoch verborgenen Umſtaͤnde zur Linderung der Strafe etwas beytragen koͤnnen; ſo muß dem ſchuldi- gen, ehe er als uͤberwieſen und als ei- ner Von der Unterſu- chung. A a a 4

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 743. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/779>, abgerufen am 26.04.2024.