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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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II. Theil 14. Hauptstück.
darf, wovon zu vermuthen, daß er
dem Eigenthümer zur Last fallen wür-
de: Jn zweifelhaften Fällen aber muß
er dergleichen gäntzlich, wie auch allezeit
das, was bloß der Lust wegen ange-
wandt wird, unterlassen
(§. 279. 280.).
Weil die Anmassung eines fremden Geschäfts
die vermuthete Einwilligung erfordert; so fol-
get, daß, wenn also einer wider des an-
dern Willen sich seines Geschäftes an-
masset, dieser ihm zu nichts vollkom-
men verbunden ist, ob er es gleich zu
seinen Nutzen verwaltet hat;
folglich,
so bald derselbe verbietet, daß er sich
seines Geschäftes nicht länger anmas-
sen soll; so muß er es gleich unterlas-
sen.
Und weil in der Anmassung eines frem-
den Geschäftes theils auf die Nothwendigkeit,
theils auf den Nutzen dessen, dem es gehöret,
zu sehen ist, der aber, welcher sich dessen an-
masset, des andern Person vorstellt; so ver-
stehet es sich, daß die Nothwendig-
keit sich eines fremden Geschäftes an-
zunehmen vorhanden sey, wenn durch
Unterlaßung desselben ein unvermeid-
licher Schaden entsteht,
zu dessen Ab-
wendung wir dem andern natürlicher Weise
verbunden sind (§. 269.): Den Nutzen aber
des andern muß der, welcher sich
des Geschäftes anmasset, nicht nach
Eigendüncken erachten, sondern aus der
Beschaffenheit der Sache, der Zeit und

der

II. Theil 14. Hauptſtuͤck.
darf, wovon zu vermuthen, daß er
dem Eigenthuͤmer zur Laſt fallen wuͤr-
de: Jn zweifelhaften Faͤllen aber muß
er dergleichen gaͤntzlich, wie auch allezeit
das, was bloß der Luſt wegen ange-
wandt wird, unterlaſſen
(§. 279. 280.).
Weil die Anmaſſung eines fremden Geſchaͤfts
die vermuthete Einwilligung erfordert; ſo fol-
get, daß, wenn alſo einer wider des an-
dern Willen ſich ſeines Geſchaͤftes an-
maſſet, dieſer ihm zu nichts vollkom-
men verbunden iſt, ob er es gleich zu
ſeinen Nutzen verwaltet hat;
folglich,
ſo bald derſelbe verbietet, daß er ſich
ſeines Geſchaͤftes nicht laͤnger anmaſ-
ſen ſoll; ſo muß er es gleich unterlaſ-
ſen.
Und weil in der Anmaſſung eines frem-
den Geſchaͤftes theils auf die Nothwendigkeit,
theils auf den Nutzen deſſen, dem es gehoͤret,
zu ſehen iſt, der aber, welcher ſich deſſen an-
maſſet, des andern Perſon vorſtellt; ſo ver-
ſtehet es ſich, daß die Nothwendig-
keit ſich eines fremden Geſchaͤftes an-
zunehmen vorhanden ſey, wenn durch
Unterlaßung deſſelben ein unvermeid-
licher Schaden entſteht,
zu deſſen Ab-
wendung wir dem andern natuͤrlicher Weiſe
verbunden ſind (§. 269.): Den Nutzen aber
des andern muß der, welcher ſich
des Geſchaͤftes anmaſſet, nicht nach
Eigenduͤncken erachten, ſondern aus der
Beſchaffenheit der Sache, der Zeit und

der
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[474/0510] II. Theil 14. Hauptſtuͤck. darf, wovon zu vermuthen, daß er dem Eigenthuͤmer zur Laſt fallen wuͤr- de: Jn zweifelhaften Faͤllen aber muß er dergleichen gaͤntzlich, wie auch allezeit das, was bloß der Luſt wegen ange- wandt wird, unterlaſſen (§. 279. 280.). Weil die Anmaſſung eines fremden Geſchaͤfts die vermuthete Einwilligung erfordert; ſo fol- get, daß, wenn alſo einer wider des an- dern Willen ſich ſeines Geſchaͤftes an- maſſet, dieſer ihm zu nichts vollkom- men verbunden iſt, ob er es gleich zu ſeinen Nutzen verwaltet hat; folglich, ſo bald derſelbe verbietet, daß er ſich ſeines Geſchaͤftes nicht laͤnger anmaſ- ſen ſoll; ſo muß er es gleich unterlaſ- ſen. Und weil in der Anmaſſung eines frem- den Geſchaͤftes theils auf die Nothwendigkeit, theils auf den Nutzen deſſen, dem es gehoͤret, zu ſehen iſt, der aber, welcher ſich deſſen an- maſſet, des andern Perſon vorſtellt; ſo ver- ſtehet es ſich, daß die Nothwendig- keit ſich eines fremden Geſchaͤftes an- zunehmen vorhanden ſey, wenn durch Unterlaßung deſſelben ein unvermeid- licher Schaden entſteht, zu deſſen Ab- wendung wir dem andern natuͤrlicher Weiſe verbunden ſind (§. 269.): Den Nutzen aber des andern muß der, welcher ſich des Geſchaͤftes anmaſſet, nicht nach Eigenduͤncken erachten, ſondern aus der Beſchaffenheit der Sache, der Zeit und der

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/510>, abgerufen am 27.04.2024.