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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Die dunkeln Linien im Spektrum.
glas in einer bestimmten Stellung die Linie E im Gelb um einen Win-
kel d ablenkt, ein Prisma aus Flintglas mit demselben Winkel lenke
aber E um d' ab, so sind leicht aus dem Verhältniss der Winkel d
und d' zu a und g nach den Regeln des §. 144 die Brechungsindices
für beide Substanzen zu finden. Derselben Methode kann man sich
auch bedienen, um das Brechungsvermögen von Flüssigkeiten und
Gasen zu bestimmen. Man benützt zu diesem Zweck Hohlprismen,
deren Seiten aus genau planparallelen Glasplatten bestehen. Die
letzteren ändern den Gang der Lichtstrahlen nicht ab. Denn ein pa-
ralleles Strahlenbündel a b (Fig. 120), das durch die Glasplatte A
[Abbildung] Fig. 120.
sich parallel in die Richtung c d verschoben
wurde, muss durch die entgegengesetzt gerich-
tete Platte B wieder um ebenso viel nach der
entgegengesetzten Richtung verschoben werden,
so dass der austretende Strahl e f in der Ver-
längerung von a b liegt. Die wirklich statt-
findende Brechung wird daher lediglich durch
die in dem Hohlprisma befindliche Substanz
hervorgebracht.

Für den hier erörterten und alle andern Fälle, in welchen es sich um die Ent-
werfung eines mit deutlichen dunkeln Linien versehenen Spektrums handelt, genügt
aber nicht die einmalige Brechung in einem Prisma, weil die einzelnen Farben des so
erzeugten Spektrums theilweise sich decken, wodurch die dunkeln Linien zum Ver-
schwinden kommen. Man stellt daher in einiger Entfernung von einem engen Spalt,
der das Licht einlässt, eine Sammellinse auf. Da wo die letztere ein scharfes Bild
der Oeffnung entwirft, bringt man einen zweiten Schirm an, und unmittelbar hinter
der Linse, zwischen ihr und dem zweiten Schirm, stellt man das Prisma auf. Man
erhält dann ebenso viel scharf begrenzt neben einander liegende Bilder der Oeffnung,
als es Grade der Brechbarkeit in dem Licht giebt. Handelt es sich um genauere
Beobachtungen, so lässt man das Spektrum statt auf den zweiten Schirm unmittelbar
in ein Fernrohr fallen, welches so eingestellt wird, dass das Spektrum scharf begrenzt
erscheint.

Da wir oben die Anwendung des Hohlprismas zur Bestimmung der Brechungs-
exponenten flüssiger Substanzen erwähnt haben, so sei hier noch einer zweiten Me-
thode zum gleichen Zwecke gedacht, die theilweise auf demselben Princip beruht.
Statt in ein Hohlprisma kann man nämlich die Flüssigkeit, deren Brechungsvermögen
ermittelt werden soll, in eine Hohllinse bringen, welche dargestellt wird, indem
man in eine planparallele Glasplatte eine Höhlung macht, die in ihrer Form einer
Planconcavlinse entspricht, und darauf eine zweite planparallele Glasplatte deckt; in
die Höhlung wird die zu untersuchende Flüssigkeit gebracht. Ein ferner Gegenstand
würde durch die planparallelen Glasplatten allein in unveränderter Grösse erscheinen:
durch die dazwischen befindliche Planconvexlinse aus flüssiger Substanz wird dagegen
ein verkleinertes Bild desselben entworfen. Kennt man nun den Krümmungsradius
der Linse, so lässt sich aus der Grösse des Bildes im Vergleich mit derjenigen des
Objectes leicht mittelst der in §. 151 aufgestellten Gleichungen der Brechungsexponent
berechnen. Helmholtz hat für die brechenden Medien des Auges diese Methode
angewandt. Zur Messung sowohl des Krümmungsradius der Hohllinse wie der Grösse

Die dunkeln Linien im Spektrum.
glas in einer bestimmten Stellung die Linie E im Gelb um einen Win-
kel δ ablenkt, ein Prisma aus Flintglas mit demselben Winkel lenke
aber E um δ' ab, so sind leicht aus dem Verhältniss der Winkel δ
und δ' zu α und γ nach den Regeln des §. 144 die Brechungsindices
für beide Substanzen zu finden. Derselben Methode kann man sich
auch bedienen, um das Brechungsvermögen von Flüssigkeiten und
Gasen zu bestimmen. Man benützt zu diesem Zweck Hohlprismen,
deren Seiten aus genau planparallelen Glasplatten bestehen. Die
letzteren ändern den Gang der Lichtstrahlen nicht ab. Denn ein pa-
ralleles Strahlenbündel a b (Fig. 120), das durch die Glasplatte A
[Abbildung] Fig. 120.
sich parallel in die Richtung c d verschoben
wurde, muss durch die entgegengesetzt gerich-
tete Platte B wieder um ebenso viel nach der
entgegengesetzten Richtung verschoben werden,
so dass der austretende Strahl e f in der Ver-
längerung von a b liegt. Die wirklich statt-
findende Brechung wird daher lediglich durch
die in dem Hohlprisma befindliche Substanz
hervorgebracht.

Für den hier erörterten und alle andern Fälle, in welchen es sich um die Ent-
werfung eines mit deutlichen dunkeln Linien versehenen Spektrums handelt, genügt
aber nicht die einmalige Brechung in einem Prisma, weil die einzelnen Farben des so
erzeugten Spektrums theilweise sich decken, wodurch die dunkeln Linien zum Ver-
schwinden kommen. Man stellt daher in einiger Entfernung von einem engen Spalt,
der das Licht einlässt, eine Sammellinse auf. Da wo die letztere ein scharfes Bild
der Oeffnung entwirft, bringt man einen zweiten Schirm an, und unmittelbar hinter
der Linse, zwischen ihr und dem zweiten Schirm, stellt man das Prisma auf. Man
erhält dann ebenso viel scharf begrenzt neben einander liegende Bilder der Oeffnung,
als es Grade der Brechbarkeit in dem Licht giebt. Handelt es sich um genauere
Beobachtungen, so lässt man das Spektrum statt auf den zweiten Schirm unmittelbar
in ein Fernrohr fallen, welches so eingestellt wird, dass das Spektrum scharf begrenzt
erscheint.

Da wir oben die Anwendung des Hohlprismas zur Bestimmung der Brechungs-
exponenten flüssiger Substanzen erwähnt haben, so sei hier noch einer zweiten Me-
thode zum gleichen Zwecke gedacht, die theilweise auf demselben Princip beruht.
Statt in ein Hohlprisma kann man nämlich die Flüssigkeit, deren Brechungsvermögen
ermittelt werden soll, in eine Hohllinse bringen, welche dargestellt wird, indem
man in eine planparallele Glasplatte eine Höhlung macht, die in ihrer Form einer
Planconcavlinse entspricht, und darauf eine zweite planparallele Glasplatte deckt; in
die Höhlung wird die zu untersuchende Flüssigkeit gebracht. Ein ferner Gegenstand
würde durch die planparallelen Glasplatten allein in unveränderter Grösse erscheinen:
durch die dazwischen befindliche Planconvexlinse aus flüssiger Substanz wird dagegen
ein verkleinertes Bild desselben entworfen. Kennt man nun den Krümmungsradius
der Linse, so lässt sich aus der Grösse des Bildes im Vergleich mit derjenigen des
Objectes leicht mittelst der in §. 151 aufgestellten Gleichungen der Brechungsexponent
berechnen. Helmholtz hat für die brechenden Medien des Auges diese Methode
angewandt. Zur Messung sowohl des Krümmungsradius der Hohllinse wie der Grösse

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[245/0267] Die dunkeln Linien im Spektrum. glas in einer bestimmten Stellung die Linie E im Gelb um einen Win- kel δ ablenkt, ein Prisma aus Flintglas mit demselben Winkel lenke aber E um δ' ab, so sind leicht aus dem Verhältniss der Winkel δ und δ' zu α und γ nach den Regeln des §. 144 die Brechungsindices für beide Substanzen zu finden. Derselben Methode kann man sich auch bedienen, um das Brechungsvermögen von Flüssigkeiten und Gasen zu bestimmen. Man benützt zu diesem Zweck Hohlprismen, deren Seiten aus genau planparallelen Glasplatten bestehen. Die letzteren ändern den Gang der Lichtstrahlen nicht ab. Denn ein pa- ralleles Strahlenbündel a b (Fig. 120), das durch die Glasplatte A [Abbildung Fig. 120.] sich parallel in die Richtung c d verschoben wurde, muss durch die entgegengesetzt gerich- tete Platte B wieder um ebenso viel nach der entgegengesetzten Richtung verschoben werden, so dass der austretende Strahl e f in der Ver- längerung von a b liegt. Die wirklich statt- findende Brechung wird daher lediglich durch die in dem Hohlprisma befindliche Substanz hervorgebracht. Für den hier erörterten und alle andern Fälle, in welchen es sich um die Ent- werfung eines mit deutlichen dunkeln Linien versehenen Spektrums handelt, genügt aber nicht die einmalige Brechung in einem Prisma, weil die einzelnen Farben des so erzeugten Spektrums theilweise sich decken, wodurch die dunkeln Linien zum Ver- schwinden kommen. Man stellt daher in einiger Entfernung von einem engen Spalt, der das Licht einlässt, eine Sammellinse auf. Da wo die letztere ein scharfes Bild der Oeffnung entwirft, bringt man einen zweiten Schirm an, und unmittelbar hinter der Linse, zwischen ihr und dem zweiten Schirm, stellt man das Prisma auf. Man erhält dann ebenso viel scharf begrenzt neben einander liegende Bilder der Oeffnung, als es Grade der Brechbarkeit in dem Licht giebt. Handelt es sich um genauere Beobachtungen, so lässt man das Spektrum statt auf den zweiten Schirm unmittelbar in ein Fernrohr fallen, welches so eingestellt wird, dass das Spektrum scharf begrenzt erscheint. Da wir oben die Anwendung des Hohlprismas zur Bestimmung der Brechungs- exponenten flüssiger Substanzen erwähnt haben, so sei hier noch einer zweiten Me- thode zum gleichen Zwecke gedacht, die theilweise auf demselben Princip beruht. Statt in ein Hohlprisma kann man nämlich die Flüssigkeit, deren Brechungsvermögen ermittelt werden soll, in eine Hohllinse bringen, welche dargestellt wird, indem man in eine planparallele Glasplatte eine Höhlung macht, die in ihrer Form einer Planconcavlinse entspricht, und darauf eine zweite planparallele Glasplatte deckt; in die Höhlung wird die zu untersuchende Flüssigkeit gebracht. Ein ferner Gegenstand würde durch die planparallelen Glasplatten allein in unveränderter Grösse erscheinen: durch die dazwischen befindliche Planconvexlinse aus flüssiger Substanz wird dagegen ein verkleinertes Bild desselben entworfen. Kennt man nun den Krümmungsradius der Linse, so lässt sich aus der Grösse des Bildes im Vergleich mit derjenigen des Objectes leicht mittelst der in §. 151 aufgestellten Gleichungen der Brechungsexponent berechnen. Helmholtz hat für die brechenden Medien des Auges diese Methode angewandt. Zur Messung sowohl des Krümmungsradius der Hohllinse wie der Grösse

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/267>, abgerufen am 26.04.2024.