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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von dem Lichte.
ein solches, indem man die obere und untere Endfläche a c e f und
b g h d (Fig. 169) eines natürlichen Kalkspathkrystalls, von denen
[Abbildung] Fig. 169.
die erstere mit der Kante e d, die zweite mit
der Kante a g einen Winkel von 71° bildet, so
zuschleift, dass diese Winkel nur noch etwa 68°
betragen. Hierauf wird der Krystall in einer Ebene,
die zu dem Hauptschnitt a e d g und zugleich
zu den geschliffenen Endflächen a c e f und
b g h d senkrecht ist, durchschnitten. Die so
gelegte Durchschnittsebene trifft die Endflächen
c e d b und a f h g in u v und x y. Der ganze
Krystall ist auf diese Weise in zwei Prismen
zerlegt, denen man durch weiteres Zuschleifen
noch die vollständige Prismenform giebt. In der
Durchschnittsebene u v x y werden dann beide
[Abbildung] Fig. 170.
Prismen durch Canadabalsam an einander gekittet und in
eine innen geschwärzte Messinghülse (h h Fig. 171) ge-
fasst. Lässt man auf die eine Endfläche eines auf die
angegebene Weise hergestellten Nicol'schen Prismas einen
Strahl a b (Fig. 170) fallen, so theilt sich derselbe zu-
nächst bei b in den ordentlichen Strahl b e' und in den
ausserordentlichen b e: bei e' erfährt der ordentliche Strahl
an dem Canadabalsam, dessen Brechungsindex kleiner als
derjenige des Kalkspaths für den ordentlichen Strahl ist,
eine totale Reflexion nach e' f und wird hier von der ge-
schwärzten Fassung des Nicol's absorbirt; der ausserordent-
liche Strahl wird aber nach e g und dann nach g h in
eine seiner ursprünglichen parallele Richtung gebrochen.

[Abbildung] Fig. 171.

Indem man den Kalkspath auseinanderschneidet und in dem Ca-
nadabalsam ein Medium zwischen die getrennten Hälften bringt, dessen
Brechungsindex kleiner ist als derjenige des ordentlichen Strahls, macht
man eine totale Reflexion des letzteren an der Grenze jenes schwächer
brechenden Mediums möglich. Es muss zu diesem Zweck nur der Strahl
auf die Grenze u v (Fig. 170) unter einem Winkel auffallen, der min-
destens gleich dem Grenzwinkel ist; als Grenzwinkel haben wir
aber in §. 141 denjenigen bestimmt, dessen Sinus gleich [Formel 1] , wenn
n den Brechungsindex des dichteren und n' denjenigen des dünneren
Mediums bedeutet. Nun haben wir den Brechungsindex n des ordent-
lichen Strahls für Kalkspath bereits zu 1,6583 angegeben; der Bre-
chungsindex des Canadabalsams ist = 1,549. Aus sin. [Formel 2]
folgt aber a = 69° 4'. Man muss also Sorge tragen, dass ein auf das
Prisma fallender Strahl a b (Fig. 171) die Grenze u v mindestens unter
einem Winkel von 69° 4' trifft. Damit dies erreicht werde, muss

Von dem Lichte.
ein solches, indem man die obere und untere Endfläche a c e f und
b g h d (Fig. 169) eines natürlichen Kalkspathkrystalls, von denen
[Abbildung] Fig. 169.
die erstere mit der Kante e d, die zweite mit
der Kante a g einen Winkel von 71° bildet, so
zuschleift, dass diese Winkel nur noch etwa 68°
betragen. Hierauf wird der Krystall in einer Ebene,
die zu dem Hauptschnitt a e d g und zugleich
zu den geschliffenen Endflächen a c e f und
b g h d senkrecht ist, durchschnitten. Die so
gelegte Durchschnittsebene trifft die Endflächen
c e d b und a f h g in u v und x y. Der ganze
Krystall ist auf diese Weise in zwei Prismen
zerlegt, denen man durch weiteres Zuschleifen
noch die vollständige Prismenform giebt. In der
Durchschnittsebene u v x y werden dann beide
[Abbildung] Fig. 170.
Prismen durch Canadabalsam an einander gekittet und in
eine innen geschwärzte Messinghülse (h h Fig. 171) ge-
fasst. Lässt man auf die eine Endfläche eines auf die
angegebene Weise hergestellten Nicol’schen Prismas einen
Strahl a b (Fig. 170) fallen, so theilt sich derselbe zu-
nächst bei b in den ordentlichen Strahl b e' und in den
ausserordentlichen b e: bei e' erfährt der ordentliche Strahl
an dem Canadabalsam, dessen Brechungsindex kleiner als
derjenige des Kalkspaths für den ordentlichen Strahl ist,
eine totale Reflexion nach e' f und wird hier von der ge-
schwärzten Fassung des Nicol’s absorbirt; der ausserordent-
liche Strahl wird aber nach e g und dann nach g h in
eine seiner ursprünglichen parallele Richtung gebrochen.

[Abbildung] Fig. 171.

Indem man den Kalkspath auseinanderschneidet und in dem Ca-
nadabalsam ein Medium zwischen die getrennten Hälften bringt, dessen
Brechungsindex kleiner ist als derjenige des ordentlichen Strahls, macht
man eine totale Reflexion des letzteren an der Grenze jenes schwächer
brechenden Mediums möglich. Es muss zu diesem Zweck nur der Strahl
auf die Grenze u v (Fig. 170) unter einem Winkel auffallen, der min-
destens gleich dem Grenzwinkel ist; als Grenzwinkel haben wir
aber in §. 141 denjenigen bestimmt, dessen Sinus gleich [Formel 1] , wenn
n den Brechungsindex des dichteren und n' denjenigen des dünneren
Mediums bedeutet. Nun haben wir den Brechungsindex n des ordent-
lichen Strahls für Kalkspath bereits zu 1,6583 angegeben; der Bre-
chungsindex des Canadabalsams ist = 1,549. Aus sin. [Formel 2]
folgt aber α = 69° 4'. Man muss also Sorge tragen, dass ein auf das
Prisma fallender Strahl a b (Fig. 171) die Grenze u v mindestens unter
einem Winkel von 69° 4' trifft. Damit dies erreicht werde, muss

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[338/0360] Von dem Lichte. ein solches, indem man die obere und untere Endfläche a c e f und b g h d (Fig. 169) eines natürlichen Kalkspathkrystalls, von denen [Abbildung Fig. 169.] die erstere mit der Kante e d, die zweite mit der Kante a g einen Winkel von 71° bildet, so zuschleift, dass diese Winkel nur noch etwa 68° betragen. Hierauf wird der Krystall in einer Ebene, die zu dem Hauptschnitt a e d g und zugleich zu den geschliffenen Endflächen a c e f und b g h d senkrecht ist, durchschnitten. Die so gelegte Durchschnittsebene trifft die Endflächen c e d b und a f h g in u v und x y. Der ganze Krystall ist auf diese Weise in zwei Prismen zerlegt, denen man durch weiteres Zuschleifen noch die vollständige Prismenform giebt. In der Durchschnittsebene u v x y werden dann beide [Abbildung Fig. 170.] Prismen durch Canadabalsam an einander gekittet und in eine innen geschwärzte Messinghülse (h h Fig. 171) ge- fasst. Lässt man auf die eine Endfläche eines auf die angegebene Weise hergestellten Nicol’schen Prismas einen Strahl a b (Fig. 170) fallen, so theilt sich derselbe zu- nächst bei b in den ordentlichen Strahl b e' und in den ausserordentlichen b e: bei e' erfährt der ordentliche Strahl an dem Canadabalsam, dessen Brechungsindex kleiner als derjenige des Kalkspaths für den ordentlichen Strahl ist, eine totale Reflexion nach e' f und wird hier von der ge- schwärzten Fassung des Nicol’s absorbirt; der ausserordent- liche Strahl wird aber nach e g und dann nach g h in eine seiner ursprünglichen parallele Richtung gebrochen. [Abbildung Fig. 171.] Indem man den Kalkspath auseinanderschneidet und in dem Ca- nadabalsam ein Medium zwischen die getrennten Hälften bringt, dessen Brechungsindex kleiner ist als derjenige des ordentlichen Strahls, macht man eine totale Reflexion des letzteren an der Grenze jenes schwächer brechenden Mediums möglich. Es muss zu diesem Zweck nur der Strahl auf die Grenze u v (Fig. 170) unter einem Winkel auffallen, der min- destens gleich dem Grenzwinkel ist; als Grenzwinkel haben wir aber in §. 141 denjenigen bestimmt, dessen Sinus gleich [FORMEL], wenn n den Brechungsindex des dichteren und n' denjenigen des dünneren Mediums bedeutet. Nun haben wir den Brechungsindex n des ordent- lichen Strahls für Kalkspath bereits zu 1,6583 angegeben; der Bre- chungsindex des Canadabalsams ist = 1,549. Aus sin. [FORMEL] folgt aber α = 69° 4'. Man muss also Sorge tragen, dass ein auf das Prisma fallender Strahl a b (Fig. 171) die Grenze u v mindestens unter einem Winkel von 69° 4' trifft. Damit dies erreicht werde, muss

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/360>, abgerufen am 26.04.2024.