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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Fortpflanzung der Wärme.
[Abbildung] Fig. 193.
während man die Temperatur der an-
deren ungeändert lässt, so entsteht in
einem die Enden a und b der zusam-
mengelötheten Stäbchen verbindenden
Drahte, ein elektrischer Strom, der
von b nach a gerichtet ist, und der,
wenn man den Draht um eine leicht
drehbare Magnetnadel n s herumführt,
den Nordpol der letzteren nach Osten
ablenkt. Erwärmt man umgekehrt die
Löthstellen 2, 4, so entsteht ein von a
nach b gerichteter Strom, der den Nordpol der Magnetnadel nach
Westen ablenkt. Die Grösse dieser Ablenkungen wächst mit dem
Temperaturunterschied der Löthstellen 1, 3, 5 und 2, 4. Man kann
leicht die Ablenkungen, welche bestimmten Temperaturunterschieden
der Löthstellen entsprechen, an einem gegebenen Apparat ein für alle-
mal empirisch bestimmen. Ist dies geschehen, so besitzt man in der
Thermosäule und dem Thermomultiplicator ausserordentlich feine und
rasche Hülfsmittel für die Messung von Temperaturen. Man hält zu
diesem Zweck die Löthstellen 2, 4 auf einer constanten Temperatur.
Werden nun die Löthstellen 1, 3, 5 von strahlender Wärme getroffen,
oder berühren dieselben einen Körper von bestimmter Temperatur, so
wird durch den Ausschlag der Magnetnadel alsbald der Temperatur-
grad angezeigt.

Um die Empfindlichkeit des thermoelektrischen Apparats zu erhöhen, führt man
den die Enden a und b der Thermosäule verbindenden Draht in mehrfachen Windun-
gen um die Magnetnadel n s und wendet statt der letzteren zwei fest mit einander
verbundene Nadeln an, deren Pole die entgegengesetzte Lage besitzen, um die Richt-
kraft des Erdmagnetismus zu vermindern (vgl. §. 340). Der Thermosäule ist eine
sehr verschiedene Form gegeben worden. Im Allgemeinen muss dabei eine grössere
Zahl solcher Elemente, wie in Fig. 193 deren drei abgebildet sind, vereinigt werden.
Zu den Versuchen über strahlende Wärme brachte Melloni die Thermosäule in ein
parallelepipedisches Kästchen, so dass die eine Reihe der Lothstellen (1, 3, 5) den
Wärmestrahlen zugekehrt, die andere (2, 4) von denselben abgekehrt war. Es wurde
dann das die Thermosäule enthaltende Kästchen auf einer Messingsäule befestigt. Vor
ihr war ein Schirm angebracht, der in der Mitte eine Oeffnung zum Durchlassen der
Wärmestrahlen besass. In einiger Entfernung von dieser Oeffnung befand sich die
Wärmequelle, ausserdem befand sich vor der Thermosäule ein Tischchen, um auf das-
selbe Körper zu stellen, deren Leitungsfähigkeit für strahlende Wärme untersucht
werden sollte. Diese verschiedenen Theile des Apparats konnten auf einem Maassstab
beliebig gegen einander verschoben werden.

Wo es sich um die Untersuchung der geleiteten Wärme handelt, ist die Ein-
richtung des Versuchs eine viel einfachere; doch bedarf man hier im Allgemeinen
eines empfindlicheren Thermomultiplicators, da die Löthstellen der Metalle meistens
nur an einem sehr begrenzten Ort applicirt werden sollen, und desshalb nur sehr

Fortpflanzung der Wärme.
[Abbildung] Fig. 193.
während man die Temperatur der an-
deren ungeändert lässt, so entsteht in
einem die Enden a und b der zusam-
mengelötheten Stäbchen verbindenden
Drahte, ein elektrischer Strom, der
von b nach a gerichtet ist, und der,
wenn man den Draht um eine leicht
drehbare Magnetnadel n s herumführt,
den Nordpol der letzteren nach Osten
ablenkt. Erwärmt man umgekehrt die
Löthstellen 2, 4, so entsteht ein von a
nach b gerichteter Strom, der den Nordpol der Magnetnadel nach
Westen ablenkt. Die Grösse dieser Ablenkungen wächst mit dem
Temperaturunterschied der Löthstellen 1, 3, 5 und 2, 4. Man kann
leicht die Ablenkungen, welche bestimmten Temperaturunterschieden
der Löthstellen entsprechen, an einem gegebenen Apparat ein für alle-
mal empirisch bestimmen. Ist dies geschehen, so besitzt man in der
Thermosäule und dem Thermomultiplicator ausserordentlich feine und
rasche Hülfsmittel für die Messung von Temperaturen. Man hält zu
diesem Zweck die Löthstellen 2, 4 auf einer constanten Temperatur.
Werden nun die Löthstellen 1, 3, 5 von strahlender Wärme getroffen,
oder berühren dieselben einen Körper von bestimmter Temperatur, so
wird durch den Ausschlag der Magnetnadel alsbald der Temperatur-
grad angezeigt.

Um die Empfindlichkeit des thermoelektrischen Apparats zu erhöhen, führt man
den die Enden a und b der Thermosäule verbindenden Draht in mehrfachen Windun-
gen um die Magnetnadel n s und wendet statt der letzteren zwei fest mit einander
verbundene Nadeln an, deren Pole die entgegengesetzte Lage besitzen, um die Richt-
kraft des Erdmagnetismus zu vermindern (vgl. §. 340). Der Thermosäule ist eine
sehr verschiedene Form gegeben worden. Im Allgemeinen muss dabei eine grössere
Zahl solcher Elemente, wie in Fig. 193 deren drei abgebildet sind, vereinigt werden.
Zu den Versuchen über strahlende Wärme brachte Melloni die Thermosäule in ein
parallelepipedisches Kästchen, so dass die eine Reihe der Lothstellen (1, 3, 5) den
Wärmestrahlen zugekehrt, die andere (2, 4) von denselben abgekehrt war. Es wurde
dann das die Thermosäule enthaltende Kästchen auf einer Messingsäule befestigt. Vor
ihr war ein Schirm angebracht, der in der Mitte eine Oeffnung zum Durchlassen der
Wärmestrahlen besass. In einiger Entfernung von dieser Oeffnung befand sich die
Wärmequelle, ausserdem befand sich vor der Thermosäule ein Tischchen, um auf das-
selbe Körper zu stellen, deren Leitungsfähigkeit für strahlende Wärme untersucht
werden sollte. Diese verschiedenen Theile des Apparats konnten auf einem Maassstab
beliebig gegen einander verschoben werden.

Wo es sich um die Untersuchung der geleiteten Wärme handelt, ist die Ein-
richtung des Versuchs eine viel einfachere; doch bedarf man hier im Allgemeinen
eines empfindlicheren Thermomultiplicators, da die Löthstellen der Metalle meistens
nur an einem sehr begrenzten Ort applicirt werden sollen, und desshalb nur sehr

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[407/0429] Fortpflanzung der Wärme. [Abbildung Fig. 193.] während man die Temperatur der an- deren ungeändert lässt, so entsteht in einem die Enden a und b der zusam- mengelötheten Stäbchen verbindenden Drahte, ein elektrischer Strom, der von b nach a gerichtet ist, und der, wenn man den Draht um eine leicht drehbare Magnetnadel n s herumführt, den Nordpol der letzteren nach Osten ablenkt. Erwärmt man umgekehrt die Löthstellen 2, 4, so entsteht ein von a nach b gerichteter Strom, der den Nordpol der Magnetnadel nach Westen ablenkt. Die Grösse dieser Ablenkungen wächst mit dem Temperaturunterschied der Löthstellen 1, 3, 5 und 2, 4. Man kann leicht die Ablenkungen, welche bestimmten Temperaturunterschieden der Löthstellen entsprechen, an einem gegebenen Apparat ein für alle- mal empirisch bestimmen. Ist dies geschehen, so besitzt man in der Thermosäule und dem Thermomultiplicator ausserordentlich feine und rasche Hülfsmittel für die Messung von Temperaturen. Man hält zu diesem Zweck die Löthstellen 2, 4 auf einer constanten Temperatur. Werden nun die Löthstellen 1, 3, 5 von strahlender Wärme getroffen, oder berühren dieselben einen Körper von bestimmter Temperatur, so wird durch den Ausschlag der Magnetnadel alsbald der Temperatur- grad angezeigt. Um die Empfindlichkeit des thermoelektrischen Apparats zu erhöhen, führt man den die Enden a und b der Thermosäule verbindenden Draht in mehrfachen Windun- gen um die Magnetnadel n s und wendet statt der letzteren zwei fest mit einander verbundene Nadeln an, deren Pole die entgegengesetzte Lage besitzen, um die Richt- kraft des Erdmagnetismus zu vermindern (vgl. §. 340). Der Thermosäule ist eine sehr verschiedene Form gegeben worden. Im Allgemeinen muss dabei eine grössere Zahl solcher Elemente, wie in Fig. 193 deren drei abgebildet sind, vereinigt werden. Zu den Versuchen über strahlende Wärme brachte Melloni die Thermosäule in ein parallelepipedisches Kästchen, so dass die eine Reihe der Lothstellen (1, 3, 5) den Wärmestrahlen zugekehrt, die andere (2, 4) von denselben abgekehrt war. Es wurde dann das die Thermosäule enthaltende Kästchen auf einer Messingsäule befestigt. Vor ihr war ein Schirm angebracht, der in der Mitte eine Oeffnung zum Durchlassen der Wärmestrahlen besass. In einiger Entfernung von dieser Oeffnung befand sich die Wärmequelle, ausserdem befand sich vor der Thermosäule ein Tischchen, um auf das- selbe Körper zu stellen, deren Leitungsfähigkeit für strahlende Wärme untersucht werden sollte. Diese verschiedenen Theile des Apparats konnten auf einem Maassstab beliebig gegen einander verschoben werden. Wo es sich um die Untersuchung der geleiteten Wärme handelt, ist die Ein- richtung des Versuchs eine viel einfachere; doch bedarf man hier im Allgemeinen eines empfindlicheren Thermomultiplicators, da die Löthstellen der Metalle meistens nur an einem sehr begrenzten Ort applicirt werden sollen, und desshalb nur sehr

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/429>, abgerufen am 26.04.2024.