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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].

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Der Morgen.
Und die Güte des Herzens in halben Worten erst stam-
melt.

Schalkhaft legt sie es hin zu ihrem Vater, und rauschet
Hinter den Vorhang zurück, die süsse Scene zn sehen.
Das holdselige Kind schlingt sich mit schmeichelnden Ar-
men

Um den Vater, und wecket ihn auf mit Küssen und
Plappern.

Plötzlich erwacht er, und sucht die Geliebte vergebens;
dann drückt er

Seine kleine Buhlerin an sich, und küßt mit Entzücken
Alle die Reize der Mutter, die hier im Kleinen sich
bilden.

Und nun kan sich die Mutter nicht mehr verbergen; sie
stürzt sich

Jn des Geliebten zärtlichen Arm, und schmilzt in Ent-
zückung,

Und indem sie das Kind vom liebenden Vater zurück-
nimmt,

Zittert die Thräne des Danks aus fröhlichweinendem
Auge.

Bald drauf hat sich in leichtes Gewand der Vater ge-
worfen,

Und geniesset des Morgens mit ihr. Sie wandeln zu-
sammen

Unter dem laubichten Dach der alten wirthbaren Lin-
den;

Oder

Der Morgen.
Und die Guͤte des Herzens in halben Worten erſt ſtam-
melt.

Schalkhaft legt ſie es hin zu ihrem Vater, und rauſchet
Hinter den Vorhang zuruͤck, die ſuͤſſe Scene zn ſehen.
Das holdſelige Kind ſchlingt ſich mit ſchmeichelnden Ar-
men

Um den Vater, und wecket ihn auf mit Kuͤſſen und
Plappern.

Ploͤtzlich erwacht er, und ſucht die Geliebte vergebens;
dann druͤckt er

Seine kleine Buhlerin an ſich, und kuͤßt mit Entzuͤcken
Alle die Reize der Mutter, die hier im Kleinen ſich
bilden.

Und nun kan ſich die Mutter nicht mehr verbergen; ſie
ſtuͤrzt ſich

Jn des Geliebten zaͤrtlichen Arm, und ſchmilzt in Ent-
zuͤckung,

Und indem ſie das Kind vom liebenden Vater zuruͤck-
nimmt,

Zittert die Thraͤne des Danks aus froͤhlichweinendem
Auge.

Bald drauf hat ſich in leichtes Gewand der Vater ge-
worfen,

Und genieſſet des Morgens mit ihr. Sie wandeln zu-
ſammen

Unter dem laubichten Dach der alten wirthbaren Lin-
den;

Oder
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[29/0037] Der Morgen. Und die Guͤte des Herzens in halben Worten erſt ſtam- melt. Schalkhaft legt ſie es hin zu ihrem Vater, und rauſchet Hinter den Vorhang zuruͤck, die ſuͤſſe Scene zn ſehen. Das holdſelige Kind ſchlingt ſich mit ſchmeichelnden Ar- men Um den Vater, und wecket ihn auf mit Kuͤſſen und Plappern. Ploͤtzlich erwacht er, und ſucht die Geliebte vergebens; dann druͤckt er Seine kleine Buhlerin an ſich, und kuͤßt mit Entzuͤcken Alle die Reize der Mutter, die hier im Kleinen ſich bilden. Und nun kan ſich die Mutter nicht mehr verbergen; ſie ſtuͤrzt ſich Jn des Geliebten zaͤrtlichen Arm, und ſchmilzt in Ent- zuͤckung, Und indem ſie das Kind vom liebenden Vater zuruͤck- nimmt, Zittert die Thraͤne des Danks aus froͤhlichweinendem Auge. Bald drauf hat ſich in leichtes Gewand der Vater ge- worfen, Und genieſſet des Morgens mit ihr. Sie wandeln zu- ſammen Unter dem laubichten Dach der alten wirthbaren Lin- den; Oder

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/37>, abgerufen am 26.04.2024.