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Zeiller, Martin: Centuria II. Variarvm Quæstionum. Bd. 2. Ulm, 1659.

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Die XXXVI. Frag.
der Gesätz nicht gäch/ und auff einmal/ sondern
allgemach/ schreiten/ und dieselbe gleichsam still-
schweigend abgehen lassen.

Was das Ander anbelangt/ so wollen Theils/
daß die Menschliche Gesätz das Gewissen nicht
binden; dieweil das Gewissen mit Gott/ und nicht
mit den Menschen/ zu thun hat: Daher auch der
Unterschied unter dem Jrrdischen/ und dem Ge-
wissens-Gericht; item/ unter dem Weltlichen/
und Göttlichen Recht/ entstanden. Hergegen An-
dere Ja sagen/ und zwar darum 1. dieweil die
Menschliche Gesätz von dem Göttlichen hergelei-
tet werden. 2. Wer sich der Obrigkeit widersetzt/
der widerstrebt Gottes Ordnung. 3. Dieweil die
Hochheit der Fürsten auff einem schlüpfferigen
Grund stünde/ wann man nicht sagen wolte/ daß
dieselbe durch den Willen GOttes unterstützet
würde. Diese beede Meinungen zu vergleichen/ so
ist 1. zu wissen/ daß einer Weltlichen Obrigkeit
nicht gebüret/ mit ihren Geboten/ von dem Ge-
horsam Gottes/ zu verleiten. Dann in solchem
Fall heist es/ man muß GOtt mehr gehorchen/
als den Menschen. 2. muß man die Gesätz unter-
scheiden. Dann etliche kommen her aus dem Gött-
lichen/ und Natürlichen Recht: Etliche aber seyn
von solchen Sachen gemacht worden/ die weder in
Göttlichem/ noch Natürlichem Recht/ ausdrück-
lich verbotten. Die Ersten verbinden das Gewis-
sen ohnfehlbarlich. Die Andern thun zwar solches

auch/
J

Die XXXVI. Frag.
der Geſaͤtz nicht gaͤch/ und auff einmal/ ſondern
allgemach/ ſchreiten/ und dieſelbe gleichſam ſtill-
ſchweigend abgehen laſſen.

Was das Ander anbelangt/ ſo wollen Theils/
daß die Menſchliche Geſaͤtz das Gewiſſen nicht
binden; dieweil das Gewiſſen mit Gott/ und nicht
mit den Menſchen/ zu thun hat: Daher auch der
Unterſchied unter dem Jrrdiſchen/ und dem Ge-
wiſſens-Gericht; item/ unter dem Weltlichen/
und Goͤttlichen Recht/ entſtanden. Hergegen An-
dere Ja ſagen/ und zwar darum 1. dieweil die
Menſchliche Geſaͤtz von dem Goͤttlichen hergelei-
tet werden. 2. Wer ſich der Obrigkeit widerſetzt/
der widerſtrebt Gottes Ordnung. 3. Dieweil die
Hochheit der Fuͤrſten auff einem ſchluͤpfferigen
Grund ſtuͤnde/ wann man nicht ſagen wolte/ daß
dieſelbe durch den Willen GOttes unterſtuͤtzet
wuͤrde. Dieſe beede Meinungen zu vergleichen/ ſo
iſt 1. zu wiſſen/ daß einer Weltlichen Obrigkeit
nicht gebuͤret/ mit ihren Geboten/ von dem Ge-
horſam Gottes/ zu verleiten. Dann in ſolchem
Fall heiſt es/ man muß GOtt mehr gehorchen/
als den Menſchen. 2. muß man die Geſaͤtz unter-
ſcheiden. Dann etliche kommen her aus dem Goͤtt-
lichen/ und Natuͤrlichen Recht: Etliche aber ſeyn
von ſolchen Sachen gemacht worden/ die weder in
Goͤttlichem/ noch Natuͤrlichem Recht/ ausdruͤck-
lich verbotten. Die Erſten verbinden das Gewiſ-
ſen ohnfehlbarlich. Die Andern thun zwar ſolches

auch/
J
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[129/0157] Die XXXVI. Frag. der Geſaͤtz nicht gaͤch/ und auff einmal/ ſondern allgemach/ ſchreiten/ und dieſelbe gleichſam ſtill- ſchweigend abgehen laſſen. Was das Ander anbelangt/ ſo wollen Theils/ daß die Menſchliche Geſaͤtz das Gewiſſen nicht binden; dieweil das Gewiſſen mit Gott/ und nicht mit den Menſchen/ zu thun hat: Daher auch der Unterſchied unter dem Jrrdiſchen/ und dem Ge- wiſſens-Gericht; item/ unter dem Weltlichen/ und Goͤttlichen Recht/ entſtanden. Hergegen An- dere Ja ſagen/ und zwar darum 1. dieweil die Menſchliche Geſaͤtz von dem Goͤttlichen hergelei- tet werden. 2. Wer ſich der Obrigkeit widerſetzt/ der widerſtrebt Gottes Ordnung. 3. Dieweil die Hochheit der Fuͤrſten auff einem ſchluͤpfferigen Grund ſtuͤnde/ wann man nicht ſagen wolte/ daß dieſelbe durch den Willen GOttes unterſtuͤtzet wuͤrde. Dieſe beede Meinungen zu vergleichen/ ſo iſt 1. zu wiſſen/ daß einer Weltlichen Obrigkeit nicht gebuͤret/ mit ihren Geboten/ von dem Ge- horſam Gottes/ zu verleiten. Dann in ſolchem Fall heiſt es/ man muß GOtt mehr gehorchen/ als den Menſchen. 2. muß man die Geſaͤtz unter- ſcheiden. Dann etliche kommen her aus dem Goͤtt- lichen/ und Natuͤrlichen Recht: Etliche aber ſeyn von ſolchen Sachen gemacht worden/ die weder in Goͤttlichem/ noch Natuͤrlichem Recht/ ausdruͤck- lich verbotten. Die Erſten verbinden das Gewiſ- ſen ohnfehlbarlich. Die Andern thun zwar ſolches auch/ J

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Zitationshilfe: Zeiller, Martin: Centuria II. Variarvm Quæstionum. Bd. 2. Ulm, 1659, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zeiller_centuria02_1659/157>, abgerufen am 27.04.2024.