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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Kurtzbündige
trem deferebat, non quidem, ut proditor, sed ut filius,
Deo & parentibus debitam pietatem & obedientiam
praestans. Erat enim eo nomine charus patri, quod
ex charissima conjuge Rachele natus esset, multis &
diuturnis votis expetitus, videlicet anno aetatis Jacobi
91, &c.

Aber alles dieses erklähret Gad/ in seinem Letzten
willen/ unter andern noch deutlicher. Josef/ sagt er/
hühtete mit uns der heerde/ ohngefähr dreissig tage
lang. Weil er aber sehr zahrt und spilde war/ so ward
er/ der großen hitze wegen/ krank. Und darüm ging er
wieder nach
Hebron/ zu seinem vater: welcher ihn bei
sich behielt; dan er hatte ihn lieb.
Josef aber sagte sei-
nem vater daß die kinder der
Bella und Selfa das guht
unnützlich durchbrächten und verprasseten/ daß es Ru-
ben und
Judah nicht wüsten. Dan er hatte gesehen/ daß
ich ein Lam aus eines bähren rachen/ den ich todt schlug/
gezogen/ und das lam geschlachtet/ weil es doch darüber
ich betrübt war/ nicht länger leben konte. Dasselbe ver-
zehrte ich mit meinen brüdern: und er verriet uns bei
dem vater. Solches vertrugen wir so lange/ bis er in

Egipten verkauft ward. Und der geist des hasses besaß
mich so sehr/ daß ich den
Josef weder sehen/ noch hö-
ren mochte. Dan er bestrafte uns öffendlich/ daß wir
das Lam/ ohne
Judah/ gegessen. Auch gleubte der va-
ter alles/ was er sagte. Aber nun/ meine Kinder/ be-
kenne ich meine sünden: der ich vielmahls den vorsatz
gehabt ihn zu tödten. Dan ich hassete ihn mit gantzem
hertzen: und trug ihm gantz keine barmhertzigkeit zu.
Ja üm seine treume hassete ich ihn dermaßen/ daß
ich auch trachtete ihn zu tödten/ und zu verschlingen/
gleichwie ein kalb das graß von der erde verschlinget.
Und darüm verkauften wir auch ihn/ ich und
Judah/ den
Ismaelern vor dreissig silberlinge: davon wir zehen die-
bischer weise behielten/ und nicht mehr als zwantzig un-
sern brüdern wiesen. Ja ich war so geldgeitzig/ daß ich
ihn üm ein stükke geldes wohl wolte ermordet haben.
Aber der Gott unserer väter errettete ihn aus meinen
händen/ damit ich nichts gottloses voldringen möchte/

u. a. m. Dieses habe ich zuletzt erkant/ nachdem ich/ üm

Josefs

Kurtzbuͤndige
trem deferebat, non quidem, ut proditor, ſed ut filius,
Deo & parentibus debitam pietatem & obedientiam
præſtans. Erat enim eo nomine charus patri, quòd
ex chariſſima conjuge Rachele natus eſſet, multis &
diuturnis votis expetitus, videlicet anno ætatis Jacobi
91, &c.

Aber alles dieſes erklaͤhret Gad/ in ſeinem Letzten
willen/ unter andern noch deutlicher. Joſef/ ſagt er/
huͤhtete mit uns der heerde/ ohngefaͤhr dreiſſig tage
lang. Weil er aber ſehr zahrt und ſpilde war/ ſo ward
er/ der großen hitze wegen/ krank. Und daruͤm ging er
wieder nach
Hebron/ zu ſeinem vater: welcher ihn bei
ſich behielt; dan er hatte ihn lieb.
Joſef aber ſagte ſei-
nem vater daß die kinder der
Bella und Selfa das guht
unnuͤtzlich durchbraͤchten und verpraſſeten/ daß es Ru-
ben und
Judah nicht wuͤſten. Dan er hatte geſehen/ daß
ich ein Lam aus eines baͤhren rachen/ den ich todt ſchlug/
gezogen/ und das lam geſchlachtet/ weil es doch daruͤber
ich betruͤbt war/ nicht laͤnger leben konte. Daſſelbe ver-
zehrte ich mit meinen bruͤdern: und er verriet uns bei
dem vater. Solches vertrugen wir ſo lange/ bis er in

Egipten verkauft ward. Und der geiſt des haſſes beſaß
mich ſo ſehr/ daß ich den
Joſef weder ſehen/ noch hoͤ-
ren mochte. Dan er beſtrafte uns oͤffendlich/ daß wir
das Lam/ ohne
Judah/ gegeſſen. Auch gleubte der va-
ter alles/ was er ſagte. Aber nun/ meine Kinder/ be-
kenne ich meine ſuͤnden: der ich vielmahls den vorſatz
gehabt ihn zu toͤdten. Dan ich haſſete ihn mit gantzem
hertzen: und trug ihm gantz keine barmhertzigkeit zu.
Ja uͤm ſeine treume haſſete ich ihn dermaßen/ daß
ich auch trachtete ihn zu toͤdten/ und zu verſchlingen/
gleichwie ein kalb das graß von der erde verſchlinget.
Und daruͤm verkauften wir auch ihn/ ich und
Judah/ den
Iſmaelern vor dreiſſig ſilberlinge: davon wir zehen die-
biſcher weiſe behielten/ und nicht mehr als zwantzig un-
ſern bruͤdern wieſen. Ja ich war ſo geldgeitzig/ daß ich
ihn uͤm ein ſtuͤkke geldes wohl wolte ermordet haben.
Aber der Gott unſerer vaͤter errettete ihn aus meinen
haͤnden/ damit ich nichts gottloſes voldringen moͤchte/

u. a. m. Dieſes habe ich zuletzt erkant/ nachdem ich/ uͤm

Joſefs
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[426/0450] Kurtzbuͤndige trem deferebat, non quidem, ut proditor, ſed ut filius, Deo & parentibus debitam pietatem & obedientiam præſtans. Erat enim eo nomine charus patri, quòd ex chariſſima conjuge Rachele natus eſſet, multis & diuturnis votis expetitus, videlicet anno ætatis Jacobi 91, &c. Aber alles dieſes erklaͤhret Gad/ in ſeinem Letzten willen/ unter andern noch deutlicher. Joſef/ ſagt er/ huͤhtete mit uns der heerde/ ohngefaͤhr dreiſſig tage lang. Weil er aber ſehr zahrt und ſpilde war/ ſo ward er/ der großen hitze wegen/ krank. Und daruͤm ging er wieder nach Hebron/ zu ſeinem vater: welcher ihn bei ſich behielt; dan er hatte ihn lieb. Joſef aber ſagte ſei- nem vater daß die kinder der Bella und Selfa das guht unnuͤtzlich durchbraͤchten und verpraſſeten/ daß es Ru- ben und Judah nicht wuͤſten. Dan er hatte geſehen/ daß ich ein Lam aus eines baͤhren rachen/ den ich todt ſchlug/ gezogen/ und das lam geſchlachtet/ weil es doch daruͤber ich betruͤbt war/ nicht laͤnger leben konte. Daſſelbe ver- zehrte ich mit meinen bruͤdern: und er verriet uns bei dem vater. Solches vertrugen wir ſo lange/ bis er in Egipten verkauft ward. Und der geiſt des haſſes beſaß mich ſo ſehr/ daß ich den Joſef weder ſehen/ noch hoͤ- ren mochte. Dan er beſtrafte uns oͤffendlich/ daß wir das Lam/ ohne Judah/ gegeſſen. Auch gleubte der va- ter alles/ was er ſagte. Aber nun/ meine Kinder/ be- kenne ich meine ſuͤnden: der ich vielmahls den vorſatz gehabt ihn zu toͤdten. Dan ich haſſete ihn mit gantzem hertzen: und trug ihm gantz keine barmhertzigkeit zu. Ja uͤm ſeine treume haſſete ich ihn dermaßen/ daß ich auch trachtete ihn zu toͤdten/ und zu verſchlingen/ gleichwie ein kalb das graß von der erde verſchlinget. Und daruͤm verkauften wir auch ihn/ ich und Judah/ den Iſmaelern vor dreiſſig ſilberlinge: davon wir zehen die- biſcher weiſe behielten/ und nicht mehr als zwantzig un- ſern bruͤdern wieſen. Ja ich war ſo geldgeitzig/ daß ich ihn uͤm ein ſtuͤkke geldes wohl wolte ermordet haben. Aber der Gott unſerer vaͤter errettete ihn aus meinen haͤnden/ damit ich nichts gottloſes voldringen moͤchte/ u. a. m. Dieſes habe ich zuletzt erkant/ nachdem ich/ uͤm Joſefs

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/450>, abgerufen am 26.04.2024.