Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
Encyklopädie der Heilkunst.
§ 391.

Sie zieht hierauf die allgemeine Krankheitslehre zu
Rathe; sie sucht nämlich das gegenseitige Verhältniß der
krankhaften Erscheinungen (Symptomatologie), den bis-
herigen Zustand des Menschen, den Grad seiner Gesund-
heit, und die Veranlassungen, welche dieselbe unterbrochen
haben (Aetiologie) auf, und schließt hieraus auf die ur-
sprüngliche Erscheinung und das Wesen der ganzen Krank-
heit (Pathogenie).

§ 392.

Um hier so viel, als möglich, vollständige Kenntnisse
zu erlangen, muß sie also die Lehre von der thierischen und
geistigen Natur des Menschen überhaupt (Physiologie und
Psychologie) und also auch die von den zu ihrer Aeusserung
nöthigen Bedingungen, die Form und Mischung des Kör-
pers (Anatomie und Anthropochemie) benutzen.

§ 393.

Von dem, was sich aus diesen Untersuchungen ergeben
hat, schließt nun die Arzneykunst mittelst der Semiotik auf
den Grad und die Gefährlichkeit der Krankheit, mittelst der
Prognostik auf die mit Wahrscheinlichkeit für die Zukunft zu
erwartenden Erscheinungen.

§ 394.

Hierdurch sucht sie nun ein möglichst vollständiges, und
den individuellen Fall möglichst erschöpfendes Bild der Krank-
heit zu entwerfen, und bildet einen, diesem nach, modifi-
cirten Plan der Heilung.

§ 395.

Sie erwählt also unter den Mitteln, welche auf die thie-
rische und geistige Natur des Menschen würken, diejenigen

aus,
H 3
Encyklopaͤdie der Heilkunſt.
§ 391.

Sie zieht hierauf die allgemeine Krankheitslehre zu
Rathe; ſie ſucht naͤmlich das gegenſeitige Verhaͤltniß der
krankhaften Erſcheinungen (Symptomatologie), den bis-
herigen Zuſtand des Menſchen, den Grad ſeiner Geſund-
heit, und die Veranlaſſungen, welche dieſelbe unterbrochen
haben (Aetiologie) auf, und ſchließt hieraus auf die ur-
ſpruͤngliche Erſcheinung und das Weſen der ganzen Krank-
heit (Pathogenie).

§ 392.

Um hier ſo viel, als moͤglich, vollſtaͤndige Kenntniſſe
zu erlangen, muß ſie alſo die Lehre von der thieriſchen und
geiſtigen Natur des Menſchen uͤberhaupt (Phyſiologie und
Pſychologie) und alſo auch die von den zu ihrer Aeuſſerung
noͤthigen Bedingungen, die Form und Miſchung des Koͤr-
pers (Anatomie und Anthropochemie) benutzen.

§ 393.

Von dem, was ſich aus dieſen Unterſuchungen ergeben
hat, ſchließt nun die Arzneykunſt mittelſt der Semiotik auf
den Grad und die Gefaͤhrlichkeit der Krankheit, mittelſt der
Prognoſtik auf die mit Wahrſcheinlichkeit fuͤr die Zukunft zu
erwartenden Erſcheinungen.

§ 394.

Hierdurch ſucht ſie nun ein moͤglichſt vollſtaͤndiges, und
den individuellen Fall moͤglichſt erſchoͤpfendes Bild der Krank-
heit zu entwerfen, und bildet einen, dieſem nach, modifi-
cirten Plan der Heilung.

§ 395.

Sie erwaͤhlt alſo unter den Mitteln, welche auf die thie-
riſche und geiſtige Natur des Menſchen wuͤrken, diejenigen

aus,
H 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <div n="6">
            <div n="7">
              <div n="8">
                <div n="9">
                  <pb facs="#f0135" n="117"/>
                  <fw place="top" type="header">Encyklopa&#x0364;die der Heilkun&#x017F;t.</fw>
                </div><lb/>
                <div n="9">
                  <head>§ 391.</head><lb/>
                  <p>Sie zieht hierauf die allgemeine Krankheitslehre zu<lb/>
Rathe; &#x017F;ie &#x017F;ucht na&#x0364;mlich das gegen&#x017F;eitige Verha&#x0364;ltniß der<lb/>
krankhaften Er&#x017F;cheinungen (Symptomatologie), den bis-<lb/>
herigen Zu&#x017F;tand des Men&#x017F;chen, den Grad &#x017F;einer Ge&#x017F;und-<lb/>
heit, und die Veranla&#x017F;&#x017F;ungen, welche die&#x017F;elbe unterbrochen<lb/>
haben (Aetiologie) auf, und &#x017F;chließt hieraus auf die ur-<lb/>
&#x017F;pru&#x0364;ngliche Er&#x017F;cheinung und das We&#x017F;en der ganzen Krank-<lb/>
heit (Pathogenie).</p>
                </div><lb/>
                <div n="9">
                  <head>§ 392.</head><lb/>
                  <p>Um hier &#x017F;o viel, als mo&#x0364;glich, voll&#x017F;ta&#x0364;ndige Kenntni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
zu erlangen, muß &#x017F;ie al&#x017F;o die Lehre von der thieri&#x017F;chen und<lb/>
gei&#x017F;tigen Natur des Men&#x017F;chen u&#x0364;berhaupt (Phy&#x017F;iologie und<lb/>
P&#x017F;ychologie) und al&#x017F;o auch die von den zu ihrer Aeu&#x017F;&#x017F;erung<lb/>
no&#x0364;thigen Bedingungen, die Form und Mi&#x017F;chung des Ko&#x0364;r-<lb/>
pers (Anatomie und Anthropochemie) benutzen.</p>
                </div><lb/>
                <div n="9">
                  <head>§ 393.</head><lb/>
                  <p>Von dem, was &#x017F;ich aus die&#x017F;en Unter&#x017F;uchungen ergeben<lb/>
hat, &#x017F;chließt nun die Arzneykun&#x017F;t mittel&#x017F;t der Semiotik auf<lb/>
den Grad und die Gefa&#x0364;hrlichkeit der Krankheit, mittel&#x017F;t der<lb/>
Progno&#x017F;tik auf die mit Wahr&#x017F;cheinlichkeit fu&#x0364;r die Zukunft zu<lb/>
erwartenden Er&#x017F;cheinungen.</p>
                </div><lb/>
                <div n="9">
                  <head>§ 394.</head><lb/>
                  <p>Hierdurch &#x017F;ucht &#x017F;ie nun ein mo&#x0364;glich&#x017F;t voll&#x017F;ta&#x0364;ndiges, und<lb/>
den individuellen Fall mo&#x0364;glich&#x017F;t er&#x017F;cho&#x0364;pfendes Bild der Krank-<lb/>
heit zu entwerfen, und bildet einen, die&#x017F;em nach, modifi-<lb/>
cirten Plan der Heilung.</p>
                </div><lb/>
                <div n="9">
                  <head>§ 395.</head><lb/>
                  <p>Sie erwa&#x0364;hlt al&#x017F;o unter den Mitteln, welche auf die thie-<lb/>
ri&#x017F;che und gei&#x017F;tige Natur des Men&#x017F;chen wu&#x0364;rken, diejenigen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H 3</fw><fw place="bottom" type="catch">aus,</fw><lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0135] Encyklopaͤdie der Heilkunſt. § 391. Sie zieht hierauf die allgemeine Krankheitslehre zu Rathe; ſie ſucht naͤmlich das gegenſeitige Verhaͤltniß der krankhaften Erſcheinungen (Symptomatologie), den bis- herigen Zuſtand des Menſchen, den Grad ſeiner Geſund- heit, und die Veranlaſſungen, welche dieſelbe unterbrochen haben (Aetiologie) auf, und ſchließt hieraus auf die ur- ſpruͤngliche Erſcheinung und das Weſen der ganzen Krank- heit (Pathogenie). § 392. Um hier ſo viel, als moͤglich, vollſtaͤndige Kenntniſſe zu erlangen, muß ſie alſo die Lehre von der thieriſchen und geiſtigen Natur des Menſchen uͤberhaupt (Phyſiologie und Pſychologie) und alſo auch die von den zu ihrer Aeuſſerung noͤthigen Bedingungen, die Form und Miſchung des Koͤr- pers (Anatomie und Anthropochemie) benutzen. § 393. Von dem, was ſich aus dieſen Unterſuchungen ergeben hat, ſchließt nun die Arzneykunſt mittelſt der Semiotik auf den Grad und die Gefaͤhrlichkeit der Krankheit, mittelſt der Prognoſtik auf die mit Wahrſcheinlichkeit fuͤr die Zukunft zu erwartenden Erſcheinungen. § 394. Hierdurch ſucht ſie nun ein moͤglichſt vollſtaͤndiges, und den individuellen Fall moͤglichſt erſchoͤpfendes Bild der Krank- heit zu entwerfen, und bildet einen, dieſem nach, modifi- cirten Plan der Heilung. § 395. Sie erwaͤhlt alſo unter den Mitteln, welche auf die thie- riſche und geiſtige Natur des Menſchen wuͤrken, diejenigen aus, H 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/135
Zitationshilfe: Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/135>, abgerufen am 26.04.2024.