Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

Bildung des Arztes.
dicinischen Chemie begriffen. Allein man glaube deshalb
nicht, daß dieser Auszug für den Arzt hinreichend sey; er
ist für sich allein nur ein dürftiges Bruchstück, und wer nicht
bloßer Receptschreiber, sondern auch würklicher Arzt, also
philosophischer Forscher des Menschen und Alles dessen, was
auf ihn Bezug hat, seyn will, muß mit der gesammten Che-
mie vertraut seyn.

§ 664.

Man studire also auch hier die Theorie der Chemie, und
zwar die, welche bis jetzt die vollkommenste ist, die anti-
phogistische. Man sehe dieses System für eine, den Kennt-
nissen unsers Zeitalters angemessene Ansicht der chemischen
Erscheinungen an, wodurch man einen Leitfaden gewinnt,
das Ganze der Chemie zu übersehen, und sich aus dem Chaos
isolirter Thatsachen heraus zu finden.

§ 665.

Bey dem Studium der Chemie ist eigne Beobachtung
chemischer Erscheinungen und der Versuche, wodurch diesel-
ben deutlicher werden, unentbehrlich, und hierzu wird eine
gehörig eingerichtete chemische Werkstätte erfordert. Es ist
auch vortheilhaft, wenn der studirende Arzt selbst, chemische
Versuche anstellt: er erlangt dadurch Fertigkeit in diesen Be-
schäftigungen, welche ihm einst als praktischem Arzte, zu
Statten kommt, prägt sich die Thatsachen tiefer ein, und
lernt sich mehr für dieses Studium interessiren.

Um die durch chemische Versuche hervorgebrachten Körper
genau kennen zu lernen, kann man sich der chemischen
Productensammlung bedienen, welche der Prof. Lam-
padius
in Freyberg für 30 Rthlr. verkauft.

Um

Bildung des Arztes.
diciniſchen Chemie begriffen. Allein man glaube deshalb
nicht, daß dieſer Auszug fuͤr den Arzt hinreichend ſey; er
iſt fuͤr ſich allein nur ein duͤrftiges Bruchſtuͤck, und wer nicht
bloßer Receptſchreiber, ſondern auch wuͤrklicher Arzt, alſo
philoſophiſcher Forſcher des Menſchen und Alles deſſen, was
auf ihn Bezug hat, ſeyn will, muß mit der geſammten Che-
mie vertraut ſeyn.

§ 664.

Man ſtudire alſo auch hier die Theorie der Chemie, und
zwar die, welche bis jetzt die vollkommenſte iſt, die anti-
phogiſtiſche. Man ſehe dieſes Syſtem fuͤr eine, den Kennt-
niſſen unſers Zeitalters angemeſſene Anſicht der chemiſchen
Erſcheinungen an, wodurch man einen Leitfaden gewinnt,
das Ganze der Chemie zu uͤberſehen, und ſich aus dem Chaos
iſolirter Thatſachen heraus zu finden.

§ 665.

Bey dem Studium der Chemie iſt eigne Beobachtung
chemiſcher Erſcheinungen und der Verſuche, wodurch dieſel-
ben deutlicher werden, unentbehrlich, und hierzu wird eine
gehoͤrig eingerichtete chemiſche Werkſtaͤtte erfordert. Es iſt
auch vortheilhaft, wenn der ſtudirende Arzt ſelbſt, chemiſche
Verſuche anſtellt: er erlangt dadurch Fertigkeit in dieſen Be-
ſchaͤftigungen, welche ihm einſt als praktiſchem Arzte, zu
Statten kommt, praͤgt ſich die Thatſachen tiefer ein, und
lernt ſich mehr fuͤr dieſes Studium intereſſiren.

Um die durch chemiſche Verſuche hervorgebrachten Koͤrper
genau kennen zu lernen, kann man ſich der chemiſchen
Productenſammlung bedienen, welche der Prof. Lam-
padius
in Freyberg fuͤr 30 Rthlr. verkauft.

Um
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <div n="4">
            <div n="5">
              <div n="6">
                <div n="7">
                  <div n="8">
                    <p><pb facs="#f0225" n="207"/><fw place="top" type="header">Bildung des Arztes.</fw><lb/>
dicini&#x017F;chen Chemie begriffen. Allein man glaube deshalb<lb/>
nicht, daß die&#x017F;er Auszug fu&#x0364;r den Arzt hinreichend &#x017F;ey; er<lb/>
i&#x017F;t fu&#x0364;r &#x017F;ich allein nur ein du&#x0364;rftiges Bruch&#x017F;tu&#x0364;ck, und wer nicht<lb/>
bloßer Recept&#x017F;chreiber, &#x017F;ondern auch wu&#x0364;rklicher Arzt, al&#x017F;o<lb/>
philo&#x017F;ophi&#x017F;cher For&#x017F;cher des Men&#x017F;chen und Alles de&#x017F;&#x017F;en, was<lb/>
auf ihn Bezug hat, &#x017F;eyn will, muß mit der ge&#x017F;ammten Che-<lb/>
mie vertraut &#x017F;eyn.</p>
                  </div><lb/>
                  <div n="8">
                    <head>§ 664.</head><lb/>
                    <p>Man &#x017F;tudire al&#x017F;o auch hier die Theorie der Chemie, und<lb/>
zwar die, welche bis jetzt die vollkommen&#x017F;te i&#x017F;t, die anti-<lb/>
phogi&#x017F;ti&#x017F;che. Man &#x017F;ehe die&#x017F;es Sy&#x017F;tem fu&#x0364;r eine, den Kennt-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;en un&#x017F;ers Zeitalters angeme&#x017F;&#x017F;ene An&#x017F;icht der chemi&#x017F;chen<lb/>
Er&#x017F;cheinungen an, wodurch man einen Leitfaden gewinnt,<lb/>
das Ganze der Chemie zu u&#x0364;ber&#x017F;ehen, und &#x017F;ich aus dem Chaos<lb/>
i&#x017F;olirter That&#x017F;achen heraus zu finden.</p>
                  </div><lb/>
                  <div n="8">
                    <head>§ 665.</head><lb/>
                    <p>Bey dem Studium der Chemie i&#x017F;t eigne Beobachtung<lb/>
chemi&#x017F;cher Er&#x017F;cheinungen und der Ver&#x017F;uche, wodurch die&#x017F;el-<lb/>
ben deutlicher werden, unentbehrlich, und hierzu wird eine<lb/>
geho&#x0364;rig eingerichtete chemi&#x017F;che Werk&#x017F;ta&#x0364;tte erfordert. Es i&#x017F;t<lb/>
auch vortheilhaft, wenn der &#x017F;tudirende Arzt &#x017F;elb&#x017F;t, chemi&#x017F;che<lb/>
Ver&#x017F;uche an&#x017F;tellt: er erlangt dadurch Fertigkeit in die&#x017F;en Be-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ftigungen, welche ihm ein&#x017F;t als prakti&#x017F;chem Arzte, zu<lb/>
Statten kommt, pra&#x0364;gt &#x017F;ich die That&#x017F;achen tiefer ein, und<lb/>
lernt &#x017F;ich mehr fu&#x0364;r die&#x017F;es Studium intere&#x017F;&#x017F;iren.</p><lb/>
                    <list>
                      <item>Um die durch chemi&#x017F;che Ver&#x017F;uche hervorgebrachten Ko&#x0364;rper<lb/>
genau kennen zu lernen, kann man &#x017F;ich der chemi&#x017F;chen<lb/>
Producten&#x017F;ammlung bedienen, welche der Prof. <hi rendition="#g">Lam-<lb/>
padius</hi> in Freyberg fu&#x0364;r 30 Rthlr. verkauft.</item>
                    </list><lb/>
                    <fw place="bottom" type="catch">Um</fw><lb/>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[207/0225] Bildung des Arztes. diciniſchen Chemie begriffen. Allein man glaube deshalb nicht, daß dieſer Auszug fuͤr den Arzt hinreichend ſey; er iſt fuͤr ſich allein nur ein duͤrftiges Bruchſtuͤck, und wer nicht bloßer Receptſchreiber, ſondern auch wuͤrklicher Arzt, alſo philoſophiſcher Forſcher des Menſchen und Alles deſſen, was auf ihn Bezug hat, ſeyn will, muß mit der geſammten Che- mie vertraut ſeyn. § 664. Man ſtudire alſo auch hier die Theorie der Chemie, und zwar die, welche bis jetzt die vollkommenſte iſt, die anti- phogiſtiſche. Man ſehe dieſes Syſtem fuͤr eine, den Kennt- niſſen unſers Zeitalters angemeſſene Anſicht der chemiſchen Erſcheinungen an, wodurch man einen Leitfaden gewinnt, das Ganze der Chemie zu uͤberſehen, und ſich aus dem Chaos iſolirter Thatſachen heraus zu finden. § 665. Bey dem Studium der Chemie iſt eigne Beobachtung chemiſcher Erſcheinungen und der Verſuche, wodurch dieſel- ben deutlicher werden, unentbehrlich, und hierzu wird eine gehoͤrig eingerichtete chemiſche Werkſtaͤtte erfordert. Es iſt auch vortheilhaft, wenn der ſtudirende Arzt ſelbſt, chemiſche Verſuche anſtellt: er erlangt dadurch Fertigkeit in dieſen Be- ſchaͤftigungen, welche ihm einſt als praktiſchem Arzte, zu Statten kommt, praͤgt ſich die Thatſachen tiefer ein, und lernt ſich mehr fuͤr dieſes Studium intereſſiren. Um die durch chemiſche Verſuche hervorgebrachten Koͤrper genau kennen zu lernen, kann man ſich der chemiſchen Productenſammlung bedienen, welche der Prof. Lam- padius in Freyberg fuͤr 30 Rthlr. verkauft. Um

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/225
Zitationshilfe: Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/225>, abgerufen am 26.04.2024.