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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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Ob noch so heiß sein Blut gewallt,
Als er geflucht im Hinterhalt,
Ob ihm der erste Säbelhieb,
Die erste Kugel so er schoß,
Sogar die erste Wunde lieb,
Gleich fürstlichem Araberroß,
Das, wenn zu wild das Feuer kreis't,
Sich auf die heißen Adern beißt:
Doch sah man überall im Troß
Ihn steuern, wie es möglich war;
Zurück er Manchen riß am Haar;
Vor Partisan und Kolbenschlag
Er schützte Viel' an diesem Tag.
Und selbst der wilde Obrist Spar,
Dem des Kroaten blanker Schnitt
Schon prüfend um die Gurgel glitt,
Muß ihm Erhaltung danken. Doch,
Ist Leben eine Gabe noch,
Gefangen, wund, in Schmaches Joch?
Und Christian? O bittrer Hohn!
Er mußte fliehn, er ist entflohn!
Kein kluger Rückzug, wie zuvor:
Nein, scharf gehetzt durch Ruhmes Thor,
Das krachend hinter ihm sich schloß.
Als er die Sporen gab dem Roß,
Sein Antlitz war so weiß wie Schnee,
Und, schwärzlich steigend in die Höh',
Auf seiner Stirn das Runenmahl
Schien wie geätzt vom Wetterstrahl.
Auch zuckt' er, und die Sage scholl,

Ob noch ſo heiß ſein Blut gewallt,
Als er geflucht im Hinterhalt,
Ob ihm der erſte Säbelhieb,
Die erſte Kugel ſo er ſchoß,
Sogar die erſte Wunde lieb,
Gleich fürſtlichem Araberroß,
Das, wenn zu wild das Feuer kreiſ't,
Sich auf die heißen Adern beißt:
Doch ſah man überall im Troß
Ihn ſteuern, wie es möglich war;
Zurück er Manchen riß am Haar;
Vor Partiſan und Kolbenſchlag
Er ſchützte Viel' an dieſem Tag.
Und ſelbſt der wilde Obriſt Spar,
Dem des Kroaten blanker Schnitt
Schon prüfend um die Gurgel glitt,
Muß ihm Erhaltung danken. Doch,
Iſt Leben eine Gabe noch,
Gefangen, wund, in Schmaches Joch?
Und Chriſtian? O bittrer Hohn!
Er mußte fliehn, er iſt entflohn!
Kein kluger Rückzug, wie zuvor:
Nein, ſcharf gehetzt durch Ruhmes Thor,
Das krachend hinter ihm ſich ſchloß.
Als er die Sporen gab dem Roß,
Sein Antlitz war ſo weiß wie Schnee,
Und, ſchwärzlich ſteigend in die Höh',
Auf ſeiner Stirn das Runenmahl
Schien wie geätzt vom Wetterſtrahl.
Auch zuckt' er, und die Sage ſcholl,

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[563/0577] Ob noch ſo heiß ſein Blut gewallt, Als er geflucht im Hinterhalt, Ob ihm der erſte Säbelhieb, Die erſte Kugel ſo er ſchoß, Sogar die erſte Wunde lieb, Gleich fürſtlichem Araberroß, Das, wenn zu wild das Feuer kreiſ't, Sich auf die heißen Adern beißt: Doch ſah man überall im Troß Ihn ſteuern, wie es möglich war; Zurück er Manchen riß am Haar; Vor Partiſan und Kolbenſchlag Er ſchützte Viel' an dieſem Tag. Und ſelbſt der wilde Obriſt Spar, Dem des Kroaten blanker Schnitt Schon prüfend um die Gurgel glitt, Muß ihm Erhaltung danken. Doch, Iſt Leben eine Gabe noch, Gefangen, wund, in Schmaches Joch? Und Chriſtian? O bittrer Hohn! Er mußte fliehn, er iſt entflohn! Kein kluger Rückzug, wie zuvor: Nein, ſcharf gehetzt durch Ruhmes Thor, Das krachend hinter ihm ſich ſchloß. Als er die Sporen gab dem Roß, Sein Antlitz war ſo weiß wie Schnee, Und, ſchwärzlich ſteigend in die Höh', Auf ſeiner Stirn das Runenmahl Schien wie geätzt vom Wetterſtrahl. Auch zuckt' er, und die Sage ſcholl,

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 563. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/577>, abgerufen am 26.04.2024.