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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.

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Verschiedene Arten Heber.
Fig.
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Schenkel mit diesem Gehäuse in die Flüssigkeit eingetaucht, so steigt selbe innerhalb
desselben in die Höhe. Hebt man hierauf diesen Schenkel im Wasser in die Höhe und
stösst ihn schnell zurück, so wird noch etwas Flüssigkeit hineintreten und so kann es
geschehen, dass der Heber von der Flüssigkeit nach und nach ganz angefüllt wird, weil
das Ventil das Zurückströmen der Flüsigkeit beständig verhindert. Hat die Flüssigkeit den
höchsten Stand c erreicht, oder wird der Heber zu diesem Behufe etwas umgelegt, so
fängt er zu fliessen an. Bei dieser Konstrukzion hat man nur darauf zu sehen, dass das
Klappenventil nicht schwer und sehr leicht beweglich sey.

Fig.
5.

Will man bei dem Ausflusse des Wassers aus dem Heber eine gleichförmige
Geschwindigkeit
und demnach einen gleichen Abfluss bewirken, so wird auf die
Oberfläche der Flüssigkeit ein schwimmender Kranz A B gelegt und der kürzere Schenkel
durch denselben gesteckt. Wie nun die Oberfläche des Wassers im Gefässe sinkt, geht
auch der Kranz und mit demselben der ganze Heber gleichförmig herab; es bleibt
demnach immer derselbe Höhenunterschied zwischen dem Wasserspiegel im Gefässe und
der Ausflussöffnung; der Abfluss ist daher gleichförmig.

Fig.
6.

Ein Heber kann auch zur Erzeugung eines springenden Strahles ge-
braucht werden. Nach der obigen Theorie fliesst nämlich das Wasser aus dem längern
Schenkel desto schneller heraus, je tiefer die Ausflussöffnung unter dem Wasserspiegel
im Gefässe liegt. Wird daher das Ende des längern Rohres aufwärts gebogen und eine
Platte mit kleiner Oeffnung aufgeschraubt, so springt das Wasser wie bei einem Spring-
brunnen in die Höhe.

Fig.
7.

Hierher gehört noch der sich selbst füllende und entleerende Heber (diabetes),
welcher schon dem Heron bekannt war. Dieser Heber wird auf verschiedene Art kon-
struirt und gewöhnlich als ein versteckter Heber eingerichtet. Ist A B C D ein boden-
loses gläsernes Gefäss, welches bei E F durch einen Korkstöpsel geschlossen ist, und wird
eine heberförmig gebogene Röhre a c b durch diesen Stöpsel so gesteckt, dass eine Oeff-
nung b der Röhre unter den Stöpsel und die zweite a über denselben zu stehen kommt,
so kann man das Gefäss A B E F bis nahe an seine Oberfläche mit Wasser füllen, ohne dass
etwas herausläuft. Wie sich aber die Flüssigkeit über die Krümmung des Rohres bei c
erhebt, so fliesst sie sogleich durch den längern Schenkel c b bei b heraus und es ent-
leert sich das Gefäss A B E F bis zu dem untersten Punkte a des krumm gebogenen
Rohres. Bringt man diesen Heber in dem Handgriffe a c b des Bechers A an, so wird
Fig.
8.
der letztere ein Vexirbecher genannt.

Weitere Anwendungen des Hebers, welche bloss physikalischen Experimenten zum
Grunde liegen, gehören nicht hierher. Wir bemerken daher nur noch, dass ein Heber
im luftleeren Raume nicht fliessen könne, weil er auf dem Drucke beruht, welchen
die Luft an beiden Enden des Hebers ausübt.

§. 194.

Bei Schiffahrtskanälen wird der Heber manchmal dazu gebraucht, die überflüssigen
Wässer abzuführen. Dieses ist bei dem Kanale von Languedoc oder Canal du Midi der

Verschiedene Arten Heber.
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Schenkel mit diesem Gehäuse in die Flüssigkeit eingetaucht, so steigt selbe innerhalb
desselben in die Höhe. Hebt man hierauf diesen Schenkel im Wasser in die Höhe und
stösst ihn schnell zurück, so wird noch etwas Flüssigkeit hineintreten und so kann es
geschehen, dass der Heber von der Flüssigkeit nach und nach ganz angefüllt wird, weil
das Ventil das Zurückströmen der Flüsigkeit beständig verhindert. Hat die Flüssigkeit den
höchsten Stand c erreicht, oder wird der Heber zu diesem Behufe etwas umgelegt, so
fängt er zu fliessen an. Bei dieser Konstrukzion hat man nur darauf zu sehen, dass das
Klappenventil nicht schwer und sehr leicht beweglich sey.

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5.

Will man bei dem Ausflusse des Wassers aus dem Heber eine gleichförmige
Geschwindigkeit
und demnach einen gleichen Abfluss bewirken, so wird auf die
Oberfläche der Flüssigkeit ein schwimmender Kranz A B gelegt und der kürzere Schenkel
durch denselben gesteckt. Wie nun die Oberfläche des Wassers im Gefässe sinkt, geht
auch der Kranz und mit demselben der ganze Heber gleichförmig herab; es bleibt
demnach immer derselbe Höhenunterschied zwischen dem Wasserspiegel im Gefässe und
der Ausflussöffnung; der Abfluss ist daher gleichförmig.

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6.

Ein Heber kann auch zur Erzeugung eines springenden Strahles ge-
braucht werden. Nach der obigen Theorie fliesst nämlich das Wasser aus dem längern
Schenkel desto schneller heraus, je tiefer die Ausflussöffnung unter dem Wasserspiegel
im Gefässe liegt. Wird daher das Ende des längern Rohres aufwärts gebogen und eine
Platte mit kleiner Oeffnung aufgeschraubt, so springt das Wasser wie bei einem Spring-
brunnen in die Höhe.

Fig.
7.

Hierher gehört noch der sich selbst füllende und entleerende Heber (diabetes),
welcher schon dem Heron bekannt war. Dieser Heber wird auf verschiedene Art kon-
struirt und gewöhnlich als ein versteckter Heber eingerichtet. Ist A B C D ein boden-
loses gläsernes Gefäss, welches bei E F durch einen Korkstöpsel geschlossen ist, und wird
eine heberförmig gebogene Röhre a c b durch diesen Stöpsel so gesteckt, dass eine Oeff-
nung b der Röhre unter den Stöpsel und die zweite a über denselben zu stehen kommt,
so kann man das Gefäss A B E F bis nahe an seine Oberfläche mit Wasser füllen, ohne dass
etwas herausläuft. Wie sich aber die Flüssigkeit über die Krümmung des Rohres bei c
erhebt, so fliesst sie sogleich durch den längern Schenkel c b bei b heraus und es ent-
leert sich das Gefäss A B E F bis zu dem untersten Punkte a des krumm gebogenen
Rohres. Bringt man diesen Heber in dem Handgriffe a c b des Bechers A an, so wird
Fig.
8.
der letztere ein Vexirbecher genannt.

Weitere Anwendungen des Hebers, welche bloss physikalischen Experimenten zum
Grunde liegen, gehören nicht hierher. Wir bemerken daher nur noch, dass ein Heber
im luftleeren Raume nicht fliessen könne, weil er auf dem Drucke beruht, welchen
die Luft an beiden Enden des Hebers ausübt.

§. 194.

Bei Schiffahrtskanälen wird der Heber manchmal dazu gebraucht, die überflüssigen
Wässer abzuführen. Dieses ist bei dem Kanale von Languedoc oder Canal du Midi der

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[268/0286] Verschiedene Arten Heber. Schenkel mit diesem Gehäuse in die Flüssigkeit eingetaucht, so steigt selbe innerhalb desselben in die Höhe. Hebt man hierauf diesen Schenkel im Wasser in die Höhe und stösst ihn schnell zurück, so wird noch etwas Flüssigkeit hineintreten und so kann es geschehen, dass der Heber von der Flüssigkeit nach und nach ganz angefüllt wird, weil das Ventil das Zurückströmen der Flüsigkeit beständig verhindert. Hat die Flüssigkeit den höchsten Stand c erreicht, oder wird der Heber zu diesem Behufe etwas umgelegt, so fängt er zu fliessen an. Bei dieser Konstrukzion hat man nur darauf zu sehen, dass das Klappenventil nicht schwer und sehr leicht beweglich sey. Fig. 4. Tab. 52. Will man bei dem Ausflusse des Wassers aus dem Heber eine gleichförmige Geschwindigkeit und demnach einen gleichen Abfluss bewirken, so wird auf die Oberfläche der Flüssigkeit ein schwimmender Kranz A B gelegt und der kürzere Schenkel durch denselben gesteckt. Wie nun die Oberfläche des Wassers im Gefässe sinkt, geht auch der Kranz und mit demselben der ganze Heber gleichförmig herab; es bleibt demnach immer derselbe Höhenunterschied zwischen dem Wasserspiegel im Gefässe und der Ausflussöffnung; der Abfluss ist daher gleichförmig. Ein Heber kann auch zur Erzeugung eines springenden Strahles ge- braucht werden. Nach der obigen Theorie fliesst nämlich das Wasser aus dem längern Schenkel desto schneller heraus, je tiefer die Ausflussöffnung unter dem Wasserspiegel im Gefässe liegt. Wird daher das Ende des längern Rohres aufwärts gebogen und eine Platte mit kleiner Oeffnung aufgeschraubt, so springt das Wasser wie bei einem Spring- brunnen in die Höhe. Hierher gehört noch der sich selbst füllende und entleerende Heber (diabetes), welcher schon dem Heron bekannt war. Dieser Heber wird auf verschiedene Art kon- struirt und gewöhnlich als ein versteckter Heber eingerichtet. Ist A B C D ein boden- loses gläsernes Gefäss, welches bei E F durch einen Korkstöpsel geschlossen ist, und wird eine heberförmig gebogene Röhre a c b durch diesen Stöpsel so gesteckt, dass eine Oeff- nung b der Röhre unter den Stöpsel und die zweite a über denselben zu stehen kommt, so kann man das Gefäss A B E F bis nahe an seine Oberfläche mit Wasser füllen, ohne dass etwas herausläuft. Wie sich aber die Flüssigkeit über die Krümmung des Rohres bei c erhebt, so fliesst sie sogleich durch den längern Schenkel c b bei b heraus und es ent- leert sich das Gefäss A B E F bis zu dem untersten Punkte a des krumm gebogenen Rohres. Bringt man diesen Heber in dem Handgriffe a c b des Bechers A an, so wird der letztere ein Vexirbecher genannt. Fig. 8. Weitere Anwendungen des Hebers, welche bloss physikalischen Experimenten zum Grunde liegen, gehören nicht hierher. Wir bemerken daher nur noch, dass ein Heber im luftleeren Raume nicht fliessen könne, weil er auf dem Drucke beruht, welchen die Luft an beiden Enden des Hebers ausübt. §. 194. Bei Schiffahrtskanälen wird der Heber manchmal dazu gebraucht, die überflüssigen Wässer abzuführen. Dieses ist bei dem Kanale von Languedoc oder Canal du Midi der

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/286>, abgerufen am 26.04.2024.