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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi
Canarden Consens schwerlich hinweg käme/ gedacht
derhalben heimlich durch zu gehen/ so bald ich Gele-
genheit haben könte/ so mir zu meinem grossen Un-
glück auch angienge; Dann als ich einsmals etliche
Officier von der Weymarischen Armee antraff/ gab
ich mich ihnen zu erkennen/ daß ich nemlich ein Fähn-
rich von deß Obristen de S. A. Regiment/ und in mei-
nen eigenen Geschafften ein Zeitlang in Pariß gewe-
sen/ nunmehr aber entschlossen seye/ mich wieder zum
Regiment zu begeben/ mit Bitt/ sie wolten mich in
ihre Gesellschafft zu einem Räisgeferten mit nemmen:
Also eröffneten sie mir den Tag ihres Auffbruchs/ und
namen mich willig auff/ ich kauffte mir einen Klepper/
und mondirte mich auff die Räis so heimlich als ich
konte/ packte mein Geld zusamm/ (so ohngefähr bey
500. Duplonen waren/ die ich alle den gottlosen
Weibsbildern abverdient hatte) und machte mich oh-
ne von Mons. Canard gegebene Erlaubnus mit ihnen
fort; schrieb ihm aber zurück/ und datirt das Schrei-
ben zu Mastrich/ damit er meynen solte/ ich wäre
auff Cöln gangen/ darinn nam ich meinen Abschied/
mit Vermelden/ daß mir unmüglich gewesen länger
zu bleiben/ weil ich seine Aromatische Würste nicht
mehr verdauen hätte können.

Jm zweyten Nachtläger von Pariß auß wurde
mir natürlich wie einem der den Rotlauff bekompt/
und mein Kopff thät mir so grausam wehe/ daß mir
unmüglich war auffzustehen. Es war in einem gar
schlechten Dorff/ darinn ich keinen Medicum haben
konte/ und was das ärgste war/ so hatte ich auch nie-
mand der mir wartete/ dann die Officier räisten deß
morgens früh ihres Wegs fort/ gegen dem Elsas zu/

und

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
Canarden Conſens ſchwerlich hinweg kaͤme/ gedacht
derhalben heimlich durch zu gehen/ ſo bald ich Gele-
genheit haben koͤnte/ ſo mir zu meinem groſſen Un-
gluͤck auch angienge; Dann als ich einsmals etliche
Officier von der Weymariſchen Armee antraff/ gab
ich mich ihnen zu erkennen/ daß ich nemlich ein Faͤhn-
rich von deß Obriſten de S. A. Regiment/ und in mei-
nen eigenen Geſchafften ein Zeitlang in Pariß gewe-
ſen/ nunmehr aber entſchloſſen ſeye/ mich wieder zum
Regiment zu begeben/ mit Bitt/ ſie wolten mich in
ihre Geſellſchafft zu einem Raͤisgeferten mit nem̃en:
Alſo eroͤffneten ſie mir den Tag ihres Auffbruchs/ und
namen mich willig auff/ ich kauffte mir einen Klepper/
und mondirte mich auff die Raͤis ſo heimlich als ich
konte/ packte mein Geld zuſamm/ (ſo ohngefaͤhr bey
500. Duplonen waren/ die ich alle den gottloſen
Weibsbildern abverdient hatte) und machte mich oh-
ne von Monſ. Canard gegebene Erlaubnus mit ihnen
fort; ſchrieb ihm aber zuruͤck/ und datirt das Schrei-
ben zu Maſtrich/ damit er meynen ſolte/ ich waͤre
auff Coͤln gangen/ darinn nam ich meinen Abſchied/
mit Vermelden/ daß mir unmuͤglich geweſen laͤnger
zu bleiben/ weil ich ſeine Aromatiſche Wuͤrſte nicht
mehr verdauen haͤtte koͤnnen.

Jm zweyten Nachtlaͤger von Pariß auß wurde
mir natuͤrlich wie einem der den Rotlauff bekompt/
und mein Kopff thaͤt mir ſo grauſam wehe/ daß mir
unmuͤglich war auffzuſtehen. Es war in einem gar
ſchlechten Dorff/ darinn ich keinen Medicum haben
konte/ und was das aͤrgſte war/ ſo hatte ich auch nie-
mand der mir wartete/ dann die Officier raͤiſten deß
morgens fruͤh ihres Wegs foꝛt/ gegen dem Elſas zu/

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[410/0416] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi Canarden Conſens ſchwerlich hinweg kaͤme/ gedacht derhalben heimlich durch zu gehen/ ſo bald ich Gele- genheit haben koͤnte/ ſo mir zu meinem groſſen Un- gluͤck auch angienge; Dann als ich einsmals etliche Officier von der Weymariſchen Armee antraff/ gab ich mich ihnen zu erkennen/ daß ich nemlich ein Faͤhn- rich von deß Obriſten de S. A. Regiment/ und in mei- nen eigenen Geſchafften ein Zeitlang in Pariß gewe- ſen/ nunmehr aber entſchloſſen ſeye/ mich wieder zum Regiment zu begeben/ mit Bitt/ ſie wolten mich in ihre Geſellſchafft zu einem Raͤisgeferten mit nem̃en: Alſo eroͤffneten ſie mir den Tag ihres Auffbruchs/ und namen mich willig auff/ ich kauffte mir einen Klepper/ und mondirte mich auff die Raͤis ſo heimlich als ich konte/ packte mein Geld zuſamm/ (ſo ohngefaͤhr bey 500. Duplonen waren/ die ich alle den gottloſen Weibsbildern abverdient hatte) und machte mich oh- ne von Monſ. Canard gegebene Erlaubnus mit ihnen fort; ſchrieb ihm aber zuruͤck/ und datirt das Schrei- ben zu Maſtrich/ damit er meynen ſolte/ ich waͤre auff Coͤln gangen/ darinn nam ich meinen Abſchied/ mit Vermelden/ daß mir unmuͤglich geweſen laͤnger zu bleiben/ weil ich ſeine Aromatiſche Wuͤrſte nicht mehr verdauen haͤtte koͤnnen. Jm zweyten Nachtlaͤger von Pariß auß wurde mir natuͤrlich wie einem der den Rotlauff bekompt/ und mein Kopff thaͤt mir ſo grauſam wehe/ daß mir unmuͤglich war auffzuſtehen. Es war in einem gar ſchlechten Dorff/ darinn ich keinen Medicum haben konte/ und was das aͤrgſte war/ ſo hatte ich auch nie- mand der mir wartete/ dann die Officier raͤiſten deß morgens fruͤh ihres Wegs foꝛt/ gegen dem Elſas zu/ und

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/416>, abgerufen am 26.04.2024.