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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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und den europäischen insbesondere.
und nach die mehresten heutigen Nazionen Europens;
aber sie waren bis ins dreizehnte Jahrhundert beständigen
Zerrüttungen unterworfen. Im vierzehnten und folgen-
den Jahrhundert erhielten beinah die meisten derselben
ihre Hauptbestimmung, Grenzen, Namen etc. und tra-
ten nachher, besonders seit dem sechszehnten Jahrhundert,
immer in nähere Verbindung. Ich will hier die merk-
würdigsten Schicksale der itzigen europäischen Staaten
kürzlich berühren, nicht in Absicht ihrer volständigen
Geschichte überhaupt, sondern nur um den Ursprung der-
selben und ihrer heutigen Unabhängigkeit zu zeigen.

*] Man sehe Gabr. Schweder de insignibus imperiorum et
regnorum Europae revolutionibus et mutationibus.
Tubing.
1710. und die aus der historischen Literatur bekan-
ten Staatengeschichtschreiber überhaupt, zu deren Anfüh-
rung hier der Platz nicht ist.
§. 7.
Portugal.

Portugal, sonst Lusitanien genant, war bis zu An-
fang des zwölften Jahrhunderts ein Theil Spaniens,
und hatte mit diesem Reiche einerley Schicksale. Hein-
rich, ein Burgundischer Prinz, erhält 1109 durch seine
Gemalin Theresie, einer natürlichen Tochter König Al-
fonsus VI. von Kastilien, aus dessen Testamente die
nördliche Hälfte von Portugal, die er Anfangs als
Statthalter regiert hatte, erb- und eigenthümlich. Sein
Sohn Alfonsus I. nimt, wiewohl mit Widerspruch der
Könige von Kastilien, 1139 den Königlichen Titel an,
den Pabst Alexander III. nachher 1179 bestätigt. Al-
fonsus III. vereinigt das kleine Königreich Algarbien
1251 mit der Krone. Nach gänzlichem Abgange des
königlichen Mannsstams mit Heinrichs Tode 1580 hat,
unter andern Prätendenten, Philip II. König von Spa-

nien,
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und den europaͤiſchen insbeſondere.
und nach die mehreſten heutigen Nazionen Europens;
aber ſie waren bis ins dreizehnte Jahrhundert beſtaͤndigen
Zerruͤttungen unterworfen. Im vierzehnten und folgen-
den Jahrhundert erhielten beinah die meiſten derſelben
ihre Hauptbeſtimmung, Grenzen, Namen ꝛc. und tra-
ten nachher, beſonders ſeit dem ſechszehnten Jahrhundert,
immer in naͤhere Verbindung. Ich will hier die merk-
wuͤrdigſten Schickſale der itzigen europaͤiſchen Staaten
kuͤrzlich beruͤhren, nicht in Abſicht ihrer volſtaͤndigen
Geſchichte uͤberhaupt, ſondern nur um den Urſprung der-
ſelben und ihrer heutigen Unabhaͤngigkeit zu zeigen.

*] Man ſehe Gabr. Schweder de inſignibus imperiorum et
regnorum Europae revolutionibus et mutationibus.
Tubing.
1710. und die aus der hiſtoriſchen Literatur bekan-
ten Staatengeſchichtſchreiber uͤberhaupt, zu deren Anfuͤh-
rung hier der Platz nicht iſt.
§. 7.
Portugal.

Portugal, ſonſt Luſitanien genant, war bis zu An-
fang des zwoͤlften Jahrhunderts ein Theil Spaniens,
und hatte mit dieſem Reiche einerley Schickſale. Hein-
rich, ein Burgundiſcher Prinz, erhaͤlt 1109 durch ſeine
Gemalin Thereſie, einer natuͤrlichen Tochter Koͤnig Al-
fonſus VI. von Kaſtilien, aus deſſen Teſtamente die
noͤrdliche Haͤlfte von Portugal, die er Anfangs als
Statthalter regiert hatte, erb- und eigenthuͤmlich. Sein
Sohn Alfonſus I. nimt, wiewohl mit Widerſpruch der
Koͤnige von Kaſtilien, 1139 den Koͤniglichen Titel an,
den Pabſt Alexander III. nachher 1179 beſtaͤtigt. Al-
fonſus III. vereinigt das kleine Koͤnigreich Algarbien
1251 mit der Krone. Nach gaͤnzlichem Abgange des
koͤniglichen Mannsſtams mit Heinrichs Tode 1580 hat,
unter andern Praͤtendenten, Philip II. Koͤnig von Spa-

nien,
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[89/0115] und den europaͤiſchen insbeſondere. und nach die mehreſten heutigen Nazionen Europens; aber ſie waren bis ins dreizehnte Jahrhundert beſtaͤndigen Zerruͤttungen unterworfen. Im vierzehnten und folgen- den Jahrhundert erhielten beinah die meiſten derſelben ihre Hauptbeſtimmung, Grenzen, Namen ꝛc. und tra- ten nachher, beſonders ſeit dem ſechszehnten Jahrhundert, immer in naͤhere Verbindung. Ich will hier die merk- wuͤrdigſten Schickſale der itzigen europaͤiſchen Staaten kuͤrzlich beruͤhren, nicht in Abſicht ihrer volſtaͤndigen Geſchichte uͤberhaupt, ſondern nur um den Urſprung der- ſelben und ihrer heutigen Unabhaͤngigkeit zu zeigen. *] Man ſehe Gabr. Schweder de inſignibus imperiorum et regnorum Europae revolutionibus et mutationibus. Tubing. 1710. und die aus der hiſtoriſchen Literatur bekan- ten Staatengeſchichtſchreiber uͤberhaupt, zu deren Anfuͤh- rung hier der Platz nicht iſt. §. 7. Portugal. Portugal, ſonſt Luſitanien genant, war bis zu An- fang des zwoͤlften Jahrhunderts ein Theil Spaniens, und hatte mit dieſem Reiche einerley Schickſale. Hein- rich, ein Burgundiſcher Prinz, erhaͤlt 1109 durch ſeine Gemalin Thereſie, einer natuͤrlichen Tochter Koͤnig Al- fonſus VI. von Kaſtilien, aus deſſen Teſtamente die noͤrdliche Haͤlfte von Portugal, die er Anfangs als Statthalter regiert hatte, erb- und eigenthuͤmlich. Sein Sohn Alfonſus I. nimt, wiewohl mit Widerſpruch der Koͤnige von Kaſtilien, 1139 den Koͤniglichen Titel an, den Pabſt Alexander III. nachher 1179 beſtaͤtigt. Al- fonſus III. vereinigt das kleine Koͤnigreich Algarbien 1251 mit der Krone. Nach gaͤnzlichem Abgange des koͤniglichen Mannsſtams mit Heinrichs Tode 1580 hat, unter andern Praͤtendenten, Philip II. Koͤnig von Spa- nien, F 5

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/115>, abgerufen am 26.04.2024.