Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

Dem englischen Chemiker Faraday ist es gelungen, mehrere früher als
permanent gasförmig betrachtete Körper zu condensiren und in flüssigem
Zustande darzustellen. Bei 0° und 36 Athmosphärenpression erhielt er die
Kohlensäure liquid, die farblos, dünnfliessend und leicht erscheint.

Auch das Schwefelwasserstoffgas wurde in eine fallrblose sehr leicht bewegte
Flüssigkeit verwandelt und zwar bei 10°+ und dem Druck der Athmosphä-
re von 17. - Doch ist es noch nicht gelungen, weder die athmosphärische
Luft, noch das Wasser-, Sauer- oder Stickstoffgas zu condensiren, wahrschein-
lich, weil diese Stoffe noch einen größern Druck erfodern. - Wäre
der Plan von Maupertuis ausgeführt worden, welcher vorschlug, in
der Nähe unserer Stadt ein tiefes Loch, einen mehrere Meilen tiefen
Schacht graben zu lassen, so würde dieß Problem gewiß mit großer
Leichtigkeit zu lösen sein, da sich berechnen läßt, daß bei einer Tiefe
von 11 Meilen die Luft einen so comprimirten Körper bilden muß,
daß Platina darauf schwimmen würde.

Die Frage von der Höhe unseres Luftkreises läßt keine absolute
Beantwortung zu. Eine Berechnung auf den Winkel von 18° begrün-
det, unter dem die Sonne bei der Dämmerung sichtbar wird, wür-
de ein[e] Höhe von beinahe 8 Meilen geben. - Die Verdünnung der
Luft in dieser Höhe müßte größer sein, als wir sie unter der
besten Luftpumpe hervorzubringen im Stande sind, und da sie nur
0,01 Linie betragen würde, so wäre dieser Raum wohl luftleer
zu nennen. Dagegen vermindert sich der Druck der Luft auf den
größten Höhen, die wir in Luftbällen und auf hohen Bergen er-
reicht haben, nur auf 13 bis 14 Zoll gegen den Barometerstand von
28 Zoll in der Ebene. - Verschiedene Meteore, Sternschnuppen,
Aerolithen scheinen jedoch unzweideutig anzuzeigen, daß in Höhen

Dem englischen Chemiker Faraday ist es gelungen, mehrere früher als
permanent gasförmig betrachtete Körper zu condensiren und in flüssigem
Zustande darzustellen. Bei 0° und 36 Athmosphärenpression erhielt er die
Kohlensäure liquid, die farblos, düñfliessend und leicht erscheint.

Auch das Schwefelwasserstoffgas wurde in eine fallrblose sehr leicht bewegte
Flüssigkeit verwandelt und zwar bei 10°+ und dem Druck der Athmosphä-
re von 17. – Doch ist es noch nicht gelungen, weder die athmosphärische
Luft, noch das Wasser-, Sauer- oder Stickstoffgas zu condensiren, wahrschein-
lich, weil diese Stoffe noch einen größern Druck erfodern. – Wäre
der Plan von Maupertuis ausgeführt worden, welcher vorschlug, in
der Nähe unserer Stadt ein tiefes Loch, einen mehrere Meilen tiefen
Schacht graben zu lassen, so würde dieß Problem gewiß mit großer
Leichtigkeit zu lösen sein, da sich berechnen läßt, daß bei einer Tiefe
von 11 Meilen die Luft einen so comprimirten Körper bilden muß,
daß Platina darauf schwimmen würde.

Die Frage von der Höhe unseres Luftkreises läßt keine absolute
Beantwortung zu. Eine Berechnung auf den Winkel von 18° begrün-
det, unter dem die Sonne bei der Däm̃erung sichtbar wird, wür-
de ein[e] Höhe von beinahe 8 Meilen geben. – Die Verdünnung der
Luft in dieser Höhe müßte größer sein, als wir sie unter der
besten Luftpumpe hervorzubringen im Stande sind, und da sie nur
0,01 Linie betragen würde, so wäre dieser Raum wohl luftleer
zu nennen. Dagegen vermindert sich der Druck der Luft auf den
größten Höhen, die wir in Luftbällen und auf hohen Bergen er-
reicht haben, nur auf 13 bis 14 Zoll gegen den Barometerstand von
28 Zoll in der Ebene. – Verschiedene Meteore, Sternschnuppen,
Aerolithen scheinen jedoch unzweideutig anzuzeigen, daß in Höhen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="session" n="6">
        <pb facs="#f0051" n="47"/>
        <p>Dem englischen Chemiker <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118531921 http://d-nb.info/gnd/118531921">Faraday</persName></hi> ist es gelungen, mehrere früher als<lb/>
permanent gasförmig betrachtete Körper zu condensiren <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> in flüssigem<lb/>
Zustande darzustellen. Bei 0° und 36 Athmosphärenpression erhielt er die<lb/>
Kohlensäure liquid, die farblos, dün&#x0303;fliessend <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> leicht erscheint.</p><lb/>
        <p>Auch das Schwefelwasserstoffgas wurde in eine fa<subst><del rendition="#ow">ll</del><add place="across">rb</add></subst>lose sehr leicht bewegte<lb/>
Flüssigkeit verwandelt und zwar bei 10°+ und dem Druck der Athmosphä-<lb/>
re von 17. &#x2013; Doch ist es noch nicht gelungen, weder die athmosphärische<lb/>
Luft, noch das <choice><orig>Wasser-</orig><reg resp="#TK">Wasser-,</reg></choice> Sauer- oder Stickstoffgas zu condensiren, wahrschein-<lb/>
lich, weil diese Stoffe noch einen größern Druck erfodern. &#x2013; Wäre<lb/>
der Plan von <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118731998 http://d-nb.info/gnd/118731998">Maupertuis</persName></hi> ausgeführt worden, welcher vorschlug, in<lb/>
der Nähe unserer Stadt ein tiefes Loch, einen mehrere Meilen tiefen<lb/>
Schacht graben zu lassen, so würde dieß Problem gewiß mit großer<lb/>
Leichtigkeit zu lösen sein, da sich berechnen läßt, daß bei einer Tiefe<lb/>
von 11 Meilen die Luft einen so comprimirten Körper bilden muß,<lb/>
daß Platina darauf schwimmen würde.</p><lb/>
        <p>Die Frage von der <hi rendition="#u">Höhe unseres Luftkreises</hi> läßt keine absolute<lb/>
Beantwortung zu. Eine Berechnung auf den Winkel von 18° begrün-<lb/>
det, unter dem die Sonne bei der Däm&#x0303;erung sichtbar wird, wür-<lb/>
de ein<supplied cert="high" resp="#TK">e</supplied> Höhe von beinahe 8 Meilen geben. &#x2013; Die Verdünnung der<lb/>
Luft in dieser Höhe müßte größer sein, als wir sie unter der<lb/>
besten Luftpumpe hervorzubringen im Stande sind, und da sie nur<lb/><hi rendition="#aq">0,01</hi> Linie betragen würde, so wäre dieser Raum wohl luftleer<lb/>
zu nennen. Dagegen vermindert sich der Druck der Luft auf den<lb/>
größten Höhen, die wir in Luftbällen <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> auf hohen Bergen er-<lb/>
reicht haben, nur auf 13 bis 14 Zoll gegen den Barometerstand von<lb/>
28 Zoll in der Ebene. &#x2013; Verschiedene Meteore, Sternschnuppen,<lb/>
Aerolithen scheinen jedoch unzweideutig anzuzeigen, daß in Höhen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[47/0051] Dem englischen Chemiker Faraday ist es gelungen, mehrere früher als permanent gasförmig betrachtete Körper zu condensiren u in flüssigem Zustande darzustellen. Bei 0° und 36 Athmosphärenpression erhielt er die Kohlensäure liquid, die farblos, düñfliessend u leicht erscheint. Auch das Schwefelwasserstoffgas wurde in eine fallrblose sehr leicht bewegte Flüssigkeit verwandelt und zwar bei 10°+ und dem Druck der Athmosphä- re von 17. – Doch ist es noch nicht gelungen, weder die athmosphärische Luft, noch das Wasser- Sauer- oder Stickstoffgas zu condensiren, wahrschein- lich, weil diese Stoffe noch einen größern Druck erfodern. – Wäre der Plan von Maupertuis ausgeführt worden, welcher vorschlug, in der Nähe unserer Stadt ein tiefes Loch, einen mehrere Meilen tiefen Schacht graben zu lassen, so würde dieß Problem gewiß mit großer Leichtigkeit zu lösen sein, da sich berechnen läßt, daß bei einer Tiefe von 11 Meilen die Luft einen so comprimirten Körper bilden muß, daß Platina darauf schwimmen würde. Die Frage von der Höhe unseres Luftkreises läßt keine absolute Beantwortung zu. Eine Berechnung auf den Winkel von 18° begrün- det, unter dem die Sonne bei der Däm̃erung sichtbar wird, wür- de eine Höhe von beinahe 8 Meilen geben. – Die Verdünnung der Luft in dieser Höhe müßte größer sein, als wir sie unter der besten Luftpumpe hervorzubringen im Stande sind, und da sie nur 0,01 Linie betragen würde, so wäre dieser Raum wohl luftleer zu nennen. Dagegen vermindert sich der Druck der Luft auf den größten Höhen, die wir in Luftbällen u auf hohen Bergen er- reicht haben, nur auf 13 bis 14 Zoll gegen den Barometerstand von 28 Zoll in der Ebene. – Verschiedene Meteore, Sternschnuppen, Aerolithen scheinen jedoch unzweideutig anzuzeigen, daß in Höhen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Tina Krell, Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Nalan Lom: Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription von [N. N.]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1827/28] anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • I/J: Lautwert transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829/51
Zitationshilfe: Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829/51>, abgerufen am 26.04.2024.