Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

Drit. Kap. Abreise des Verfassers von Judja.
in dem am 6ten September erlittenen Ueberfal los und locker geworden waren; welches
dann sowol den Officiers als Gemeinen alle Lust benahm, mit Laviren ferner anzuhalten.
Man hielt es vielmehr rathsam einen sinesischen Hafen zu suchen, daselbst für einen Monat
Wasser einzunehmen, und dann die Rükreise nach Batavia anzutreten. Die Passagiers
und alle, die bei den Schifsräthen nur irgend etwas vermochten, suchten durch ihr Zure-
den diesen Vorschlag angelegentlich zu befördern. Er würde auch wahrscheinlich geneh-
migt seyn, obgleich der im Bette und Trunkenheit begrabene Buchhalter seine Zustimm ung
nicht geben konte; hätte nicht noch endlich der Obersteuerman einige Bedenklichkeiten da-
gegen eingebracht. Jch trug auch dazu bei, sie zu bestärken. Denn ich hatte während
dieser Streitigkeit in einem mir von guter Hand mitgetheilten Tagebuch einer Reise nach
Japan nachgesucht und gefunden, daß vor wenig Jahren noch in den leztern Tagen des
Septembers ein holländisches Schif glüklich in Japan angekommen sey. Jch gieng also
insgeheim zum Schiffer, und stelte ihm vor, daß die nassen Felle in der heißen Luft zu
Batavia kein Jahr würden überliegen können, ohne verdorben zu werden, und daß man
dann diesen Schaden, wegen seiner frühzeitigen Rükreise und Kleinmüthigkeit, ihm anrech-
nen würde. Jch zeigte ihm hiebei die Stelle meines Tagebuchs, welche er stutzend drei-
mal las, und dann beschlos, den Vorschlag der Rükkehr fahren zu lassen und keinen weitern
Widerspruch anzuhören.

Den 14ten Septemb. war die Polhöhe 29 Gr. 36 Min., des Abends die Mee-
restiefe 41 bis 46 Klaftern.

Den 15ten Septemb. war die Höhe 29 Gr. 57 Min., die Tiefe 36 Klaftern.

Den 16ten Septemb. war die Polhöhe 30 Gr. 13 Min., die Tiefe 38 Klaftern.

Den 17ten Septemb. Sontags, konten wir die Höhe nicht nehmen. Die Tiefe
war 47 Klaftern.

Den 18ten Septemb. erlaubte das Wetter gleichfals keine Höhe zu nehmen; die
Tiefe war 34 Klaftern.

Den 19ten Septemb. war die Höhe 30 Gr. 31 Min., die Tiefe des Abends
48 Klaftern.

Den 20sten Septemb. die Höhe 30 Gr. 36 Min., die Tiefe des Abends 58, die
Nacht 70 Klafter. Heute Vormittags trafen wir mit dem Wurfspieße einen gelblich
blauen Delphin oder Dorades, sechs Spannen lang, welcher sehr schmakhaft war, und unsern
kranken Magen ungemein erquikte.

Den 21ten Septemb. erreichten wir die Höhe von 31 Gr. 30 Min. Dies ist nach
den gemeinen Seecharten die Breite von einer im japanischen Meer liegenden klippigen
Jnsel Matsima, welche als ein japanischer Hermes den Schiffern dient und von ihnen
aufgesucht werden mus, wenn sie nach oder aus Japan fahren. Wir sahen sie zwei

Stun-
J 3

Drit. Kap. Abreiſe des Verfaſſers von Judja.
in dem am 6ten September erlittenen Ueberfal los und locker geworden waren; welches
dann ſowol den Officiers als Gemeinen alle Luſt benahm, mit Laviren ferner anzuhalten.
Man hielt es vielmehr rathſam einen ſineſiſchen Hafen zu ſuchen, daſelbſt fuͤr einen Monat
Waſſer einzunehmen, und dann die Ruͤkreiſe nach Batavia anzutreten. Die Paſſagiers
und alle, die bei den Schifsraͤthen nur irgend etwas vermochten, ſuchten durch ihr Zure-
den dieſen Vorſchlag angelegentlich zu befoͤrdern. Er wuͤrde auch wahrſcheinlich geneh-
migt ſeyn, obgleich der im Bette und Trunkenheit begrabene Buchhalter ſeine Zuſtimm ung
nicht geben konte; haͤtte nicht noch endlich der Oberſteuerman einige Bedenklichkeiten da-
gegen eingebracht. Jch trug auch dazu bei, ſie zu beſtaͤrken. Denn ich hatte waͤhrend
dieſer Streitigkeit in einem mir von guter Hand mitgetheilten Tagebuch einer Reiſe nach
Japan nachgeſucht und gefunden, daß vor wenig Jahren noch in den leztern Tagen des
Septembers ein hollaͤndiſches Schif gluͤklich in Japan angekommen ſey. Jch gieng alſo
insgeheim zum Schiffer, und ſtelte ihm vor, daß die naſſen Felle in der heißen Luft zu
Batavia kein Jahr wuͤrden uͤberliegen koͤnnen, ohne verdorben zu werden, und daß man
dann dieſen Schaden, wegen ſeiner fruͤhzeitigen Ruͤkreiſe und Kleinmuͤthigkeit, ihm anrech-
nen wuͤrde. Jch zeigte ihm hiebei die Stelle meines Tagebuchs, welche er ſtutzend drei-
mal las, und dann beſchlos, den Vorſchlag der Ruͤkkehr fahren zu laſſen und keinen weitern
Widerſpruch anzuhoͤren.

Den 14ten Septemb. war die Polhoͤhe 29 Gr. 36 Min., des Abends die Mee-
restiefe 41 bis 46 Klaftern.

Den 15ten Septemb. war die Hoͤhe 29 Gr. 57 Min., die Tiefe 36 Klaftern.

Den 16ten Septemb. war die Polhoͤhe 30 Gr. 13 Min., die Tiefe 38 Klaftern.

Den 17ten Septemb. Sontags, konten wir die Hoͤhe nicht nehmen. Die Tiefe
war 47 Klaftern.

Den 18ten Septemb. erlaubte das Wetter gleichfals keine Hoͤhe zu nehmen; die
Tiefe war 34 Klaftern.

Den 19ten Septemb. war die Hoͤhe 30 Gr. 31 Min., die Tiefe des Abends
48 Klaftern.

Den 20ſten Septemb. die Hoͤhe 30 Gr. 36 Min., die Tiefe des Abends 58, die
Nacht 70 Klafter. Heute Vormittags trafen wir mit dem Wurfſpieße einen gelblich
blauen Delphin oder Dorades, ſechs Spannen lang, welcher ſehr ſchmakhaft war, und unſern
kranken Magen ungemein erquikte.

Den 21ten Septemb. erreichten wir die Hoͤhe von 31 Gr. 30 Min. Dies iſt nach
den gemeinen Seecharten die Breite von einer im japaniſchen Meer liegenden klippigen
Jnſel Matſima, welche als ein japaniſcher Hermes den Schiffern dient und von ihnen
aufgeſucht werden mus, wenn ſie nach oder aus Japan fahren. Wir ſahen ſie zwei

Stun-
J 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0157" n="69"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drit. Kap. Abrei&#x017F;e des Verfa&#x017F;&#x017F;ers von Judja.</hi></fw><lb/>
in dem am 6ten September erlittenen Ueberfal los und locker geworden waren; welches<lb/>
dann &#x017F;owol den Officiers als Gemeinen alle Lu&#x017F;t benahm, mit Laviren ferner anzuhalten.<lb/>
Man hielt es vielmehr rath&#x017F;am einen &#x017F;ine&#x017F;i&#x017F;chen Hafen zu &#x017F;uchen, da&#x017F;elb&#x017F;t fu&#x0364;r einen Monat<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er einzunehmen, und dann die Ru&#x0364;krei&#x017F;e nach Batavia anzutreten. Die Pa&#x017F;&#x017F;agiers<lb/>
und alle, die bei den Schifsra&#x0364;then nur irgend etwas vermochten, &#x017F;uchten durch ihr Zure-<lb/>
den die&#x017F;en Vor&#x017F;chlag angelegentlich zu befo&#x0364;rdern. Er wu&#x0364;rde auch wahr&#x017F;cheinlich geneh-<lb/>
migt &#x017F;eyn, obgleich der im Bette und Trunkenheit begrabene Buchhalter &#x017F;eine Zu&#x017F;timm ung<lb/>
nicht geben konte; ha&#x0364;tte nicht noch endlich der Ober&#x017F;teuerman einige Bedenklichkeiten da-<lb/>
gegen eingebracht. Jch trug auch dazu bei, &#x017F;ie zu be&#x017F;ta&#x0364;rken. Denn ich hatte wa&#x0364;hrend<lb/>
die&#x017F;er Streitigkeit in einem mir von guter Hand mitgetheilten Tagebuch einer Rei&#x017F;e nach<lb/>
Japan nachge&#x017F;ucht und gefunden, daß vor wenig Jahren noch in den leztern Tagen des<lb/>
Septembers ein holla&#x0364;ndi&#x017F;ches Schif glu&#x0364;klich in Japan angekommen &#x017F;ey. Jch gieng al&#x017F;o<lb/>
insgeheim zum Schiffer, und &#x017F;telte ihm vor, daß die na&#x017F;&#x017F;en Felle in der heißen Luft zu<lb/>
Batavia kein Jahr wu&#x0364;rden u&#x0364;berliegen ko&#x0364;nnen, ohne verdorben zu werden, und daß man<lb/>
dann die&#x017F;en Schaden, wegen &#x017F;einer fru&#x0364;hzeitigen Ru&#x0364;krei&#x017F;e und Kleinmu&#x0364;thigkeit, ihm anrech-<lb/>
nen wu&#x0364;rde. Jch zeigte ihm hiebei die Stelle meines Tagebuchs, welche er &#x017F;tutzend drei-<lb/>
mal las, und dann be&#x017F;chlos, den Vor&#x017F;chlag der Ru&#x0364;kkehr fahren zu la&#x017F;&#x017F;en und keinen weitern<lb/>
Wider&#x017F;pruch anzuho&#x0364;ren.</p><lb/>
            <p>Den 14ten Septemb. war die Polho&#x0364;he 29 Gr. 36 Min., des Abends die Mee-<lb/>
restiefe 41 bis 46 Klaftern.</p><lb/>
            <p>Den 15ten Septemb. war die Ho&#x0364;he 29 Gr. 57 Min., die Tiefe 36 Klaftern.</p><lb/>
            <p>Den 16ten Septemb. war die Polho&#x0364;he 30 Gr. 13 Min., die Tiefe 38 Klaftern.</p><lb/>
            <p>Den 17ten Septemb. Sontags, konten wir die Ho&#x0364;he nicht nehmen. Die Tiefe<lb/>
war 47 Klaftern.</p><lb/>
            <p>Den 18ten Septemb. erlaubte das Wetter gleichfals keine Ho&#x0364;he zu nehmen; die<lb/>
Tiefe war 34 Klaftern.</p><lb/>
            <p>Den 19ten Septemb. war die Ho&#x0364;he 30 Gr. 31 Min., die Tiefe des Abends<lb/>
48 Klaftern.</p><lb/>
            <p>Den 20&#x017F;ten Septemb. die Ho&#x0364;he 30 Gr. 36 Min., die Tiefe des Abends 58, die<lb/>
Nacht 70 Klafter. Heute Vormittags trafen wir mit dem Wurf&#x017F;pieße einen gelblich<lb/>
blauen Delphin oder Dorades, &#x017F;echs Spannen lang, welcher &#x017F;ehr &#x017F;chmakhaft war, und un&#x017F;ern<lb/>
kranken Magen ungemein erquikte.</p><lb/>
            <p>Den 21ten Septemb. erreichten wir die Ho&#x0364;he von 31 Gr. 30 Min. Dies i&#x017F;t nach<lb/>
den gemeinen Seecharten die Breite von einer im japani&#x017F;chen Meer liegenden klippigen<lb/>
Jn&#x017F;el <hi rendition="#fr">Mat&#x017F;ima,</hi> welche als ein japani&#x017F;cher <hi rendition="#fr">Hermes</hi> den Schiffern dient und von ihnen<lb/>
aufge&#x017F;ucht werden mus, wenn &#x017F;ie nach oder aus Japan fahren. Wir &#x017F;ahen &#x017F;ie zwei<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Stun-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0157] Drit. Kap. Abreiſe des Verfaſſers von Judja. in dem am 6ten September erlittenen Ueberfal los und locker geworden waren; welches dann ſowol den Officiers als Gemeinen alle Luſt benahm, mit Laviren ferner anzuhalten. Man hielt es vielmehr rathſam einen ſineſiſchen Hafen zu ſuchen, daſelbſt fuͤr einen Monat Waſſer einzunehmen, und dann die Ruͤkreiſe nach Batavia anzutreten. Die Paſſagiers und alle, die bei den Schifsraͤthen nur irgend etwas vermochten, ſuchten durch ihr Zure- den dieſen Vorſchlag angelegentlich zu befoͤrdern. Er wuͤrde auch wahrſcheinlich geneh- migt ſeyn, obgleich der im Bette und Trunkenheit begrabene Buchhalter ſeine Zuſtimm ung nicht geben konte; haͤtte nicht noch endlich der Oberſteuerman einige Bedenklichkeiten da- gegen eingebracht. Jch trug auch dazu bei, ſie zu beſtaͤrken. Denn ich hatte waͤhrend dieſer Streitigkeit in einem mir von guter Hand mitgetheilten Tagebuch einer Reiſe nach Japan nachgeſucht und gefunden, daß vor wenig Jahren noch in den leztern Tagen des Septembers ein hollaͤndiſches Schif gluͤklich in Japan angekommen ſey. Jch gieng alſo insgeheim zum Schiffer, und ſtelte ihm vor, daß die naſſen Felle in der heißen Luft zu Batavia kein Jahr wuͤrden uͤberliegen koͤnnen, ohne verdorben zu werden, und daß man dann dieſen Schaden, wegen ſeiner fruͤhzeitigen Ruͤkreiſe und Kleinmuͤthigkeit, ihm anrech- nen wuͤrde. Jch zeigte ihm hiebei die Stelle meines Tagebuchs, welche er ſtutzend drei- mal las, und dann beſchlos, den Vorſchlag der Ruͤkkehr fahren zu laſſen und keinen weitern Widerſpruch anzuhoͤren. Den 14ten Septemb. war die Polhoͤhe 29 Gr. 36 Min., des Abends die Mee- restiefe 41 bis 46 Klaftern. Den 15ten Septemb. war die Hoͤhe 29 Gr. 57 Min., die Tiefe 36 Klaftern. Den 16ten Septemb. war die Polhoͤhe 30 Gr. 13 Min., die Tiefe 38 Klaftern. Den 17ten Septemb. Sontags, konten wir die Hoͤhe nicht nehmen. Die Tiefe war 47 Klaftern. Den 18ten Septemb. erlaubte das Wetter gleichfals keine Hoͤhe zu nehmen; die Tiefe war 34 Klaftern. Den 19ten Septemb. war die Hoͤhe 30 Gr. 31 Min., die Tiefe des Abends 48 Klaftern. Den 20ſten Septemb. die Hoͤhe 30 Gr. 36 Min., die Tiefe des Abends 58, die Nacht 70 Klafter. Heute Vormittags trafen wir mit dem Wurfſpieße einen gelblich blauen Delphin oder Dorades, ſechs Spannen lang, welcher ſehr ſchmakhaft war, und unſern kranken Magen ungemein erquikte. Den 21ten Septemb. erreichten wir die Hoͤhe von 31 Gr. 30 Min. Dies iſt nach den gemeinen Seecharten die Breite von einer im japaniſchen Meer liegenden klippigen Jnſel Matſima, welche als ein japaniſcher Hermes den Schiffern dient und von ihnen aufgeſucht werden mus, wenn ſie nach oder aus Japan fahren. Wir ſahen ſie zwei Stun- J 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/157
Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/157>, abgerufen am 27.04.2024.