Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite
I. Th. I. B. II. Hauptst. Von dem Begriffe

Es ist also auch erlaubt, die Natur der Sinnen-
welt
als Typus einer intelligibelen Natur zu brau-
chen, so lange ich nur nicht die Anschauungen, und was
davon abhängig ist, auf diese übertrage, sondern blos
die Form der Gesetzmäßigkeit überhaupt (deren Be-
griff auch im reinsten Vernunftgebrauche stattfindet,
aber in keiner anderen Absicht, als blos zum reinen prac-
tischen Gebrauche der Vernunft, a priori bestimmt er-
kannt werden kann,) darauf beziehe. Denn Gesetze, als
solche, sind so fern einerley, sie mögen ihre Bestim-
mungsgründe hernehmen, woher sie wollen.

Uebrigens, da von allem Intelligibelen schlechter-
dings nichts als (vermittelst des moralischen Gesetzes)
die Freyheit, und auch diese nur so fern sie eine von
jenem unzertrennliche Voraussetzung ist, und ferner alle
intelligibele Gegenstände, auf welche uns die Vernunft,
nach Anleitung jenes Gesetzes, etwa noch führen möchte,
wiederum für uns keine Realität weiter haben, als zum
Behuf desselben Gesetzes und des Gebrauches der reinen
practischen Vernunft, diese aber zum Typus der Ur-
theilskraft die Natur (der reinen Verstandesform der-
selben nach) zu gebrauchen berechtigt und auch benö-
thigt ist: so dient die gegenwärtige Anmerkung dazu,
um zu verhüten, daß, was blos zur Typik der Be-
griffe gehört, nicht zu den Begriffen selbst gezählt wer-
de. Diese also, als Typik der Urtheilskraft, bewahrt
für dem Empirism der practischen Vernunft, der die

pra-
I. Th. I. B. II. Hauptſt. Von dem Begriffe

Es iſt alſo auch erlaubt, die Natur der Sinnen-
welt
als Typus einer intelligibelen Natur zu brau-
chen, ſo lange ich nur nicht die Anſchauungen, und was
davon abhaͤngig iſt, auf dieſe uͤbertrage, ſondern blos
die Form der Geſetzmaͤßigkeit uͤberhaupt (deren Be-
griff auch im reinſten Vernunftgebrauche ſtattfindet,
aber in keiner anderen Abſicht, als blos zum reinen prac-
tiſchen Gebrauche der Vernunft, a priori beſtimmt er-
kannt werden kann,) darauf beziehe. Denn Geſetze, als
ſolche, ſind ſo fern einerley, ſie moͤgen ihre Beſtim-
mungsgruͤnde hernehmen, woher ſie wollen.

Uebrigens, da von allem Intelligibelen ſchlechter-
dings nichts als (vermittelſt des moraliſchen Geſetzes)
die Freyheit, und auch dieſe nur ſo fern ſie eine von
jenem unzertrennliche Vorausſetzung iſt, und ferner alle
intelligibele Gegenſtaͤnde, auf welche uns die Vernunft,
nach Anleitung jenes Geſetzes, etwa noch fuͤhren moͤchte,
wiederum fuͤr uns keine Realitaͤt weiter haben, als zum
Behuf deſſelben Geſetzes und des Gebrauches der reinen
practiſchen Vernunft, dieſe aber zum Typus der Ur-
theilskraft die Natur (der reinen Verſtandesform der-
ſelben nach) zu gebrauchen berechtigt und auch benoͤ-
thigt iſt: ſo dient die gegenwaͤrtige Anmerkung dazu,
um zu verhuͤten, daß, was blos zur Typik der Be-
griffe gehoͤrt, nicht zu den Begriffen ſelbſt gezaͤhlt wer-
de. Dieſe alſo, als Typik der Urtheilskraft, bewahrt
fuͤr dem Empirism der practiſchen Vernunft, der die

pra-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0132" n="124"/>
              <fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">I.</hi> Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> B. <hi rendition="#aq">II.</hi> Haupt&#x017F;t. Von dem Begriffe</fw><lb/>
              <p>Es i&#x017F;t al&#x017F;o auch erlaubt, die <hi rendition="#fr">Natur der Sinnen-<lb/>
welt</hi> als <hi rendition="#fr">Typus</hi> einer <hi rendition="#fr">intelligibelen Natur</hi> zu brau-<lb/>
chen, &#x017F;o lange ich nur nicht die An&#x017F;chauungen, und was<lb/>
davon abha&#x0364;ngig i&#x017F;t, auf die&#x017F;e u&#x0364;bertrage, &#x017F;ondern blos<lb/>
die <hi rendition="#fr">Form der Ge&#x017F;etzma&#x0364;ßigkeit</hi> u&#x0364;berhaupt (deren Be-<lb/>
griff auch im rein&#x017F;ten Vernunftgebrauche &#x017F;tattfindet,<lb/>
aber in keiner anderen Ab&#x017F;icht, als blos zum reinen prac-<lb/>
ti&#x017F;chen Gebrauche der Vernunft, <hi rendition="#aq">a priori</hi> be&#x017F;timmt er-<lb/>
kannt werden kann,) darauf beziehe. Denn Ge&#x017F;etze, als<lb/>
&#x017F;olche, &#x017F;ind &#x017F;o fern einerley, &#x017F;ie mo&#x0364;gen ihre Be&#x017F;tim-<lb/>
mungsgru&#x0364;nde hernehmen, woher &#x017F;ie wollen.</p><lb/>
              <p>Uebrigens, da von allem Intelligibelen &#x017F;chlechter-<lb/>
dings nichts als (vermittel&#x017F;t des morali&#x017F;chen Ge&#x017F;etzes)<lb/>
die Freyheit, und auch die&#x017F;e nur &#x017F;o fern &#x017F;ie eine von<lb/>
jenem unzertrennliche Voraus&#x017F;etzung i&#x017F;t, und ferner alle<lb/>
intelligibele Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde, auf welche uns die Vernunft,<lb/>
nach Anleitung jenes Ge&#x017F;etzes, etwa noch fu&#x0364;hren mo&#x0364;chte,<lb/>
wiederum fu&#x0364;r uns keine Realita&#x0364;t weiter haben, als zum<lb/>
Behuf de&#x017F;&#x017F;elben Ge&#x017F;etzes und des Gebrauches der reinen<lb/>
practi&#x017F;chen Vernunft, die&#x017F;e aber zum Typus der Ur-<lb/>
theilskraft die Natur (der reinen Ver&#x017F;tandesform der-<lb/>
&#x017F;elben nach) zu gebrauchen berechtigt und auch beno&#x0364;-<lb/>
thigt i&#x017F;t: &#x017F;o dient die gegenwa&#x0364;rtige Anmerkung dazu,<lb/>
um zu verhu&#x0364;ten, daß, was blos zur <hi rendition="#fr">Typik</hi> der Be-<lb/>
griffe geho&#x0364;rt, nicht zu den Begriffen &#x017F;elb&#x017F;t geza&#x0364;hlt wer-<lb/>
de. Die&#x017F;e al&#x017F;o, als Typik der Urtheilskraft, bewahrt<lb/>
fu&#x0364;r dem <hi rendition="#fr">Empirism</hi> der practi&#x017F;chen Vernunft, der die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">pra-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[124/0132] I. Th. I. B. II. Hauptſt. Von dem Begriffe Es iſt alſo auch erlaubt, die Natur der Sinnen- welt als Typus einer intelligibelen Natur zu brau- chen, ſo lange ich nur nicht die Anſchauungen, und was davon abhaͤngig iſt, auf dieſe uͤbertrage, ſondern blos die Form der Geſetzmaͤßigkeit uͤberhaupt (deren Be- griff auch im reinſten Vernunftgebrauche ſtattfindet, aber in keiner anderen Abſicht, als blos zum reinen prac- tiſchen Gebrauche der Vernunft, a priori beſtimmt er- kannt werden kann,) darauf beziehe. Denn Geſetze, als ſolche, ſind ſo fern einerley, ſie moͤgen ihre Beſtim- mungsgruͤnde hernehmen, woher ſie wollen. Uebrigens, da von allem Intelligibelen ſchlechter- dings nichts als (vermittelſt des moraliſchen Geſetzes) die Freyheit, und auch dieſe nur ſo fern ſie eine von jenem unzertrennliche Vorausſetzung iſt, und ferner alle intelligibele Gegenſtaͤnde, auf welche uns die Vernunft, nach Anleitung jenes Geſetzes, etwa noch fuͤhren moͤchte, wiederum fuͤr uns keine Realitaͤt weiter haben, als zum Behuf deſſelben Geſetzes und des Gebrauches der reinen practiſchen Vernunft, dieſe aber zum Typus der Ur- theilskraft die Natur (der reinen Verſtandesform der- ſelben nach) zu gebrauchen berechtigt und auch benoͤ- thigt iſt: ſo dient die gegenwaͤrtige Anmerkung dazu, um zu verhuͤten, daß, was blos zur Typik der Be- griffe gehoͤrt, nicht zu den Begriffen ſelbſt gezaͤhlt wer- de. Dieſe alſo, als Typik der Urtheilskraft, bewahrt fuͤr dem Empirism der practiſchen Vernunft, der die pra-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788/132
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788/132>, abgerufen am 26.04.2024.