5. Der Antrag muß die Absicht, die Verfolgung herbei- zuführen, bestimmt zum Ausdrucke bringen.4 Verzicht auf den Antrag ist juristisch ohne Bedeutung;5 Widerruf der Rücknahme des gestellten Antrages unzulässig. Der Antrag ergreift die Klagthatsachen, nicht aber ihre juristische Qua- lifikation.
VI. Vollendung und Versuch des Verbrechens.
§. 32. Begriffliche Entwicklung.1
I. 1. Das Delikt ist vollendet, sobald jener Zustand herbeigeführt, bez. vereitelt ist, den herbeizuführen die Norm verbietet bez. gebietet, also mit dem Uebertretensein der Norm.
2. Von der Vollendung des Deliktes haben wir die Vollendung des Verbrechens zu unterscheiden. Das Ver- brechen ist vollendet mit der Herbeiführung desjenigen norm- widrigen Zustandes, an dessen Vorliegen (als Thatbestand) der Gesetzgeber den Eintritt der Strafe (als Rechtsfolge) geknüpft hat. Deckt sich jener Thatbestand mit dem Inhalte der Norm, dann fallen Vollendung des Deliktes und Voll- endung des Verbrechens in denselben Zeitpunkt. Decken sie sich nicht, so fallen auch beide Vollendungspunkte ausein- ander. So kann insbesondere der Gesetzgeber den Eintritt
4[Spaltenumbruch]
Ueber die Form vgl. StPO. §. 156.
5[Spaltenumbruch]
ROHG. vom 13. Oktober 1876.
1[Spaltenumbruch]
Lit. bei Binding Grund- riß S. 73. Dazu Cohn Zur Lehre vom versuchten und un- vollendeten Verbrechen I 1880.
Entwicklung des Verſuchsbegriffes. §. 32.
5. Der Antrag muß die Abſicht, die Verfolgung herbei- zuführen, beſtimmt zum Ausdrucke bringen.4 Verzicht auf den Antrag iſt juriſtiſch ohne Bedeutung;5 Widerruf der Rücknahme des geſtellten Antrages unzuläſſig. Der Antrag ergreift die Klagthatſachen, nicht aber ihre juriſtiſche Qua- lifikation.
VI. Vollendung und Verſuch des Verbrechens.
§. 32. Begriffliche Entwicklung.1
I. 1. Das Delikt iſt vollendet, ſobald jener Zuſtand herbeigeführt, bez. vereitelt iſt, den herbeizuführen die Norm verbietet bez. gebietet, alſo mit dem Uebertretenſein der Norm.
2. Von der Vollendung des Deliktes haben wir die Vollendung des Verbrechens zu unterſcheiden. Das Ver- brechen iſt vollendet mit der Herbeiführung desjenigen norm- widrigen Zuſtandes, an deſſen Vorliegen (als Thatbeſtand) der Geſetzgeber den Eintritt der Strafe (als Rechtsfolge) geknüpft hat. Deckt ſich jener Thatbeſtand mit dem Inhalte der Norm, dann fallen Vollendung des Deliktes und Voll- endung des Verbrechens in denſelben Zeitpunkt. Decken ſie ſich nicht, ſo fallen auch beide Vollendungspunkte ausein- ander. So kann insbeſondere der Geſetzgeber den Eintritt
4[Spaltenumbruch]
Ueber die Form vgl. StPO. §. 156.
5[Spaltenumbruch]
ROHG. vom 13. Oktober 1876.
1[Spaltenumbruch]
Lit. bei Binding Grund- riß S. 73. Dazu Cohn Zur Lehre vom verſuchten und un- vollendeten Verbrechen I 1880.
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[131/0157]
Entwicklung des Verſuchsbegriffes. §. 32.
5. Der Antrag muß die Abſicht, die Verfolgung herbei-
zuführen, beſtimmt zum Ausdrucke bringen. 4 Verzicht auf
den Antrag iſt juriſtiſch ohne Bedeutung; 5 Widerruf der
Rücknahme des geſtellten Antrages unzuläſſig. Der Antrag
ergreift die Klagthatſachen, nicht aber ihre juriſtiſche Qua-
lifikation.
VI. Vollendung und Verſuch des Verbrechens.
§. 32.
Begriffliche Entwicklung. 1
I. 1. Das Delikt iſt vollendet, ſobald jener Zuſtand
herbeigeführt, bez. vereitelt iſt, den herbeizuführen die Norm
verbietet bez. gebietet, alſo mit dem Uebertretenſein der
Norm.
2. Von der Vollendung des Deliktes haben wir die
Vollendung des Verbrechens zu unterſcheiden. Das Ver-
brechen iſt vollendet mit der Herbeiführung desjenigen norm-
widrigen Zuſtandes, an deſſen Vorliegen (als Thatbeſtand)
der Geſetzgeber den Eintritt der Strafe (als Rechtsfolge)
geknüpft hat. Deckt ſich jener Thatbeſtand mit dem Inhalte
der Norm, dann fallen Vollendung des Deliktes und Voll-
endung des Verbrechens in denſelben Zeitpunkt. Decken ſie
ſich nicht, ſo fallen auch beide Vollendungspunkte ausein-
ander. So kann insbeſondere der Geſetzgeber den Eintritt
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Ueber die Form vgl. StPO.
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ROHG. vom 13. Oktober
1876.
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Lit. bei Binding Grund-
riß S. 73. Dazu Cohn Zur
Lehre vom verſuchten und un-
vollendeten Verbrechen I 1880.
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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/157>, abgerufen am 19.03.2024.
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