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Nathusius, Hermann Engelhard von: Über die sogenannten Leporiden. Berlin, 1876.

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die Verbindung des Interparietale mit der Schuppe des Hinterhauptes
unsichtbar.

So finde ich es bei vierzig mir eben vorliegenden Schädeln von
Hasen (L. timidus Aut. auch bei den spezifisch nicht unterscheidbaren
südlichen und westlichen Formen desselben, ebenso beim Schnehasen
(L. variabilis Pall.) und auch bei verschiedenen amerikanischen Hasen,
welche in anderer Eigenthümlichkeit zur Hasengruppe gehören.

Bei dem europäischen wilden Kaninchen, welches ich in grosser
Zahl beobachtet habe, da es in meiner Heimath so zahlreich ist, dass
in günstigen Jahren auf einem Revier zuweilen über 1000 Stück in
einer Jagdzeit erlegt wurden, verhält sich das Interparietale wie beim
Hasen. Im Allgemeinen sind die Schädelknochen des wilden Kaninchens
etwas weniger dick, rauh und porös als die des Hasen und es mag sein,
dass deshalb die Nähte der Schädelknochen bei jenem länger oder deut-
licher sichtbar bleiben, doch habe ich bei erwachsenen und alten Thieren
einen Unterschied nicht finden können.

[Abbildung] Zwischenscheitelbeine
eines erwachsenen Hasen.
(No. 1172.)

Etwas anders verhält es sich bei den verschiedenen
Rassen des zahmen Kaninchens.

Die kleinern Formen, die sogenannten Stallhasen,
welche man vor dem Aufleben der modernen Zucht,
fast allein in Deutschland hielt, haben, bei grosser
Uebereinstimmung mit dem wilden Kaninchen, im All-
gemeinen, selbst im Alter, glattere und leichtere Schä-
delknochen und deshalb sind die Nähte des Inter-
parietale in vielen Fällen leichter und deutlicher zu sehen.

Bei einigen grössern Rassen, z. B. bei dem Widderkaninchen (Lop-
eared Rabbit der Engländer), dem belgischen Riesenkaninchen u. s. w.,
finde ich bei alten Thieren einen wesentlichen Unterschied von den
Hasen in Bezug auf Substanz der Hinterhauptsknochen nicht und
dann sind auch die Zwischenscheitelbeine fast ebenso undeutlich wie beim
alten Hasen. Selbst bei nur 10 Monate alten Individuen des belgischen
Riesenkaninchens fand ich die betreffenden Nähte bereits soweit ver-
wachsen, dass das Interparietale durch Mazeration nicht mehr isolirbar
war. Selten nur ist mir vorgekommen, dass bei erwachsenen Individuen
auf der Verbindung zwischen Interparietale und den Scheitelbeinen eine
so deutliche Naht erhalten war, wie sie in Figur 7 (Seite 117) bei
Darwin (Variation edit. 1868) abgebildet ist; vielleicht kommt, neben-
bei gesagt, etwas von dieser Deutlichkeit auf Conto des Zeichners.

Die relative Grösse des Interparietalknochens zur Grösse des Schä-
dels, die medianen, sagittalen und transversalen Dimensionen, die Kon-
turen desselben, kurz die ganze Gestalt desselben, ist bei allen Arten
der Leporinen individuel sehr verschieden; die oben (Seite 11) erwähnten
Abbildungen bei Darwin (l. c. Figur 9 a. 13 c, Figur 6. 7. 11),
sowie die später zu zitirenden, bei Sanson (Figur 1. 3), erschöpfen die

die Verbindung des Interparietale mit der Schuppe des Hinterhauptes
unsichtbar.

So finde ich es bei vierzig mir eben vorliegenden Schädeln von
Hasen (L. timidus Aut. auch bei den spezifisch nicht unterscheidbaren
südlichen und westlichen Formen desselben, ebenso beim Schnehasen
(L. variabilis Pall.) und auch bei verschiedenen amerikanischen Hasen,
welche in anderer Eigenthümlichkeit zur Hasengruppe gehören.

Bei dem europäischen wilden Kaninchen, welches ich in grosser
Zahl beobachtet habe, da es in meiner Heimath so zahlreich ist, dass
in günstigen Jahren auf einem Revier zuweilen über 1000 Stück in
einer Jagdzeit erlegt wurden, verhält sich das Interparietale wie beim
Hasen. Im Allgemeinen sind die Schädelknochen des wilden Kaninchens
etwas weniger dick, rauh und porös als die des Hasen und es mag sein,
dass deshalb die Nähte der Schädelknochen bei jenem länger oder deut-
licher sichtbar bleiben, doch habe ich bei erwachsenen und alten Thieren
einen Unterschied nicht finden können.

[Abbildung] Zwischenscheitelbeine
eines erwachsenen Hasen.
(No. 1172.)

Etwas anders verhält es sich bei den verschiedenen
Rassen des zahmen Kaninchens.

Die kleinern Formen, die sogenannten Stallhasen,
welche man vor dem Aufleben der modernen Zucht,
fast allein in Deutschland hielt, haben, bei grosser
Uebereinstimmung mit dem wilden Kaninchen, im All-
gemeinen, selbst im Alter, glattere und leichtere Schä-
delknochen und deshalb sind die Nähte des Inter-
parietale in vielen Fällen leichter und deutlicher zu sehen.

Bei einigen grössern Rassen, z. B. bei dem Widderkaninchen (Lop-
eared Rabbit der Engländer), dem belgischen Riesenkaninchen u. s. w.,
finde ich bei alten Thieren einen wesentlichen Unterschied von den
Hasen in Bezug auf Substanz der Hinterhauptsknochen nicht und
dann sind auch die Zwischenscheitelbeine fast ebenso undeutlich wie beim
alten Hasen. Selbst bei nur 10 Monate alten Individuen des belgischen
Riesenkaninchens fand ich die betreffenden Nähte bereits soweit ver-
wachsen, dass das Interparietale durch Mazeration nicht mehr isolirbar
war. Selten nur ist mir vorgekommen, dass bei erwachsenen Individuen
auf der Verbindung zwischen Interparietale und den Scheitelbeinen eine
so deutliche Naht erhalten war, wie sie in Figur 7 (Seite 117) bei
Darwin (Variation edit. 1868) abgebildet ist; vielleicht kommt, neben-
bei gesagt, etwas von dieser Deutlichkeit auf Conto des Zeichners.

Die relative Grösse des Interparietalknochens zur Grösse des Schä-
dels, die medianen, sagittalen und transversalen Dimensionen, die Kon-
turen desselben, kurz die ganze Gestalt desselben, ist bei allen Arten
der Leporinen individuel sehr verschieden; die oben (Seite 11) erwähnten
Abbildungen bei Darwin (l. c. Figur 9 a. 13 c, Figur 6. 7. 11),
sowie die später zu zitirenden, bei Sanson (Figur 1. 3), erschöpfen die

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[28/0036] die Verbindung des Interparietale mit der Schuppe des Hinterhauptes unsichtbar. So finde ich es bei vierzig mir eben vorliegenden Schädeln von Hasen (L. timidus Aut. auch bei den spezifisch nicht unterscheidbaren südlichen und westlichen Formen desselben, ebenso beim Schnehasen (L. variabilis Pall.) und auch bei verschiedenen amerikanischen Hasen, welche in anderer Eigenthümlichkeit zur Hasengruppe gehören. Bei dem europäischen wilden Kaninchen, welches ich in grosser Zahl beobachtet habe, da es in meiner Heimath so zahlreich ist, dass in günstigen Jahren auf einem Revier zuweilen über 1000 Stück in einer Jagdzeit erlegt wurden, verhält sich das Interparietale wie beim Hasen. Im Allgemeinen sind die Schädelknochen des wilden Kaninchens etwas weniger dick, rauh und porös als die des Hasen und es mag sein, dass deshalb die Nähte der Schädelknochen bei jenem länger oder deut- licher sichtbar bleiben, doch habe ich bei erwachsenen und alten Thieren einen Unterschied nicht finden können. [Abbildung Zwischenscheitelbeine eines erwachsenen Hasen. (No. 1172.)] Etwas anders verhält es sich bei den verschiedenen Rassen des zahmen Kaninchens. Die kleinern Formen, die sogenannten Stallhasen, welche man vor dem Aufleben der modernen Zucht, fast allein in Deutschland hielt, haben, bei grosser Uebereinstimmung mit dem wilden Kaninchen, im All- gemeinen, selbst im Alter, glattere und leichtere Schä- delknochen und deshalb sind die Nähte des Inter- parietale in vielen Fällen leichter und deutlicher zu sehen. Bei einigen grössern Rassen, z. B. bei dem Widderkaninchen (Lop- eared Rabbit der Engländer), dem belgischen Riesenkaninchen u. s. w., finde ich bei alten Thieren einen wesentlichen Unterschied von den Hasen in Bezug auf Substanz der Hinterhauptsknochen nicht und dann sind auch die Zwischenscheitelbeine fast ebenso undeutlich wie beim alten Hasen. Selbst bei nur 10 Monate alten Individuen des belgischen Riesenkaninchens fand ich die betreffenden Nähte bereits soweit ver- wachsen, dass das Interparietale durch Mazeration nicht mehr isolirbar war. Selten nur ist mir vorgekommen, dass bei erwachsenen Individuen auf der Verbindung zwischen Interparietale und den Scheitelbeinen eine so deutliche Naht erhalten war, wie sie in Figur 7 (Seite 117) bei Darwin (Variation edit. 1868) abgebildet ist; vielleicht kommt, neben- bei gesagt, etwas von dieser Deutlichkeit auf Conto des Zeichners. Die relative Grösse des Interparietalknochens zur Grösse des Schä- dels, die medianen, sagittalen und transversalen Dimensionen, die Kon- turen desselben, kurz die ganze Gestalt desselben, ist bei allen Arten der Leporinen individuel sehr verschieden; die oben (Seite 11) erwähnten Abbildungen bei Darwin (l. c. Figur 9 a. 13 c, Figur 6. 7. 11), sowie die später zu zitirenden, bei Sanson (Figur 1. 3), erschöpfen die

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Zitationshilfe: Nathusius, Hermann Engelhard von: Über die sogenannten Leporiden. Berlin, 1876, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_leporiden_1876/36>, abgerufen am 26.04.2024.