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[Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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Sterne aufgelöst; der Ring des Saturn war entdeckt, und die Berge des Mondes
wurden gemessen. Die Sonnenflecke führten auf die Kenntniß der Rotation des
großen Weltkörpers, so wie die Anwendung des Fernrohrs bei astronomischen
Winkelmessungen, eine früher stets mangelnde Genauigkeit erreichen ließ.

Das Thermometer 1660 von Drebbel in Alkmar erfunden, machte aufmerksam
auf die Verschiedenheit der Klimate, und ihren Einfluß auf die allgemeinen Vegeta-
tionsverhältnisse. Doch erst als Reaumur hundert Jahr später dies Instrument
durch die Bestimmung der beiden festen Punkte comparabel gemacht hatte, konnte
man sich desselben bei klimatischen Untersuchungen mit Nutzen bedienen.

1643 erfand der große Torricelli das Barometer, und der geistreiche Philosoph
Pascal wandte dasselbe auf die Messung der Berghöhen an. Es ist augenscheinlich
daß das Barometer sehr viel zu einer genaueren Kenntniß der Erdoberfläche
beigetragen hat, indem insbesondere die Anwendung dieses Instruments zu Hö-
henbestimmungen, uns mit der Lage vieler Länder und Städte bekannt gemacht hat,
was durch trigonometrische Messungen weder so schnell, noch in diesem Umfan-
ge zu erreichen gewesen wäre. So zum Beispiel können wir mittelst des Barometers
schnell bestimmen, daß München auf einem weiten plateau 1200' über dem Mee-
re gelegen ist, wogegen dieselbe Bestimmung durch Nivellement bis zum Meeres-
ufer großen Kosten- und Zeit-Aufwand erfordern würde.

Das einflußreichste Organ aber ist unstreitig die Analysis des Unendlichen, zu glei-
cher Zeit entdeckt von Newton und Leibnitz. Die Anwendung derselben auf Physik und Astro-
nomie war von der entschiedensten Wichtigkeit, und erscheint als eine der größten Bege-
benheiten in der Geschichte der physikalischen Wissenschaft, die von nun an, da auch die

Beobachtungen

Sterne aufgelöst; der Ring des Saturn war entdeckt, und die Berge des Mondes
wurden gemessen. Die Sonnenflecke führten auf die Kenntniß der Rotation des
großen Weltkörpers, so wie die Anwendung des Fernrohrs bei astronomischen
Winkelmessungen, eine früher stets mangelnde Genauigkeit erreichen ließ.

Das Thermometer 1660 von Drebbel in Alkmar erfunden, machte aufmerksam
auf die Verschiedenheit der Klimate, und ihren Einfluß auf die allgemeinen Vegeta-
tionsverhältnisse. Doch erst als Réaumur hundert Jahr später dies Instrument
durch die Bestimmung der beiden festen Punkte comparabel gemacht hatte, konnte
man sich desselben bei klimatischen Untersuchungen mit Nutzen bedienen.

1643 erfand der große Torricelli das Barometer, und der geistreiche Philosoph
Pascal wandte dasselbe auf die Messung der Berghöhen an. Es ist augenscheinlich
daß das Barometer sehr viel zu einer genaueren Kenntniß der Erdoberfläche
beigetragen hat, indem insbesondere die Anwendung dieses Instruments zu Hö-
henbestimmungen, uns mit der Lage vieler Länder und Städte bekannt gemacht hat,
was durch trigonometrische Messungen weder so schnell, noch in diesem Umfan-
ge zu erreichen gewesen wäre. So zum Beispiel können wir mittelst des Barometers
schnell bestimmen, daß München auf einem weiten plateau 1200′ über dem Mee-
re gelegen ist, wogegen dieselbe Bestimmung durch Nivellement bis zum Meeres-
ufer großen Kosten- und Zeit-Aufwand erfordern würde.

Das einflußreichste Organ aber ist unstreitig die Analysis des Unendlichen, zu glei-
cher Zeit entdeckt von Newton und Leibnitz. Die Anwendung derselben auf Physik und Astro-
nomie war von der entschiedensten Wichtigkeit, und erscheint als eine der größten Bege-
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Hamel, Jürgen u. Klaus Harro Tiemann (Hg.) (1993): Alexander von Humboldt: Über das Universum. Die Kosmosvorträge 1827/28 in der Berliner Singakademie. Frankfurt a. M.: Insel. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

Abweichungen dieser Druckedition von der Manuskriptvorlage werden im Text an der entsprechenden Stelle in editorischen Kommentaren ausgewiesen.

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Zitationshilfe: [Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 62v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/128>, abgerufen am 26.04.2024.