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[Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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zeugt. Ist gleich dasjenige, was von der Dichtkunst und Litteratur der schwarzen
Völker uns bekannt geworden, nicht eben wichtig, so zeigen neuere Forschungen
bei einem andern Stamme, den Indern und Chinesen eine früh entwickelte
Litteratur, und das Daseyn tief metaphysischer Werke, ähnlich denjenigen wel-
che der Scharfsinn der Europäer hervorgebracht hat.

Dem Systematiker wird es aber vergönnt seyn, verschiedene Hauptstäm-
me aufzustellen, und sie nach der abweichenden körperlichen Bildung einzu-
theilen. Die Hauptverschiedenheiten welche sich uns darbieten, bezeichnen
nach Cuvier den Stamm der Caucasier, der Mongolen und der Neger. -

Blumenbach, der Nestor der deutschen Naturforscher, nimmt 5 Menschen-
racen an, die Caucasische, Americanische, Mongolische, Malayische und die Aethio-
pische.

I. Der weiße caucasische Stamm zeichnet sich vorzüglich durch eine starke Aus-
bildung des Schaedels aus, wobei die Stirn sehr gewölbt ist, die Gesichtsknochen dagegen
zurückspringen. Das Haupthaar ist weich, lang, zuweilen lockig, nie wollig; die
Farbe der Haut mehr oder weniger weiß, so daß das Blut durchschimmert und
die Wangen röthet. Nur beim weißen Menschen mag jene augenblickliche Durch-
dringung des Hautsystems vom Blut, jene leichte Veränderung der Hautfarbe
statt finden, die den Ausdruck der Gemüthsbewegung so mächtig erhöhet.

Bei diesem Stamme findet sich der höchste Grad der Civilisation, die größte
Ausbildung der intellectuellen Kräfte, und nach unsern Begriffen, der Typus
der größten Schönheit, hauptsächlich bei den Circassiern und Georgiern, wenn
auch nicht in so unbedingter Ausdehnung als man früher angenommen. -

zeugt. Ist gleich dasjenige, was von der Dichtkunst und Litteratur der schwarzen
Völker uns bekannt geworden, nicht eben wichtig, so zeigen neuere Forschungen
bei einem andern Stamme, den Indern und Chinesen eine früh entwickelte
Litteratur, und das Daseyn tief metaphysischer Werke, ähnlich denjenigen wel-
che der Scharfsinn der Europäer hervorgebracht hat.

Dem Systematiker wird es aber vergönnt seyn, verschiedene Hauptstäm-
me aufzustellen, und sie nach der abweichenden körperlichen Bildung einzu-
theilen. Die Hauptverschiedenheiten welche sich uns darbieten, bezeichnen
nach Cuvier den Stamm der Caucasier, der Mongolen und der Neger. –

Blumenbach, der Nestor der deutschen Naturforscher, nimmt 5 Menschen-
racen an, die Caucasische, Americanische, Mongolische, Malayische und die Aethio-
pische.

I. Der weiße caucasische Stamm zeichnet sich vorzüglich durch eine starke Aus-
bildung des Schaedels aus, wobei die Stirn sehr gewölbt ist, die Gesichtsknochen dagegen
zurückspringen. Das Haupthaar ist weich, lang, zuweilen lockig, nie wollig; die
Farbe der Haut mehr oder weniger weiß, so daß das Blut durchschimmert und
die Wangen röthet. Nur beim weißen Menschen mag jene augenblickliche Durch-
dringung des Hautsystems vom Blut, jene leichte Veränderung der Hautfarbe
statt finden, die den Ausdruck der Gemüthsbewegung so mächtig erhöhet.

Bei diesem Stamme findet sich der höchste Grad der Civilisation, die größte
Ausbildung der intellectuellen Kräfte, und nach unsern Begriffen, der Typus
der größten Schönheit, hauptsächlich bei den Circassiern und Georgiern, wenn
auch nicht in so unbedingter Ausdehnung als man früher angenommen. –

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[43v/0090] zeugt. Ist gleich dasjenige, was von der Dichtkunst und Litteratur der schwarzen Völker uns bekannt geworden, nicht eben wichtig, so zeigen neuere Forschungen bei einem andern Stamme, den Indern und Chinesen eine früh entwickelte Litteratur, und das Daseyn tief metaphysischer Werke, ähnlich denjenigen wel- che der Scharfsinn der Europäer hervorgebracht hat. Dem Systematiker wird es aber vergönnt seyn, verschiedene Hauptstäm- me aufzustellen, und sie nach der abweichenden körperlichen Bildung einzu- theilen. Die Hauptverschiedenheiten welche sich uns darbieten, bezeichnen nach Cuvier den Stamm der Caucasier, der Mongolen und der Neger. – Blumenbach, der Nestor der deutschen Naturforscher, nimmt 5 Menschen- racen an, die Caucasische, Americanische, Mongolische, Malayische und die Aethio- pische. I. Der weiße caucasische Stamm zeichnet sich vorzüglich durch eine starke Aus- bildung des Schaedels aus, wobei die Stirn sehr gewölbt ist, die Gesichtsknochen dagegen zurückspringen. Das Haupthaar ist weich, lang, zuweilen lockig, nie wollig; die Farbe der Haut mehr oder weniger weiß, so daß das Blut durchschimmert und die Wangen röthet. Nur beim weißen Menschen mag jene augenblickliche Durch- dringung des Hautsystems vom Blut, jene leichte Veränderung der Hautfarbe statt finden, die den Ausdruck der Gemüthsbewegung so mächtig erhöhet. Bei diesem Stamme findet sich der höchste Grad der Civilisation, die größte Ausbildung der intellectuellen Kräfte, und nach unsern Begriffen, der Typus der größten Schönheit, hauptsächlich bei den Circassiern und Georgiern, wenn auch nicht in so unbedingter Ausdehnung als man früher angenommen. –

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

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Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Hamel, Jürgen u. Klaus Harro Tiemann (Hg.) (1993): Alexander von Humboldt: Über das Universum. Die Kosmosvorträge 1827/28 in der Berliner Singakademie. Frankfurt a. M.: Insel. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

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Zitationshilfe: [Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 43v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/90>, abgerufen am 26.04.2024.