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Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 1. Berlin, 1837.

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gelegenen Dorfe fahren; hier wurden unsere Wagen N002
und Pferde auf zwei grosse Kähne geladen, mit denen N003
wir nach fünfstündigem Rudern das jenseitige Ufer er- N004
reichten. Wir fuhren bei mehreren Inseln oder seichten N005
Stellen vorüber, wo die Bootsleute in das Wasser N006
sprangen und an den Rändern der Inseln entlang ge- N007
hend, oder in den Untiefen watend die Kähne weiter N008
zogen. Aber auch am jenseitigen Ufer angekommen, N009
hatten wir noch mancherlei Aufenthalt, da wir mittelst N010
Fähren, die nur jetzt für den hohen Wasserstand ein- N011
gerichtet waren, mehrmals über kleine Arme oder N012
Zuflüsse der Oka setzen mussten, so dass wir erst um N013
7 Uhr in Manakowa, der nächsten Station von Murom N014
anlangten, die im Sommer bei dem gewöhnlichen Stande N015
des Wassers und auf dem gewöhnlichen Wege nur N016
30 1/2 Werste von diesem Orte entfernt ist. Das Wetter N017
war übrigens den Tag über sehr heiter, und die Tem- N018
peratur der Luft am Vormittage 17°, 5 R., die des N019
Wassers 14°, 5 gewesen. Auf dem Wasser hatten wir N020
noch eine vortreffliche Aussicht auf die Stadt Murom N021
gehabt; nur unangenehm hatten sich dagegen die am N022
linken Ufer gelegenen Dörfer ausgenommen, die hin- N023
ter einem Walle von Dünger kaum sichtbar waren. N024
Die Bauern fahren nämlich denselben nicht auf ihre N025
Felder, die auch ohne ihn einen reichlichen Ertrag N026
liefern, sondern werfen ihn als Damm gegen das Was- N027
ser hinter ihre Häuser. Dieselbe Sitte fanden wir N028
später in allen Dörfern Russlands und Sibiriens, die N029
an Flüssen oder kleinen Bächen liegen; sie ist aber N030
gewiss ebenso schädlich als unangenehm, da die Dün- N031
gerwälle nicht allein einen widrigen Anblick gewäh- N032
ren, sondern auch im Sommer eine so grosse Menge N033
von Ungeziefer erzeugen, dass man daran gewöhnt N034
sein muss, um es zu dieser Zeit in solchen Dörfern N035
auszuhalten.

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Wir fuhren die Nacht hindurch; die Strasse ist N002
gross und breit, doch sandig und zu beiden Seiten mit

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gelegenen Dorfe fahren; hier wurden unsere Wagen N002
und Pferde auf zwei grosse Kähne geladen, mit denen N003
wir nach fünfstündigem Rudern das jenseitige Ufer er- N004
reichten. Wir fuhren bei mehreren Inseln oder seichten N005
Stellen vorüber, wo die Bootsleute in das Wasser N006
sprangen und an den Rändern der Inseln entlang ge- N007
hend, oder in den Untiefen watend die Kähne weiter N008
zogen. Aber auch am jenseitigen Ufer angekommen, N009
hatten wir noch mancherlei Aufenthalt, da wir mittelst N010
Fähren, die nur jetzt für den hohen Wasserstand ein- N011
gerichtet waren, mehrmals über kleine Arme oder N012
Zuflüsse der Oka setzen mussten, so dass wir erst um N013
7 Uhr in Manakowa, der nächsten Station von Murom N014
anlangten, die im Sommer bei dem gewöhnlichen Stande N015
des Wassers und auf dem gewöhnlichen Wege nur N016
30 ½ Werste von diesem Orte entfernt ist. Das Wetter N017
war übrigens den Tag über sehr heiter, und die Tem- N018
peratur der Luft am Vormittage 17°, 5 R., die des N019
Wassers 14°, 5 gewesen. Auf dem Wasser hatten wir N020
noch eine vortreffliche Aussicht auf die Stadt Murom N021
gehabt; nur unangenehm hatten sich dagegen die am N022
linken Ufer gelegenen Dörfer ausgenommen, die hin- N023
ter einem Walle von Dünger kaum sichtbar waren. N024
Die Bauern fahren nämlich denselben nicht auf ihre N025
Felder, die auch ohne ihn einen reichlichen Ertrag N026
liefern, sondern werfen ihn als Damm gegen das Was- N027
ser hinter ihre Häuser. Dieselbe Sitte fanden wir N028
später in allen Dörfern Russlands und Sibiriens, die N029
an Flüssen oder kleinen Bächen liegen; sie ist aber N030
gewiss ebenso schädlich als unangenehm, da die Dün- N031
gerwälle nicht allein einen widrigen Anblick gewäh- N032
ren, sondern auch im Sommer eine so grosse Menge N033
von Ungeziefer erzeugen, dass man daran gewöhnt N034
sein muss, um es zu dieser Zeit in solchen Dörfern N035
auszuhalten.

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Wir fuhren die Nacht hindurch; die Strasse ist N002
gross und breit, doch sandig und zu beiden Seiten mit

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[85/0119] N001 gelegenen Dorfe fahren; hier wurden unsere Wagen N002 und Pferde auf zwei grosse Kähne geladen, mit denen N003 wir nach fünfstündigem Rudern das jenseitige Ufer er- N004 reichten. Wir fuhren bei mehreren Inseln oder seichten N005 Stellen vorüber, wo die Bootsleute in das Wasser N006 sprangen und an den Rändern der Inseln entlang ge- N007 hend, oder in den Untiefen watend die Kähne weiter N008 zogen. Aber auch am jenseitigen Ufer angekommen, N009 hatten wir noch mancherlei Aufenthalt, da wir mittelst N010 Fähren, die nur jetzt für den hohen Wasserstand ein- N011 gerichtet waren, mehrmals über kleine Arme oder N012 Zuflüsse der Oka setzen mussten, so dass wir erst um N013 7 Uhr in Manakowa, der nächsten Station von Murom N014 anlangten, die im Sommer bei dem gewöhnlichen Stande N015 des Wassers und auf dem gewöhnlichen Wege nur N016 30 ½ Werste von diesem Orte entfernt ist. Das Wetter N017 war übrigens den Tag über sehr heiter, und die Tem- N018 peratur der Luft am Vormittage 17°, 5 R., die des N019 Wassers 14°, 5 gewesen. Auf dem Wasser hatten wir N020 noch eine vortreffliche Aussicht auf die Stadt Murom N021 gehabt; nur unangenehm hatten sich dagegen die am N022 linken Ufer gelegenen Dörfer ausgenommen, die hin- N023 ter einem Walle von Dünger kaum sichtbar waren. N024 Die Bauern fahren nämlich denselben nicht auf ihre N025 Felder, die auch ohne ihn einen reichlichen Ertrag N026 liefern, sondern werfen ihn als Damm gegen das Was- N027 ser hinter ihre Häuser. Dieselbe Sitte fanden wir N028 später in allen Dörfern Russlands und Sibiriens, die N029 an Flüssen oder kleinen Bächen liegen; sie ist aber N030 gewiss ebenso schädlich als unangenehm, da die Dün- N031 gerwälle nicht allein einen widrigen Anblick gewäh- N032 ren, sondern auch im Sommer eine so grosse Menge N033 von Ungeziefer erzeugen, dass man daran gewöhnt N034 sein muss, um es zu dieser Zeit in solchen Dörfern N035 auszuhalten. N001 Wir fuhren die Nacht hindurch; die Strasse ist N002 gross und breit, doch sandig und zu beiden Seiten mit

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Zitationshilfe: Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 1. Berlin, 1837, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural01_1837/119>, abgerufen am 26.04.2024.