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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
keines weges auff das Singen zu Lichtmeß zu re-
flecti
ren; iedoch ist es auch eine Sache/ da ein
ieder/ ohne Verletzung leines Gewissens/ davon
halten mag/ was er will.

Laß die Lerche sich hoch schwingen/
Und fein angenehme singen/
Ob sie auch gleich spät anfingen/
Und Mit-Fasten vorbey giengen/
Dürfft es doch noch kaum gelingen
Daß sie wird schön Wetter bringen.
Das 70. Capitel.

Wenn ein Junger-Gesell und eine
Jungfrau mit einander ein Kind aus der
Tauffe heben/ oder Gevatter stehen/ soll der
Pfaff sich zwischen sie stellen/ sonst wo sie
einander heyrathen/ würde stets Unei-
nigkeit zwischen ihnen seyn.

DIeses ist ein Glaubens-Grund/ der seinen
Ursprung aus den Mährlein-vollen
Pabstthum hat/ deswegener auch bey de-
nen Lutheranern und Reformirten am wenig-
sten in acht genommen wird/ es sey denn an sol-
chen Oertern/ allwo Papisten und Evangelische
unter einander wohnen/ da denn freylich der A-
berglaube wie die Pest iedermann anstecket. Ich
habe sonst zum öfftern (wiewohl ebenfalls aus ei-
nem abergläubischen Wahn) sagen hören/ daß/

wenn

Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
keines weges auff das Singen zu Lichtmeß zu re-
flecti
ren; iedoch iſt es auch eine Sache/ da ein
ieder/ ohne Verletzung leines Gewiſſens/ davon
halten mag/ was er will.

Laß die Lerche ſich hoch ſchwingen/
Und fein angenehme ſingen/
Ob ſie auch gleich ſpaͤt anfingen/
Und Mit-Faſten vorbey giengen/
Duͤrfft es doch noch kaum gelingen
Daß ſie wird ſchoͤn Wetter bringen.
Das 70. Capitel.

Wenn ein Junger-Geſell und eine
Jungfrau mit einander ein Kind aus der
Tauffe heben/ oder Gevatter ſtehen/ ſoll der
Pfaff ſich zwiſchen ſie ſtellen/ ſonſt wo ſie
einander heyrathen/ würde ſtets Unei-
nigkeit zwiſchen ihnen ſeyn.

DIeſes iſt ein Glaubens-Grund/ der ſeinen
Urſprung aus den Maͤhrlein-vollen
Pabſtthum hat/ deswegener auch bey de-
nen Lutheranern und Reformirten am wenig-
ſten in acht genommen wird/ es ſey denn an ſol-
chen Oertern/ allwo Papiſten und Evangeliſche
unter einander wohnen/ da denn freylich der A-
berglaube wie die Peſt iedermann anſtecket. Ich
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[349/0173] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. keines weges auff das Singen zu Lichtmeß zu re- flectiren; iedoch iſt es auch eine Sache/ da ein ieder/ ohne Verletzung leines Gewiſſens/ davon halten mag/ was er will. Laß die Lerche ſich hoch ſchwingen/ Und fein angenehme ſingen/ Ob ſie auch gleich ſpaͤt anfingen/ Und Mit-Faſten vorbey giengen/ Duͤrfft es doch noch kaum gelingen Daß ſie wird ſchoͤn Wetter bringen. Das 70. Capitel. Wenn ein Junger-Geſell und eine Jungfrau mit einander ein Kind aus der Tauffe heben/ oder Gevatter ſtehen/ ſoll der Pfaff ſich zwiſchen ſie ſtellen/ ſonſt wo ſie einander heyrathen/ würde ſtets Unei- nigkeit zwiſchen ihnen ſeyn. DIeſes iſt ein Glaubens-Grund/ der ſeinen Urſprung aus den Maͤhrlein-vollen Pabſtthum hat/ deswegener auch bey de- nen Lutheranern und Reformirten am wenig- ſten in acht genommen wird/ es ſey denn an ſol- chen Oertern/ allwo Papiſten und Evangeliſche unter einander wohnen/ da denn freylich der A- berglaube wie die Peſt iedermann anſtecket. Ich habe ſonſt zum oͤfftern (wiewohl ebenfalls aus ei- nem aberglaͤubiſchen Wahn) ſagen hoͤren/ daß/ wenn

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/173>, abgerufen am 26.04.2024.