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Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676.

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der Hölle und Höllischen Zustandes.
Hölle vorgehen wird/ da er nach einander es nennet/
Ibi erit fletus, gemitus, ululatus, cruciatus: Stridor,
clamor, timor, labor, ardor, faetor, anxietas, obscu-
ritas, acerbitas, asperitas, calamitas, egestas, angu-
stiae, tristitia, oblivio, confusio, torsiones, punctio-
nes, amaritudines, terrores, fames, sitis, frigus, sul-
phur & ignis ardens.
Wer so weit erst kommen/ daß
er dieses nach einander beginnet zubedenken/ der hat ei-
nen Fuß zur Seeligkeit schon angesetzet.

Solches nun mit einem sonderlichen Exempel et-
wa zuerklären/ so wird vermeldet von einem/ Nahmens
NB. NB. welcher ein rechter Weltmann und Wollüstler/
und alle dem/ was Eitelkeit und Begier gerahten/ ergeben/
und also bemittelet war/ daß er seinen Einfällen/ und sei-
ner Lust nichts sonderlichs abbrechen durfte: Diesem
NB. NB. ist es begegnet/ daß er einsmahl die Nacht
nicht schlaffen kunte/ er wandte sich von einer Seit zur
anderen/ bedachte und überlegte eines nach dem ander-
en/ schloß die Augen/ und wikkelte sich in die Daunen/
aber kein Einschlaffen wolte sich bei ihm anfinden/
wünschete den Tag/ und werete ihm die Nacht überlang
und wiederlich: Endlich fielen ihm nach mancherlei Be-
trachtungen auch diese Gedanken ein; Ei/ wie gehet es
dir dan/ du liegst im weichen Bette/ bist gesund/ hast
weder Hunger noch Durst/ und dennoch ist ein solches
schlafloses Warten/ so gar verdrießlich: Was woltestu
wol drum nehmen/ und also ein gantzes Jahr hinligen/
ohn Gesellschaft/ ohn Spiel/ ohn Lust und Kurtzweil?
Ei/ behüte mich GOtt dafür! aber doch/ wan du krank
endlich werden wirst/ und allerhand Schmertzen ent-
findest/ so wirstu dennoch müssen also ohn Ruhe und
sanftes Einschlaffen/ ohn mitspielende Gesellschaft/ und
ohn alle gewönliche Kurtzweil also hinligen/ und kanst
nicht wissen/ wie lange du also wirst müssen lagerhaftig

sein/

der Hoͤlle und Hoͤlliſchen Zuſtandes.
Hoͤlle vorgehen wird/ da er nach einander es nennet/
Ibi erit fletus, gemitus, ululatus, cruciatus: Stridor,
clamor, timor, labor, ardor, fætor, anxietas, obſcu-
ritas, acerbitas, aſperitas, calamitas, egeſtas, angu-
ſtiæ, triſtitia, oblivio, confuſio, torſiones, punctio-
nes, amaritudines, terrores, fames, ſitis, frigus, ſul-
phur & ignis ardens.
Wer ſo weit erſt kommen/ daß
er dieſes nach einander beginnet zubedenken/ der hat ei-
nen Fuß zur Seeligkeit ſchon angeſetzet.

Solches nun mit einem ſonderlichen Exempel et-
wa zuerklaͤren/ ſo wird vermeldet von einem/ Nahmens
NB. NB. welcher ein rechter Weltmañ und Wolluͤſtler/
und alle dem/ was Eitelkeit uñ Begier gerahten/ ergeben/
und alſo bemittelet war/ daß er ſeinen Einfaͤllen/ und ſei-
ner Luſt nichts ſonderlichs abbrechen durfte: Dieſem
NB. NB. iſt es begegnet/ daß er einsmahl die Nacht
nicht ſchlaffen kunte/ er wandte ſich von einer Seit zur
anderen/ bedachte und uͤberlegte eines nach dem ander-
en/ ſchloß die Augen/ und wikkelte ſich in die Daunen/
aber kein Einſchlaffen wolte ſich bei ihm anfinden/
wuͤnſchete den Tag/ und werete ihm die Nacht uͤberlang
und wiederlich: Endlich fielen ihm nach mancherlei Be-
trachtungen auch dieſe Gedanken ein; Ei/ wie gehet es
dir dan/ du liegſt im weichen Bette/ biſt geſund/ haſt
weder Hunger noch Durſt/ und dennoch iſt ein ſolches
ſchlafloſes Warten/ ſo gar verdrießlich: Was wolteſtu
wol drum nehmen/ und alſo ein gantzes Jahr hinligen/
ohn Geſellſchaft/ ohn Spiel/ ohn Luſt und Kurtzweil?
Ei/ behuͤte mich GOtt dafuͤr! aber doch/ wan du krank
endlich werden wirſt/ und allerhand Schmertzen ent-
findeſt/ ſo wirſtu dennoch muͤſſen alſo ohn Ruhe und
ſanftes Einſchlaffen/ ohn mitſpielende Geſellſchaft/ und
ohn alle gewoͤnliche Kurtzweil alſo hinligen/ und kanſt
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[283/0351] der Hoͤlle und Hoͤlliſchen Zuſtandes. Hoͤlle vorgehen wird/ da er nach einander es nennet/ Ibi erit fletus, gemitus, ululatus, cruciatus: Stridor, clamor, timor, labor, ardor, fætor, anxietas, obſcu- ritas, acerbitas, aſperitas, calamitas, egeſtas, angu- ſtiæ, triſtitia, oblivio, confuſio, torſiones, punctio- nes, amaritudines, terrores, fames, ſitis, frigus, ſul- phur & ignis ardens. Wer ſo weit erſt kommen/ daß er dieſes nach einander beginnet zubedenken/ der hat ei- nen Fuß zur Seeligkeit ſchon angeſetzet. Solches nun mit einem ſonderlichen Exempel et- wa zuerklaͤren/ ſo wird vermeldet von einem/ Nahmens NB. NB. welcher ein rechter Weltmañ und Wolluͤſtler/ und alle dem/ was Eitelkeit uñ Begier gerahten/ ergeben/ und alſo bemittelet war/ daß er ſeinen Einfaͤllen/ und ſei- ner Luſt nichts ſonderlichs abbrechen durfte: Dieſem NB. NB. iſt es begegnet/ daß er einsmahl die Nacht nicht ſchlaffen kunte/ er wandte ſich von einer Seit zur anderen/ bedachte und uͤberlegte eines nach dem ander- en/ ſchloß die Augen/ und wikkelte ſich in die Daunen/ aber kein Einſchlaffen wolte ſich bei ihm anfinden/ wuͤnſchete den Tag/ und werete ihm die Nacht uͤberlang und wiederlich: Endlich fielen ihm nach mancherlei Be- trachtungen auch dieſe Gedanken ein; Ei/ wie gehet es dir dan/ du liegſt im weichen Bette/ biſt geſund/ haſt weder Hunger noch Durſt/ und dennoch iſt ein ſolches ſchlafloſes Warten/ ſo gar verdrießlich: Was wolteſtu wol drum nehmen/ und alſo ein gantzes Jahr hinligen/ ohn Geſellſchaft/ ohn Spiel/ ohn Luſt und Kurtzweil? Ei/ behuͤte mich GOtt dafuͤr! aber doch/ wan du krank endlich werden wirſt/ und allerhand Schmertzen ent- findeſt/ ſo wirſtu dennoch muͤſſen alſo ohn Ruhe und ſanftes Einſchlaffen/ ohn mitſpielende Geſellſchaft/ und ohn alle gewoͤnliche Kurtzweil alſo hinligen/ und kanſt nicht wiſſen/ wie lange du alſo wirſt muͤſſen lagerhaftig ſein/

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Zitationshilfe: Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676/351>, abgerufen am 26.04.2024.