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Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

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wenn wir Lahnungen legen müssen, um den alten
Deich zu schützen, der grüne Klee hinter dem neuen
bringt das übermäßig ein!"

"Was sagt Ihr, Deichgraf?" riefen die Ge-
vollmächtigten; "Lahnungen? Wie viele denn?
Ihr liebt es, Alles beim theuersten Ende an-
zufassen!"

Die Karten lagen unberührt auf dem Tisch.
"Ich will's Dir sagen, Deichgraf," sagte Ole Peters
und stemmte beide Arme auf, "Dein neuer Koog
ist ein fressend Werk, was Du uns gestiftet hast!
Noch laborirt Alles an den schweren Kosten Deiner
breiten Deiche; nun frißt er uns auch den alten
Deich, und wir sollen ihn verneuen! -- Zum Glück
ist's nicht so schlimm; er hat diesmal gehalten
und wird es auch noch ferner thun! Steig' nur
morgen wieder auf Deinen Schimmel und sieh es
Dir noch einmal an!"

Hauke war aus dem Frieden seines Hauses
hieher gekommen; hinter den immerhin noch ge-
mäßigten Worten, die er eben hörte, lag -- er
konnte es nicht verkennen -- ein zäher Widerstand,
ihm war, als fehle ihm dagegen noch die alte Kraft.
"Ich will thun, wie Du es räthst, Ole," sprach

wenn wir Lahnungen legen müſſen, um den alten
Deich zu ſchützen, der grüne Klee hinter dem neuen
bringt das übermäßig ein!”

„Was ſagt Ihr, Deichgraf?” riefen die Ge-
vollmächtigten; „Lahnungen? Wie viele denn?
Ihr liebt es, Alles beim theuerſten Ende an-
zufaſſen!”

Die Karten lagen unberührt auf dem Tiſch.
„Ich will's Dir ſagen, Deichgraf,” ſagte Ole Peters
und ſtemmte beide Arme auf, „Dein neuer Koog
iſt ein freſſend Werk, was Du uns geſtiftet haſt!
Noch laborirt Alles an den ſchweren Koſten Deiner
breiten Deiche; nun frißt er uns auch den alten
Deich, und wir ſollen ihn verneuen! — Zum Glück
iſt's nicht ſo ſchlimm; er hat diesmal gehalten
und wird es auch noch ferner thun! Steig' nur
morgen wieder auf Deinen Schimmel und ſieh es
Dir noch einmal an!”

Hauke war aus dem Frieden ſeines Hauſes
hieher gekommen; hinter den immerhin noch ge-
mäßigten Worten, die er eben hörte, lag — er
konnte es nicht verkennen — ein zäher Widerſtand,
ihm war, als fehle ihm dagegen noch die alte Kraft.
„Ich will thun, wie Du es räthſt, Ole,” ſprach

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[191/0203] wenn wir Lahnungen legen müſſen, um den alten Deich zu ſchützen, der grüne Klee hinter dem neuen bringt das übermäßig ein!” „Was ſagt Ihr, Deichgraf?” riefen die Ge- vollmächtigten; „Lahnungen? Wie viele denn? Ihr liebt es, Alles beim theuerſten Ende an- zufaſſen!” Die Karten lagen unberührt auf dem Tiſch. „Ich will's Dir ſagen, Deichgraf,” ſagte Ole Peters und ſtemmte beide Arme auf, „Dein neuer Koog iſt ein freſſend Werk, was Du uns geſtiftet haſt! Noch laborirt Alles an den ſchweren Koſten Deiner breiten Deiche; nun frißt er uns auch den alten Deich, und wir ſollen ihn verneuen! — Zum Glück iſt's nicht ſo ſchlimm; er hat diesmal gehalten und wird es auch noch ferner thun! Steig' nur morgen wieder auf Deinen Schimmel und ſieh es Dir noch einmal an!” Hauke war aus dem Frieden ſeines Hauſes hieher gekommen; hinter den immerhin noch ge- mäßigten Worten, die er eben hörte, lag — er konnte es nicht verkennen — ein zäher Widerſtand, ihm war, als fehle ihm dagegen noch die alte Kraft. „Ich will thun, wie Du es räthſt, Ole,” ſprach

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/203>, abgerufen am 26.04.2024.