Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

Bild:
<< vorherige Seite

künstlichen Strumpf sinken und wandte das Ohr
hinüber.

"Ja, uns' Weerth," fuhr Hauke fort, "Ihr
habt doch schon die Frühlingsschau gehalten; aber
trotzdem hat Peter Jansen auf seinem Stück das
Unkraut auch noch heute nicht gebuscht; im Sommer
werden die Stieglitzer da wieder lustig um die
rothen Distelblumen spielen! Und dicht daneben,
ich weiß nicht, wem's gehört, ist an der Außen-
seite eine ganze Wiege in dem Deich; bei schön
Wetter liegt es immer voll von kleinen Kindern,
die sich darin wälzen; aber -- Gott bewahr' uns
vor Hochwasser!"

Die Augen des alten Deichgrafen waren immer
größer geworden.

"Und dann" -- sagte Hauke wieder.

"Was dann noch, Junge?" frug der Deich-
graf; "bist Du noch nicht fertig?" und es klang,
als sei der Rede seines Kleinknechts ihm schon zu
viel geworden.

"Ja, dann, uns' Weerth," sprach Hauke weiter;
"Ihr kennt die dicke Vollina, die Tochter vom
Gevollmächtigten Harders, die immer ihres Vaters
Pferde aus der Fenne holt, -- wenn sie nur eben

künſtlichen Strumpf ſinken und wandte das Ohr
hinüber.

„Ja, unſ' Weerth,” fuhr Hauke fort, „Ihr
habt doch ſchon die Frühlingsſchau gehalten; aber
trotzdem hat Peter Janſen auf ſeinem Stück das
Unkraut auch noch heute nicht gebuſcht; im Sommer
werden die Stieglitzer da wieder luſtig um die
rothen Diſtelblumen ſpielen! Und dicht daneben,
ich weiß nicht, wem's gehört, iſt an der Außen-
ſeite eine ganze Wiege in dem Deich; bei ſchön
Wetter liegt es immer voll von kleinen Kindern,
die ſich darin wälzen; aber — Gott bewahr' uns
vor Hochwaſſer!”

Die Augen des alten Deichgrafen waren immer
größer geworden.

„Und dann” — ſagte Hauke wieder.

„Was dann noch, Junge?” frug der Deich-
graf; „biſt Du noch nicht fertig?” und es klang,
als ſei der Rede ſeines Kleinknechts ihm ſchon zu
viel geworden.

„Ja, dann, unſ' Weerth,” ſprach Hauke weiter;
„Ihr kennt die dicke Vollina, die Tochter vom
Gevollmächtigten Harders, die immer ihres Vaters
Pferde aus der Fenne holt, — wenn ſie nur eben

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0059" n="47"/>
kün&#x017F;tlichen Strumpf &#x017F;inken und wandte das Ohr<lb/>
hinüber.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja, un&#x017F;' Weerth,&#x201D; fuhr Hauke fort, &#x201E;Ihr<lb/>
habt doch &#x017F;chon die Frühlings&#x017F;chau gehalten; aber<lb/>
trotzdem hat Peter Jan&#x017F;en auf &#x017F;einem Stück das<lb/>
Unkraut auch noch heute nicht gebu&#x017F;cht; im Sommer<lb/>
werden die Stieglitzer da wieder lu&#x017F;tig um die<lb/>
rothen Di&#x017F;telblumen &#x017F;pielen! Und dicht daneben,<lb/>
ich weiß nicht, wem's gehört, i&#x017F;t an der Außen-<lb/>
&#x017F;eite eine ganze Wiege in dem Deich; bei &#x017F;chön<lb/>
Wetter liegt es immer voll von kleinen Kindern,<lb/>
die &#x017F;ich darin wälzen; aber &#x2014; Gott bewahr' uns<lb/>
vor Hochwa&#x017F;&#x017F;er!&#x201D;</p><lb/>
        <p>Die Augen des alten Deichgrafen waren immer<lb/>
größer geworden.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und dann&#x201D; &#x2014; &#x017F;agte Hauke wieder.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was dann noch, Junge?&#x201D; frug der Deich-<lb/>
graf; &#x201E;bi&#x017F;t Du noch nicht fertig?&#x201D; und es klang,<lb/>
als &#x017F;ei der Rede &#x017F;eines Kleinknechts ihm &#x017F;chon zu<lb/>
viel geworden.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja, dann, un&#x017F;' Weerth,&#x201D; &#x017F;prach Hauke weiter;<lb/>
&#x201E;Ihr kennt die dicke Vollina, die Tochter vom<lb/>
Gevollmächtigten Harders, die immer ihres Vaters<lb/>
Pferde aus der Fenne holt, &#x2014; wenn &#x017F;ie nur eben<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[47/0059] künſtlichen Strumpf ſinken und wandte das Ohr hinüber. „Ja, unſ' Weerth,” fuhr Hauke fort, „Ihr habt doch ſchon die Frühlingsſchau gehalten; aber trotzdem hat Peter Janſen auf ſeinem Stück das Unkraut auch noch heute nicht gebuſcht; im Sommer werden die Stieglitzer da wieder luſtig um die rothen Diſtelblumen ſpielen! Und dicht daneben, ich weiß nicht, wem's gehört, iſt an der Außen- ſeite eine ganze Wiege in dem Deich; bei ſchön Wetter liegt es immer voll von kleinen Kindern, die ſich darin wälzen; aber — Gott bewahr' uns vor Hochwaſſer!” Die Augen des alten Deichgrafen waren immer größer geworden. „Und dann” — ſagte Hauke wieder. „Was dann noch, Junge?” frug der Deich- graf; „biſt Du noch nicht fertig?” und es klang, als ſei der Rede ſeines Kleinknechts ihm ſchon zu viel geworden. „Ja, dann, unſ' Weerth,” ſprach Hauke weiter; „Ihr kennt die dicke Vollina, die Tochter vom Gevollmächtigten Harders, die immer ihres Vaters Pferde aus der Fenne holt, — wenn ſie nur eben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zuerst erschienen in: Deutsche Rundschau (Berlin)… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/59
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/59>, abgerufen am 26.04.2024.