Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Bestandtheile des Bodens.
verdünnt, sah Saussure unmittelbar in die Wurzeln der Pflanzen übergehen. Es
scheint also wohl diejenige Form zu seyn, in welcher nächst der Kohlensäure die Nah-
rung und insbesondere der Kohlenstoff den Pflanzen zugeführt wird. Ohne Ausko-
chung durch bloßes Pressen erhält man wenig aus alten Humus. Aus frisch entstan-
denen oder mit thierischen Miste versetzten, giebt er auch durch bloße Auspressung
mehr. An der Lust verändert sich dieser Extraktivstoff. Auf seiner an der Luft ge-
stellten Auflösung erzeugt sich ein Häutchen, das, wenn die Auflösung geschüttelt
wird, in Flocken niederfällt, worauf dann eine neue entsteht. Jener Niederschlag ist
nun im Wasser unauflöslich geworden; wird aber wieder auflöslich, wenn ein Alkali
dazu kommt. Mancher Humus, den wir in der Natur finden, scheint zum großen
Theile aus solchem abgeschiedenen, aber unauflöslich gewordenen Extraktivstoff
zu bestehen.

§. 113.

Wirkung der
Alkalien auf
den Humus.
Die feuerbeständigen Alkalien lösen aber den Humus fast gänzlich auf, so wie
auch jenen unauflöslich gewordenen Extraktivstoff, und es entweicht während ihrer
Einwirkung Ammonium. Diese Auflösung wird durch Säuren zersetzt, welche dar-
aus ein verbrennliches Pulver niederschlagen, dessen Menge im Verhältniß zum Hu-
mus aber geringe ist. Der Alkohol löst den Humus nicht auf; er trennt nur wenig
Extraktivstoff und Harz davon.

§. 114.

Auflösbarkeit
und Vergäng-
lichkeit des
Humus.
Der eigentlichen Fäulniß ist der Humus nicht empfänglich, er scheint vielmehr
derselben widerstehend zu seyn. Denn der abgesonderte Extraktivstoff kann in fauligte
Gährung kommen; thut es aber nicht, so lange er mit den übrigen Theilen des Hu-
mus verbunden ist. Aber dennoch wird der Humus, durch Erzeugung der Kohlen-
säure und des Extraktivstoffs, wenn er der Luft ausgesetzt ist, noch mehr aber durch
den Wachsthum der Pflanzen, wenn er dem Boden nicht durch Düngung wiederge-
geben wird, endlich völlig verzehrt. Wäre das nicht, so müßte sich der Humus zu
einer weit größern Menge auf der Oberfläche des Erdbodens angehäuft haben, als
man ihn findet. "Die Zerstörbarkeit dieser vegetabilischen Erde, sagt Saussure der
"Aeltere, ist eine Thatsache, die weiter keinen Einwurf leidet, und Ackerbauer,
"die durch oft wiederholtes Umpflügen die Düngung ersetzen wollten, haben die trau-
"rige Erfahrung davon gemacht. Sie haben ihre Felder allmählig ärmer und durch

Beſtandtheile des Bodens.
verduͤnnt, ſah Sauſſure unmittelbar in die Wurzeln der Pflanzen uͤbergehen. Es
ſcheint alſo wohl diejenige Form zu ſeyn, in welcher naͤchſt der Kohlenſaͤure die Nah-
rung und insbeſondere der Kohlenſtoff den Pflanzen zugefuͤhrt wird. Ohne Ausko-
chung durch bloßes Preſſen erhaͤlt man wenig aus alten Humus. Aus friſch entſtan-
denen oder mit thieriſchen Miſte verſetzten, giebt er auch durch bloße Auspreſſung
mehr. An der Luſt veraͤndert ſich dieſer Extraktivſtoff. Auf ſeiner an der Luft ge-
ſtellten Aufloͤſung erzeugt ſich ein Haͤutchen, das, wenn die Aufloͤſung geſchuͤttelt
wird, in Flocken niederfaͤllt, worauf dann eine neue entſteht. Jener Niederſchlag iſt
nun im Waſſer unaufloͤslich geworden; wird aber wieder aufloͤslich, wenn ein Alkali
dazu kommt. Mancher Humus, den wir in der Natur finden, ſcheint zum großen
Theile aus ſolchem abgeſchiedenen, aber unaufloͤslich gewordenen Extraktivſtoff
zu beſtehen.

§. 113.

Wirkung der
Alkalien auf
den Humus.
Die feuerbeſtaͤndigen Alkalien loͤſen aber den Humus faſt gaͤnzlich auf, ſo wie
auch jenen unaufloͤslich gewordenen Extraktivſtoff, und es entweicht waͤhrend ihrer
Einwirkung Ammonium. Dieſe Aufloͤſung wird durch Saͤuren zerſetzt, welche dar-
aus ein verbrennliches Pulver niederſchlagen, deſſen Menge im Verhaͤltniß zum Hu-
mus aber geringe iſt. Der Alkohol loͤſt den Humus nicht auf; er trennt nur wenig
Extraktivſtoff und Harz davon.

§. 114.

Aufloͤsbarkeit
und Vergaͤng-
lichkeit des
Humus.
Der eigentlichen Faͤulniß iſt der Humus nicht empfaͤnglich, er ſcheint vielmehr
derſelben widerſtehend zu ſeyn. Denn der abgeſonderte Extraktivſtoff kann in fauligte
Gaͤhrung kommen; thut es aber nicht, ſo lange er mit den uͤbrigen Theilen des Hu-
mus verbunden iſt. Aber dennoch wird der Humus, durch Erzeugung der Kohlen-
ſaͤure und des Extraktivſtoffs, wenn er der Luft ausgeſetzt iſt, noch mehr aber durch
den Wachsthum der Pflanzen, wenn er dem Boden nicht durch Duͤngung wiederge-
geben wird, endlich voͤllig verzehrt. Waͤre das nicht, ſo muͤßte ſich der Humus zu
einer weit groͤßern Menge auf der Oberflaͤche des Erdbodens angehaͤuft haben, als
man ihn findet. „Die Zerſtoͤrbarkeit dieſer vegetabiliſchen Erde, ſagt Sauſſure der
„Aeltere, iſt eine Thatſache, die weiter keinen Einwurf leidet, und Ackerbauer,
„die durch oft wiederholtes Umpfluͤgen die Duͤngung erſetzen wollten, haben die trau-
„rige Erfahrung davon gemacht. Sie haben ihre Felder allmaͤhlig aͤrmer und durch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0154" n="110"/><fw place="top" type="header">Be&#x017F;tandtheile des Bodens.</fw><lb/>
verdu&#x0364;nnt, &#x017F;ah Sau&#x017F;&#x017F;ure unmittelbar in die Wurzeln der Pflanzen u&#x0364;bergehen. Es<lb/>
&#x017F;cheint al&#x017F;o wohl diejenige Form zu &#x017F;eyn, in welcher na&#x0364;ch&#x017F;t der Kohlen&#x017F;a&#x0364;ure die Nah-<lb/>
rung und insbe&#x017F;ondere der Kohlen&#x017F;toff den Pflanzen zugefu&#x0364;hrt wird. Ohne Ausko-<lb/>
chung durch bloßes Pre&#x017F;&#x017F;en erha&#x0364;lt man wenig aus alten Humus. Aus fri&#x017F;ch ent&#x017F;tan-<lb/>
denen oder mit thieri&#x017F;chen Mi&#x017F;te ver&#x017F;etzten, giebt er auch durch bloße Auspre&#x017F;&#x017F;ung<lb/>
mehr. An der Lu&#x017F;t vera&#x0364;ndert &#x017F;ich die&#x017F;er Extraktiv&#x017F;toff. Auf &#x017F;einer an der Luft ge-<lb/>
&#x017F;tellten Auflo&#x0364;&#x017F;ung erzeugt &#x017F;ich ein Ha&#x0364;utchen, das, wenn die Auflo&#x0364;&#x017F;ung ge&#x017F;chu&#x0364;ttelt<lb/>
wird, in Flocken niederfa&#x0364;llt, worauf dann eine neue ent&#x017F;teht. Jener Nieder&#x017F;chlag i&#x017F;t<lb/>
nun im Wa&#x017F;&#x017F;er unauflo&#x0364;slich geworden; wird aber wieder auflo&#x0364;slich, wenn ein Alkali<lb/>
dazu kommt. Mancher Humus, den wir in der Natur finden, &#x017F;cheint zum großen<lb/>
Theile aus &#x017F;olchem abge&#x017F;chiedenen, aber unauflo&#x0364;slich gewordenen Extraktiv&#x017F;toff<lb/>
zu be&#x017F;tehen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 113.</head><lb/>
            <p><note place="left">Wirkung der<lb/>
Alkalien auf<lb/>
den Humus.</note>Die feuerbe&#x017F;ta&#x0364;ndigen Alkalien lo&#x0364;&#x017F;en aber den Humus fa&#x017F;t ga&#x0364;nzlich auf, &#x017F;o wie<lb/>
auch jenen unauflo&#x0364;slich gewordenen Extraktiv&#x017F;toff, und es entweicht wa&#x0364;hrend ihrer<lb/>
Einwirkung Ammonium. Die&#x017F;e Auflo&#x0364;&#x017F;ung wird durch Sa&#x0364;uren zer&#x017F;etzt, welche dar-<lb/>
aus ein verbrennliches Pulver nieder&#x017F;chlagen, de&#x017F;&#x017F;en Menge im Verha&#x0364;ltniß zum Hu-<lb/>
mus aber geringe i&#x017F;t. Der Alkohol lo&#x0364;&#x017F;t den Humus nicht auf; er trennt nur wenig<lb/>
Extraktiv&#x017F;toff und Harz davon.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 114.</head><lb/>
            <p><note place="left">Auflo&#x0364;sbarkeit<lb/>
und Verga&#x0364;ng-<lb/>
lichkeit des<lb/>
Humus.</note>Der eigentlichen Fa&#x0364;ulniß i&#x017F;t der Humus nicht empfa&#x0364;nglich, er &#x017F;cheint vielmehr<lb/>
der&#x017F;elben wider&#x017F;tehend zu &#x017F;eyn. Denn der abge&#x017F;onderte Extraktiv&#x017F;toff kann in fauligte<lb/>
Ga&#x0364;hrung kommen; thut es aber nicht, &#x017F;o lange er mit den u&#x0364;brigen Theilen des Hu-<lb/>
mus verbunden i&#x017F;t. Aber dennoch wird der Humus, durch Erzeugung der Kohlen-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;ure und des Extraktiv&#x017F;toffs, wenn er der Luft ausge&#x017F;etzt i&#x017F;t, noch mehr aber durch<lb/>
den Wachsthum der Pflanzen, wenn er dem Boden nicht durch Du&#x0364;ngung wiederge-<lb/>
geben wird, endlich vo&#x0364;llig verzehrt. Wa&#x0364;re das nicht, &#x017F;o mu&#x0364;ßte &#x017F;ich der Humus zu<lb/>
einer weit gro&#x0364;ßern Menge auf der Oberfla&#x0364;che des Erdbodens angeha&#x0364;uft haben, als<lb/>
man ihn findet. &#x201E;Die Zer&#x017F;to&#x0364;rbarkeit die&#x017F;er vegetabili&#x017F;chen Erde, &#x017F;agt Sau&#x017F;&#x017F;ure der<lb/>
&#x201E;Aeltere, i&#x017F;t eine That&#x017F;ache, die weiter keinen Einwurf leidet, und Ackerbauer,<lb/>
&#x201E;die durch oft wiederholtes Umpflu&#x0364;gen die Du&#x0364;ngung er&#x017F;etzen wollten, haben die trau-<lb/>
&#x201E;rige Erfahrung davon gemacht. Sie haben ihre Felder allma&#x0364;hlig a&#x0364;rmer und durch<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0154] Beſtandtheile des Bodens. verduͤnnt, ſah Sauſſure unmittelbar in die Wurzeln der Pflanzen uͤbergehen. Es ſcheint alſo wohl diejenige Form zu ſeyn, in welcher naͤchſt der Kohlenſaͤure die Nah- rung und insbeſondere der Kohlenſtoff den Pflanzen zugefuͤhrt wird. Ohne Ausko- chung durch bloßes Preſſen erhaͤlt man wenig aus alten Humus. Aus friſch entſtan- denen oder mit thieriſchen Miſte verſetzten, giebt er auch durch bloße Auspreſſung mehr. An der Luſt veraͤndert ſich dieſer Extraktivſtoff. Auf ſeiner an der Luft ge- ſtellten Aufloͤſung erzeugt ſich ein Haͤutchen, das, wenn die Aufloͤſung geſchuͤttelt wird, in Flocken niederfaͤllt, worauf dann eine neue entſteht. Jener Niederſchlag iſt nun im Waſſer unaufloͤslich geworden; wird aber wieder aufloͤslich, wenn ein Alkali dazu kommt. Mancher Humus, den wir in der Natur finden, ſcheint zum großen Theile aus ſolchem abgeſchiedenen, aber unaufloͤslich gewordenen Extraktivſtoff zu beſtehen. §. 113. Die feuerbeſtaͤndigen Alkalien loͤſen aber den Humus faſt gaͤnzlich auf, ſo wie auch jenen unaufloͤslich gewordenen Extraktivſtoff, und es entweicht waͤhrend ihrer Einwirkung Ammonium. Dieſe Aufloͤſung wird durch Saͤuren zerſetzt, welche dar- aus ein verbrennliches Pulver niederſchlagen, deſſen Menge im Verhaͤltniß zum Hu- mus aber geringe iſt. Der Alkohol loͤſt den Humus nicht auf; er trennt nur wenig Extraktivſtoff und Harz davon. Wirkung der Alkalien auf den Humus. §. 114. Der eigentlichen Faͤulniß iſt der Humus nicht empfaͤnglich, er ſcheint vielmehr derſelben widerſtehend zu ſeyn. Denn der abgeſonderte Extraktivſtoff kann in fauligte Gaͤhrung kommen; thut es aber nicht, ſo lange er mit den uͤbrigen Theilen des Hu- mus verbunden iſt. Aber dennoch wird der Humus, durch Erzeugung der Kohlen- ſaͤure und des Extraktivſtoffs, wenn er der Luft ausgeſetzt iſt, noch mehr aber durch den Wachsthum der Pflanzen, wenn er dem Boden nicht durch Duͤngung wiederge- geben wird, endlich voͤllig verzehrt. Waͤre das nicht, ſo muͤßte ſich der Humus zu einer weit groͤßern Menge auf der Oberflaͤche des Erdbodens angehaͤuft haben, als man ihn findet. „Die Zerſtoͤrbarkeit dieſer vegetabiliſchen Erde, ſagt Sauſſure der „Aeltere, iſt eine Thatſache, die weiter keinen Einwurf leidet, und Ackerbauer, „die durch oft wiederholtes Umpfluͤgen die Duͤngung erſetzen wollten, haben die trau- „rige Erfahrung davon gemacht. Sie haben ihre Felder allmaͤhlig aͤrmer und durch Aufloͤsbarkeit und Vergaͤng- lichkeit des Humus.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/154
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/154>, abgerufen am 27.04.2024.