Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

Bild:
<< vorherige Seite
und denen daraus fliessenden Untug.

25. Ob nun wohl in der Belustigung des
Geschmacks und fleischlicher Lust das vornehm-
ste Wesen der Wollust bestehet; so ziehen doch
diese beyde Lüste auch die Belustigung der an-
dern Sinnen nach sich/
iedoch so ferne sie nach
jenen als nach ihren centro gerichtet sind/ in wel-
chen Ansehen sie auch den Nahmen der Belusti-
gung der Sinnen bekommen haben.

26. Also belustiget ein Wollüstiger sein Ge-
sicht mit
comoedien/ weil er daselbst was siehet/
dadurch er andere in der Sauff-compagnie lu-
stig machen kan/ weil durch die daselbst vorgestell-
te verliebte minen seine Geilheit gereitzet wird/
weil er daselbst gemeiniglich lustige/ oder com-
pagnie
von andern Geschlechte antrifft/ und off-
ters unter denen Zuschauern mehr warhaffte co-
moedi
en gespielet werden/ als auff dem theatro.
Er belustiget sein Gesichte mit der Schönheit
und Niedligkeit der Speisen und des Trancks/
mit der Schönheit des Frauenvolcks/
und
mit ansehen solcher Dinge/ die keuschen Augen
verboten sind/ mit dem Ansehen schöner Kleider/
mobilien u. s. w. so ferne dieselben die Lust des
Geschmacks/ und der Hurerey delicater und an-
genehmer machen. Da hingegen ein Ehrgei-
tziger
und Geldgeitziger ihr Gesichte mit einen
blancken Schwerd/ Königlichen Purpur/ schö-
nen Gelde/ Pferden/ Hunden/ Viehe u. s. w. be-
lustigen/ welches aber an sich selbst für keine Lust
gehalten wird. Denn man sagt wohl/ man ha-

be
N 3
und denen daraus flieſſenden Untug.

25. Ob nun wohl in der Beluſtigung des
Geſchmacks und fleiſchlicher Luſt das vornehm-
ſte Weſen der Wolluſt beſtehet; ſo ziehen doch
dieſe beyde Luͤſte auch die Beluſtigung der an-
dern Sinnen nach ſich/
iedoch ſo ferne ſie nach
jenen als nach ihren centro gerichtet ſind/ in wel-
chen Anſehen ſie auch den Nahmen der Beluſti-
gung der Sinnen bekommen haben.

26. Alſo beluſtiget ein Wolluͤſtiger ſein Ge-
ſicht mit
comœdien/ weil er daſelbſt was ſiehet/
dadurch er andere in der Sauff-compagnie lu-
ſtig machen kan/ weil durch die daſelbſt vorgeſtell-
te verliebte minen ſeine Geilheit gereitzet wird/
weil er daſelbſt gemeiniglich luſtige/ oder com-
pagnie
von andern Geſchlechte antrifft/ und off-
ters unter denen Zuſchauern mehr warhaffte co-
mœdi
en geſpielet werden/ als auff dem theatro.
Er beluſtiget ſein Geſichte mit der Schoͤnheit
und Niedligkeit der Speiſen uñ des Trancks/
mit der Schoͤnheit des Frauenvolcks/
und
mit anſehen ſolcher Dinge/ die keuſchen Augen
verboten ſind/ mit dem Anſehen ſchoͤner Kleider/
mobilien u. ſ. w. ſo ferne dieſelben die Luſt des
Geſchmacks/ und der Hurerey delicater und an-
genehmer machen. Da hingegen ein Ehrgei-
tziger
und Geldgeitziger ihr Geſichte mit einen
blancken Schwerd/ Koͤniglichen Purpur/ ſchoͤ-
nen Gelde/ Pferden/ Hunden/ Viehe u. ſ. w. be-
luſtigen/ welches aber an ſich ſelbſt fuͤr keine Luſt
gehalten wird. Denn man ſagt wohl/ man ha-

be
N 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0209" n="197"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">und denen daraus flie&#x017F;&#x017F;enden Untug.</hi> </fw><lb/>
        <p>25. Ob nun wohl in der Belu&#x017F;tigung des<lb/>
Ge&#x017F;chmacks und flei&#x017F;chlicher Lu&#x017F;t das vornehm-<lb/>
&#x017F;te We&#x017F;en der Wollu&#x017F;t be&#x017F;tehet; &#x017F;o ziehen doch<lb/>
die&#x017F;e beyde Lu&#x0364;&#x017F;te auch <hi rendition="#fr">die Belu&#x017F;tigung der an-<lb/>
dern Sinnen nach &#x017F;ich/</hi> iedoch &#x017F;o ferne &#x017F;ie nach<lb/>
jenen als nach ihren <hi rendition="#aq">centro</hi> gerichtet &#x017F;ind/ in wel-<lb/>
chen An&#x017F;ehen &#x017F;ie auch den Nahmen der Belu&#x017F;ti-<lb/>
gung der Sinnen bekommen haben.</p><lb/>
        <p>26. Al&#x017F;o belu&#x017F;tiget ein Wollu&#x0364;&#x017F;tiger <hi rendition="#fr">&#x017F;ein Ge-<lb/>
&#x017F;icht mit</hi> <hi rendition="#aq">com&#x0153;di</hi><hi rendition="#fr">en/</hi> weil er da&#x017F;elb&#x017F;t was &#x017F;iehet/<lb/>
dadurch er andere in der Sauff-<hi rendition="#aq">compagnie</hi> lu-<lb/>
&#x017F;tig machen kan/ weil durch die da&#x017F;elb&#x017F;t vorge&#x017F;tell-<lb/>
te verliebte <hi rendition="#aq">min</hi>en &#x017F;eine Geilheit gereitzet wird/<lb/>
weil er da&#x017F;elb&#x017F;t gemeiniglich lu&#x017F;tige/ oder <hi rendition="#aq">com-<lb/>
pagnie</hi> von andern Ge&#x017F;chlechte antrifft/ und off-<lb/>
ters unter denen Zu&#x017F;chauern mehr warhaffte <hi rendition="#aq">co-<lb/>
m&#x0153;di</hi>en ge&#x017F;pielet werden/ als auff dem <hi rendition="#aq">theatro.</hi><lb/>
Er belu&#x017F;tiget &#x017F;ein Ge&#x017F;ichte <hi rendition="#fr">mit der Scho&#x0364;nheit<lb/>
und Niedligkeit der Spei&#x017F;en un&#x0303; des Trancks/<lb/>
mit der Scho&#x0364;nheit des Frauenvolcks/</hi> und<lb/>
mit an&#x017F;ehen &#x017F;olcher Dinge/ die keu&#x017F;chen Augen<lb/>
verboten &#x017F;ind/ mit dem An&#x017F;ehen <hi rendition="#fr">&#x017F;cho&#x0364;ner Kleider/</hi><lb/><hi rendition="#aq">mobili</hi>en u. &#x017F;. w. &#x017F;o ferne die&#x017F;elben die Lu&#x017F;t des<lb/>
Ge&#x017F;chmacks/ und der Hurerey <hi rendition="#aq">delicater</hi> und an-<lb/>
genehmer machen. Da hingegen ein <hi rendition="#fr">Ehrgei-<lb/>
tziger</hi> und <hi rendition="#fr">Geldgeitziger</hi> ihr Ge&#x017F;ichte mit einen<lb/>
blancken Schwerd/ Ko&#x0364;niglichen Purpur/ &#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
nen Gelde/ Pferden/ Hunden/ Viehe u. &#x017F;. w. be-<lb/>
lu&#x017F;tigen/ welches aber an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t fu&#x0364;r keine Lu&#x017F;t<lb/>
gehalten wird. Denn man &#x017F;agt wohl/ man ha-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N 3</fw><fw place="bottom" type="catch">be</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[197/0209] und denen daraus flieſſenden Untug. 25. Ob nun wohl in der Beluſtigung des Geſchmacks und fleiſchlicher Luſt das vornehm- ſte Weſen der Wolluſt beſtehet; ſo ziehen doch dieſe beyde Luͤſte auch die Beluſtigung der an- dern Sinnen nach ſich/ iedoch ſo ferne ſie nach jenen als nach ihren centro gerichtet ſind/ in wel- chen Anſehen ſie auch den Nahmen der Beluſti- gung der Sinnen bekommen haben. 26. Alſo beluſtiget ein Wolluͤſtiger ſein Ge- ſicht mit comœdien/ weil er daſelbſt was ſiehet/ dadurch er andere in der Sauff-compagnie lu- ſtig machen kan/ weil durch die daſelbſt vorgeſtell- te verliebte minen ſeine Geilheit gereitzet wird/ weil er daſelbſt gemeiniglich luſtige/ oder com- pagnie von andern Geſchlechte antrifft/ und off- ters unter denen Zuſchauern mehr warhaffte co- mœdien geſpielet werden/ als auff dem theatro. Er beluſtiget ſein Geſichte mit der Schoͤnheit und Niedligkeit der Speiſen uñ des Trancks/ mit der Schoͤnheit des Frauenvolcks/ und mit anſehen ſolcher Dinge/ die keuſchen Augen verboten ſind/ mit dem Anſehen ſchoͤner Kleider/ mobilien u. ſ. w. ſo ferne dieſelben die Luſt des Geſchmacks/ und der Hurerey delicater und an- genehmer machen. Da hingegen ein Ehrgei- tziger und Geldgeitziger ihr Geſichte mit einen blancken Schwerd/ Koͤniglichen Purpur/ ſchoͤ- nen Gelde/ Pferden/ Hunden/ Viehe u. ſ. w. be- luſtigen/ welches aber an ſich ſelbſt fuͤr keine Luſt gehalten wird. Denn man ſagt wohl/ man ha- be N 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/209
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/209>, abgerufen am 26.04.2024.