Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

Bild:
<< vorherige Seite


ser Zeit offt gedacht/ die Holländer müsten die
Zehen Gebote in eines verwandelt haben/ das
heisse: gieb Geld ber. Ferner gieng dieser
Abgesandte Anno 1634. in Dennemarck/ von
dar in Schweden und Pohlen/ den damahli-
gen Stillstand Anno 1635. zu befördern. End-
lich als die Wexel bey mir nicht zulangen wol-
ten/ und gleichwohl keine Fortun in Franck-
reich zu hoffen war/ begab es sich/ daß offter-
wehnter de mesme Anno 1637. zu den Praeli-
minar
Friedens-Tractaten in Teutschland
geschickt ward/ da danckte ich GOtt/ daß ich
Gelegenheit hatte in mein Vaterland zu kom-
men. Aber der schlechte Zustand/ und die ü-
bergrosse Kriegs Unruh verderbten mir alle
Freude. Mein Geld/ das ich bey gewissen
Kauffleuten in Hamburg stehen hatte/ war
verzehrt; die geringen Feldgütergen erforder-
ten mehr Unkosten/ als ich davon nehmen kun-
te: und welches mich am meisten schmertzte/
ich hatte nichts gelernet/ davon Geld zu neh-
men war. Meine gantze Kunst bestund in dem/
daß ich von grossen Reisen/ von Balletten/ Co-
medien/ Masqueraden/ Banqueten und an-
der Eitelkeiten auffschneiden kunte: und mei-
ne Bibliothec war von zehen Frantzösischen
Liebes Büchern/ sechs Jtaliänischen Comö-

dien


ſer Zeit offt gedacht/ die Hollaͤnder muͤſten die
Zehen Gebote in eines verwandelt haben/ das
heiſſe: gieb Geld ber. Ferner gieng dieſer
Abgeſandte Anno 1634. in Dennemarck/ von
dar in Schweden und Pohlen/ den damahli-
gen Stillſtand Anno 1635. zu befoͤrdern. End-
lich als die Wexel bey mir nicht zulangen wol-
ten/ und gleichwohl keine Fortun in Franck-
reich zu hoffen war/ begab es ſich/ daß offter-
wehnter de meſme Anno 1637. zu den Præli-
minar
Friedens-Tractaten in Teutſchland
geſchickt ward/ da danckte ich GOtt/ daß ich
Gelegenheit hatte in mein Vaterland zu kom-
men. Aber der ſchlechte Zuſtand/ und die uͤ-
bergroſſe Kriegs Unruh verderbten mir alle
Freude. Mein Geld/ das ich bey gewiſſen
Kauffleuten in Hamburg ſtehen hatte/ war
verzehrt; die geringen Feldguͤtergen erforder-
ten mehr Unkoſten/ als ich davon nehmen kun-
te: und welches mich am meiſten ſchmertzte/
ich hatte nichts gelernet/ davon Geld zu neh-
men war. Meine gantze Kunſt beſtund in dem/
daß ich von groſſen Reiſen/ von Balletten/ Co-
medien/ Maſqueraden/ Banqueten und an-
der Eitelkeiten auffſchneiden kunte: und mei-
ne Bibliothec war von zehen Frantzoͤſiſchen
Liebes Buͤchern/ ſechs Jtaliaͤniſchen Comoͤ-

dien
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0072" n="66"/><lb/>
&#x017F;er Zeit offt gedacht/ die Holla&#x0364;nder mu&#x0364;&#x017F;ten die<lb/>
Zehen Gebote in eines verwandelt haben/ das<lb/>
hei&#x017F;&#x017F;e: gieb Geld ber. <hi rendition="#fr">F</hi>erner gieng die&#x017F;er<lb/>
Abge&#x017F;andte Anno 1634. in Dennemarck/ von<lb/>
dar in Schweden und Pohlen/ den damahli-<lb/>
gen Still&#x017F;tand Anno 1635. zu befo&#x0364;rdern. End-<lb/>
lich als die Wexel bey mir nicht zulangen wol-<lb/>
ten/ und gleichwohl keine <hi rendition="#aq">Fortun</hi> in <hi rendition="#fr">F</hi>ranck-<lb/>
reich zu hoffen war/ begab es &#x017F;ich/ daß offter-<lb/>
wehnter <hi rendition="#aq">de me&#x017F;me</hi> Anno 1637. zu den <hi rendition="#aq">Præli-<lb/>
minar</hi> <hi rendition="#fr">F</hi>riedens-Tractaten in Teut&#x017F;chland<lb/>
ge&#x017F;chickt ward/ da danckte ich GOtt/ daß ich<lb/>
Gelegenheit hatte in mein Vaterland zu kom-<lb/>
men. Aber der &#x017F;chlechte Zu&#x017F;tand/ und die u&#x0364;-<lb/>
bergro&#x017F;&#x017F;e Kriegs <hi rendition="#aq">U</hi>nruh verderbten mir alle<lb/><hi rendition="#fr">F</hi>reude. Mein Geld/ das ich bey gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Kauffleuten in Hamburg &#x017F;tehen hatte/ war<lb/>
verzehrt; die geringen <hi rendition="#fr">F</hi>eldgu&#x0364;tergen erforder-<lb/>
ten mehr Unko&#x017F;ten/ als ich davon nehmen kun-<lb/>
te: und welches mich am mei&#x017F;ten &#x017F;chmertzte/<lb/>
ich hatte nichts gelernet/ davon Geld zu neh-<lb/>
men war. Meine gantze Kun&#x017F;t be&#x017F;tund in dem/<lb/>
daß ich von gro&#x017F;&#x017F;en Rei&#x017F;en/ von Balletten/ Co-<lb/>
medien/ Ma&#x017F;queraden/ Banqueten und an-<lb/>
der Eitelkeiten auff&#x017F;chneiden kunte: und mei-<lb/>
ne <hi rendition="#aq">Bibliothec</hi> war von zehen Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen<lb/>
Liebes Bu&#x0364;chern/ &#x017F;echs Jtalia&#x0364;ni&#x017F;chen Como&#x0364;-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dien</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[66/0072] ſer Zeit offt gedacht/ die Hollaͤnder muͤſten die Zehen Gebote in eines verwandelt haben/ das heiſſe: gieb Geld ber. Ferner gieng dieſer Abgeſandte Anno 1634. in Dennemarck/ von dar in Schweden und Pohlen/ den damahli- gen Stillſtand Anno 1635. zu befoͤrdern. End- lich als die Wexel bey mir nicht zulangen wol- ten/ und gleichwohl keine Fortun in Franck- reich zu hoffen war/ begab es ſich/ daß offter- wehnter de meſme Anno 1637. zu den Præli- minar Friedens-Tractaten in Teutſchland geſchickt ward/ da danckte ich GOtt/ daß ich Gelegenheit hatte in mein Vaterland zu kom- men. Aber der ſchlechte Zuſtand/ und die uͤ- bergroſſe Kriegs Unruh verderbten mir alle Freude. Mein Geld/ das ich bey gewiſſen Kauffleuten in Hamburg ſtehen hatte/ war verzehrt; die geringen Feldguͤtergen erforder- ten mehr Unkoſten/ als ich davon nehmen kun- te: und welches mich am meiſten ſchmertzte/ ich hatte nichts gelernet/ davon Geld zu neh- men war. Meine gantze Kunſt beſtund in dem/ daß ich von groſſen Reiſen/ von Balletten/ Co- medien/ Maſqueraden/ Banqueten und an- der Eitelkeiten auffſchneiden kunte: und mei- ne Bibliothec war von zehen Frantzoͤſiſchen Liebes Buͤchern/ ſechs Jtaliaͤniſchen Comoͤ- dien

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe handelt es sich um die 2. Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/72
Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/72>, abgerufen am 26.04.2024.