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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.

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I Theil. Viertes Capitel.
blieben; das übrige hat sich nicht gefunden, woraus zu schließen ist, daß
diese Statue auswerts hergebracht sey, wo dieses Stück muß verloren ge-
gangen seyn: denn da dieser Mercurius, den Kopf ausgenommen, ohne
alle Beschädigung gefunden worden, hätte sich auch dessen Stab finden müssen.

dd Von der
Vergoldung.

Viele öffentliche Statuen von Erzt wurden vergoldet, wie das Gold
a Allgemein.noch itzo zeiget, welches sich erhalten hat an der Statue des Marcus Aure-
lius zu Pferde, an den Stücken von vier Pferden und einem Wagen, die
auf dem Herculanischen Theater standen, sonderlich an dem Hercules im
Campidoglio 1). Die Dauerhaftigkeit der Vergoldung an Statuen, welche
viele hundert Jahre unter der Erde verschüttet gelegen, bestehet in den star-
ken Goldblättern: denn das Gold wurde bey weiten nicht so dünne, als bey
uns, geschlagen, und Buonarroti 2) zeiget den großen Unterschied des
Verhältnisses. Daher sieht man in zwey verschütteten Zimmern des Pal-
lastes der Kaiser, auf dem Palatino in der Villa Farnese, die Zierrathen
von Golde so frisch, als wenn dieselben neulich gemacht worden; ohngeach-
tet diese Zimmer wegen des Erdreichs, womit sie bedecket sind, sehr feucht
seyn: die Himmelblauen und Bogenweis gezogenen Binden mit kleinen Figu-
ren in Golde können nicht ohne Verwunderung gesehen werden. Auch in
den Trümmern zu Persepolis 3) hat sich noch die Vergoldung erhalten.

b Von den
zwo Arten
derselben.

In Feuer vergoldet man auf zweyerley Art, wie bekannt ist; die eine
Art heißt Amalgema, die andere nennet man in Rom allo Spadaro, d. i.
nach Schwerdfeger Art. Diese geschieht mit aufgelegten Goldblättern,
jene Art aber ist ein aufgelösetes Gold in Scheidewasser. In dieses von
Gold schwangere Wasser wird Quecksilber gethan, und alsdenn wird es
auf ein gelindes Feuer gesetzet, damit das Scheidewasser verrauche, und
das Gold vereiniget sich mit dem Quecksilber, welches zu einer Salbe wird.
Mit dieser Salbe wird das Metall, wenn es vorher sorgfältig gereinigt
worden, geglühet bestrichen, und dieser Anstrich erscheinet alsdenn ganz
schwarz; von neuem aber aufs Feuer gelegt, bekommt das Gold seinen
Glanz. Diese Vergoldung ist gleichsam dem Metalle einverleibet, war
aber den Alten nicht bekannt; sie vergoldeten nur mit Blättern, nach dem

das
1) Maffei Stat. n. 20.
2) Osserv. sopr. alc. Medagl. p. 370.
3) Greave Descr. des Antiq. de Persep. p. 23.

I Theil. Viertes Capitel.
blieben; das uͤbrige hat ſich nicht gefunden, woraus zu ſchließen iſt, daß
dieſe Statue auswerts hergebracht ſey, wo dieſes Stuͤck muß verloren ge-
gangen ſeyn: denn da dieſer Mercurius, den Kopf ausgenommen, ohne
alle Beſchaͤdigung gefunden worden, haͤtte ſich auch deſſen Stab finden muͤſſen.

dd Von der
Vergoldung.

Viele oͤffentliche Statuen von Erzt wurden vergoldet, wie das Gold
α Allgemein.noch itzo zeiget, welches ſich erhalten hat an der Statue des Marcus Aure-
lius zu Pferde, an den Stuͤcken von vier Pferden und einem Wagen, die
auf dem Herculaniſchen Theater ſtanden, ſonderlich an dem Hercules im
Campidoglio 1). Die Dauerhaftigkeit der Vergoldung an Statuen, welche
viele hundert Jahre unter der Erde verſchuͤttet gelegen, beſtehet in den ſtar-
ken Goldblaͤttern: denn das Gold wurde bey weiten nicht ſo duͤnne, als bey
uns, geſchlagen, und Buonarroti 2) zeiget den großen Unterſchied des
Verhaͤltniſſes. Daher ſieht man in zwey verſchuͤtteten Zimmern des Pal-
laſtes der Kaiſer, auf dem Palatino in der Villa Farneſe, die Zierrathen
von Golde ſo friſch, als wenn dieſelben neulich gemacht worden; ohngeach-
tet dieſe Zimmer wegen des Erdreichs, womit ſie bedecket ſind, ſehr feucht
ſeyn: die Himmelblauen und Bogenweis gezogenen Binden mit kleinen Figu-
ren in Golde koͤnnen nicht ohne Verwunderung geſehen werden. Auch in
den Truͤmmern zu Perſepolis 3) hat ſich noch die Vergoldung erhalten.

β Von den
zwo Arten
derſelben.

In Feuer vergoldet man auf zweyerley Art, wie bekannt iſt; die eine
Art heißt Amalgema, die andere nennet man in Rom allo Spadaro, d. i.
nach Schwerdfeger Art. Dieſe geſchieht mit aufgelegten Goldblaͤttern,
jene Art aber iſt ein aufgeloͤſetes Gold in Scheidewaſſer. In dieſes von
Gold ſchwangere Waſſer wird Queckſilber gethan, und alsdenn wird es
auf ein gelindes Feuer geſetzet, damit das Scheidewaſſer verrauche, und
das Gold vereiniget ſich mit dem Queckſilber, welches zu einer Salbe wird.
Mit dieſer Salbe wird das Metall, wenn es vorher ſorgfaͤltig gereinigt
worden, gegluͤhet beſtrichen, und dieſer Anſtrich erſcheinet alsdenn ganz
ſchwarz; von neuem aber aufs Feuer gelegt, bekommt das Gold ſeinen
Glanz. Dieſe Vergoldung iſt gleichſam dem Metalle einverleibet, war
aber den Alten nicht bekannt; ſie vergoldeten nur mit Blaͤttern, nach dem

das
1) Maffei Stat. n. 20.
2) Oſſerv. ſopr. alc. Medagl. p. 370.
3) Greave Deſcr. des Antiq. de Perſep. p. 23.
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[260/0310] I Theil. Viertes Capitel. blieben; das uͤbrige hat ſich nicht gefunden, woraus zu ſchließen iſt, daß dieſe Statue auswerts hergebracht ſey, wo dieſes Stuͤck muß verloren ge- gangen ſeyn: denn da dieſer Mercurius, den Kopf ausgenommen, ohne alle Beſchaͤdigung gefunden worden, haͤtte ſich auch deſſen Stab finden muͤſſen. Viele oͤffentliche Statuen von Erzt wurden vergoldet, wie das Gold noch itzo zeiget, welches ſich erhalten hat an der Statue des Marcus Aure- lius zu Pferde, an den Stuͤcken von vier Pferden und einem Wagen, die auf dem Herculaniſchen Theater ſtanden, ſonderlich an dem Hercules im Campidoglio 1). Die Dauerhaftigkeit der Vergoldung an Statuen, welche viele hundert Jahre unter der Erde verſchuͤttet gelegen, beſtehet in den ſtar- ken Goldblaͤttern: denn das Gold wurde bey weiten nicht ſo duͤnne, als bey uns, geſchlagen, und Buonarroti 2) zeiget den großen Unterſchied des Verhaͤltniſſes. Daher ſieht man in zwey verſchuͤtteten Zimmern des Pal- laſtes der Kaiſer, auf dem Palatino in der Villa Farneſe, die Zierrathen von Golde ſo friſch, als wenn dieſelben neulich gemacht worden; ohngeach- tet dieſe Zimmer wegen des Erdreichs, womit ſie bedecket ſind, ſehr feucht ſeyn: die Himmelblauen und Bogenweis gezogenen Binden mit kleinen Figu- ren in Golde koͤnnen nicht ohne Verwunderung geſehen werden. Auch in den Truͤmmern zu Perſepolis 3) hat ſich noch die Vergoldung erhalten. α Allgemein. In Feuer vergoldet man auf zweyerley Art, wie bekannt iſt; die eine Art heißt Amalgema, die andere nennet man in Rom allo Spadaro, d. i. nach Schwerdfeger Art. Dieſe geſchieht mit aufgelegten Goldblaͤttern, jene Art aber iſt ein aufgeloͤſetes Gold in Scheidewaſſer. In dieſes von Gold ſchwangere Waſſer wird Queckſilber gethan, und alsdenn wird es auf ein gelindes Feuer geſetzet, damit das Scheidewaſſer verrauche, und das Gold vereiniget ſich mit dem Queckſilber, welches zu einer Salbe wird. Mit dieſer Salbe wird das Metall, wenn es vorher ſorgfaͤltig gereinigt worden, gegluͤhet beſtrichen, und dieſer Anſtrich erſcheinet alsdenn ganz ſchwarz; von neuem aber aufs Feuer gelegt, bekommt das Gold ſeinen Glanz. Dieſe Vergoldung iſt gleichſam dem Metalle einverleibet, war aber den Alten nicht bekannt; ſie vergoldeten nur mit Blaͤttern, nach dem das 1) Maffei Stat. n. 20. 2) Oſſerv. ſopr. alc. Medagl. p. 370. 3) Greave Deſcr. des Antiq. de Perſep. p. 23.

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/310>, abgerufen am 27.04.2024.