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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.

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I Theil. Fünftes Capitel.
was andere von verschiedenen Formen desselben vorgeben, wird durch den
Augenschein widerleget. Denn alle Statuen mit einem Panzer, auch ei-
nige andere, als ein nackender Augustus in der Villa Albani, Marcus
Aurelius zu Pferde, und zween gefangene Könige von schwarzem Marmor
im Campidoglio, auch die Kaiserlichen Brustbilder, haben diesen Mantel,
und man sieht deutlich, daß derselbe nicht viereckt, sondern rund gewesen
seyn muß, welches auch bloß die Falten zeigen, die anders nicht, wie sie
sind, hätten können geworfen werden. Dieser Mantel wurde durch einen
großen Knopf, insgemein auf der rechten Achsel, zusammengeheftet, und
hieng über die linke Achsel, welche er bedeckte, herunter, so daß der rechte
Arm frey blieb. Zuweilen aber sitzet dieser Knopf auf der linken Achsel, wie
an den Brustbildern des Drusus, des Claudius, des Galba, des Trajanus,
eines Hadrianus und eines Marcus Aurelius, im Campidoglio.

C.
Zierrathen
der Kleidung.

Die Zierrathen und Verbrämungen der Männlichen Kleidung, welche
auf Denkmalen nicht sichtbar sind, gehören nicht für diese Abhandlung;
da sich aber auf einem alten Herculanischen Gemälde, welches die Muse
Thalia vorstellet, ein vermeynter Clavus befindet 1), so ist dieses wenig-
stens anzuzeigen. Auf dem Mantel dieser Figur ist da, wo derselbe den
Schenkel bedecket, ein länglicher viereckigter Streif von verschiedener Farbe
hingesetzet, und die Verfasser der Beschreibung der Herculanischen Gemäl-
de suchen daselbst zu beweisen, daß dieser Streif der Clavus der Römer sey,
welches ein aufgenähetes oder eingewürktes Stück Purpur war, und durch
dessen verschiedene Breite die Würde und den Stand der Person anzeigete.
So viel habe ich zu erinnern gehabt über die Bekleidung des Leibes.

II.
Bekleidung
der Theile
des Körpers.

Die Bekleidung einzelner Theile betrifft das Haupt, die Beine, und
die Hände. Was das Haupt betrifft, so war kein Diadema unter den Rö-
mern im Gebrauche, wie bey den Griechen, bey welchen diese Hauptbinden

zuweilen
1) Pitt. Erc. T. 2. tav. 3. p. 18. n. 2.

I Theil. Fuͤnftes Capitel.
was andere von verſchiedenen Formen deſſelben vorgeben, wird durch den
Augenſchein widerleget. Denn alle Statuen mit einem Panzer, auch ei-
nige andere, als ein nackender Auguſtus in der Villa Albani, Marcus
Aurelius zu Pferde, und zween gefangene Koͤnige von ſchwarzem Marmor
im Campidoglio, auch die Kaiſerlichen Bruſtbilder, haben dieſen Mantel,
und man ſieht deutlich, daß derſelbe nicht viereckt, ſondern rund geweſen
ſeyn muß, welches auch bloß die Falten zeigen, die anders nicht, wie ſie
ſind, haͤtten koͤnnen geworfen werden. Dieſer Mantel wurde durch einen
großen Knopf, insgemein auf der rechten Achſel, zuſammengeheftet, und
hieng uͤber die linke Achſel, welche er bedeckte, herunter, ſo daß der rechte
Arm frey blieb. Zuweilen aber ſitzet dieſer Knopf auf der linken Achſel, wie
an den Bruſtbildern des Druſus, des Claudius, des Galba, des Trajanus,
eines Hadrianus und eines Marcus Aurelius, im Campidoglio.

C.
Zierrathen
der Kleidung.

Die Zierrathen und Verbraͤmungen der Maͤnnlichen Kleidung, welche
auf Denkmalen nicht ſichtbar ſind, gehoͤren nicht fuͤr dieſe Abhandlung;
da ſich aber auf einem alten Herculaniſchen Gemaͤlde, welches die Muſe
Thalia vorſtellet, ein vermeynter Clavus befindet 1), ſo iſt dieſes wenig-
ſtens anzuzeigen. Auf dem Mantel dieſer Figur iſt da, wo derſelbe den
Schenkel bedecket, ein laͤnglicher viereckigter Streif von verſchiedener Farbe
hingeſetzet, und die Verfaſſer der Beſchreibung der Herculaniſchen Gemaͤl-
de ſuchen daſelbſt zu beweiſen, daß dieſer Streif der Clavus der Roͤmer ſey,
welches ein aufgenaͤhetes oder eingewuͤrktes Stuͤck Purpur war, und durch
deſſen verſchiedene Breite die Wuͤrde und den Stand der Perſon anzeigete.
So viel habe ich zu erinnern gehabt uͤber die Bekleidung des Leibes.

II.
Bekleidung
der Theile
des Koͤrpers.

Die Bekleidung einzelner Theile betrifft das Haupt, die Beine, und
die Haͤnde. Was das Haupt betrifft, ſo war kein Diadema unter den Roͤ-
mern im Gebrauche, wie bey den Griechen, bey welchen dieſe Hauptbinden

zuweilen
1) Pitt. Erc. T. 2. tav. 3. p. 18. n. 2.
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[306/0356] I Theil. Fuͤnftes Capitel. was andere von verſchiedenen Formen deſſelben vorgeben, wird durch den Augenſchein widerleget. Denn alle Statuen mit einem Panzer, auch ei- nige andere, als ein nackender Auguſtus in der Villa Albani, Marcus Aurelius zu Pferde, und zween gefangene Koͤnige von ſchwarzem Marmor im Campidoglio, auch die Kaiſerlichen Bruſtbilder, haben dieſen Mantel, und man ſieht deutlich, daß derſelbe nicht viereckt, ſondern rund geweſen ſeyn muß, welches auch bloß die Falten zeigen, die anders nicht, wie ſie ſind, haͤtten koͤnnen geworfen werden. Dieſer Mantel wurde durch einen großen Knopf, insgemein auf der rechten Achſel, zuſammengeheftet, und hieng uͤber die linke Achſel, welche er bedeckte, herunter, ſo daß der rechte Arm frey blieb. Zuweilen aber ſitzet dieſer Knopf auf der linken Achſel, wie an den Bruſtbildern des Druſus, des Claudius, des Galba, des Trajanus, eines Hadrianus und eines Marcus Aurelius, im Campidoglio. Die Zierrathen und Verbraͤmungen der Maͤnnlichen Kleidung, welche auf Denkmalen nicht ſichtbar ſind, gehoͤren nicht fuͤr dieſe Abhandlung; da ſich aber auf einem alten Herculaniſchen Gemaͤlde, welches die Muſe Thalia vorſtellet, ein vermeynter Clavus befindet 1), ſo iſt dieſes wenig- ſtens anzuzeigen. Auf dem Mantel dieſer Figur iſt da, wo derſelbe den Schenkel bedecket, ein laͤnglicher viereckigter Streif von verſchiedener Farbe hingeſetzet, und die Verfaſſer der Beſchreibung der Herculaniſchen Gemaͤl- de ſuchen daſelbſt zu beweiſen, daß dieſer Streif der Clavus der Roͤmer ſey, welches ein aufgenaͤhetes oder eingewuͤrktes Stuͤck Purpur war, und durch deſſen verſchiedene Breite die Wuͤrde und den Stand der Perſon anzeigete. So viel habe ich zu erinnern gehabt uͤber die Bekleidung des Leibes. Die Bekleidung einzelner Theile betrifft das Haupt, die Beine, und die Haͤnde. Was das Haupt betrifft, ſo war kein Diadema unter den Roͤ- mern im Gebrauche, wie bey den Griechen, bey welchen dieſe Hauptbinden zuweilen 1) Pitt. Erc. T. 2. tav. 3. p. 18. n. 2.

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/356>, abgerufen am 03.05.2024.