Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Kunst unter den Römern.
zuweilen von Erzt gewesen seyn müssen, wie die Binde an dem Kopfe einesA.
Des Haupts.

vermeynten Ptolemäus von Erzt, in der Villa Albani, zu zeigen scheinet:
denn in demselben sind umher längliche Einschnitte, vermuthlich zum ein-
hacken 1). Der Bart wurde zuweilen unter dem Kinne in einen Knoten
geschürzet 2), wie man an einem Kopfe im Campidoglio, und an einem
andern Herculanischen zu Portici sieht. Die Spartaner durften keinen
Knebelbart tragen 3).

Das Haupt bedeckten sich die Reisenden, und die im offenen Felde sich
vor der Sonne, oder vor dem Regen, zu verwahren hatten, mit einem Hute,
welcher wie der unsrige geformet war, aber insgemein nicht mit aufgeschla-
genen Krempen, und der Kopf war niedrig, wie ich bey dem Hute der
Weiber im vorigen Capitel angezeiget habe. Dieser Hut war mit Bän-
dern, welche unter dem Halse konnten gebunden werden, und wenn man
mit unbedecktem Haupte gieng, wurde der Hut hinterwerts auf die Schul-
ter geworfen, und hieng an dem Bande: das Band aber ist niemals sicht-
bar. Mit einem hinterwerts geworfenen Hute ist Meleager auf verschie-
denen geschnittenen Steinen vorgestellet, und auf zwey einander ähnlichen
erhobenen Werken, in der Villa Borghese und Albani, welche den Amphion
und Zethus, mit ihrer Mutter Antiope, vorstellen, hat Zethus den Hut auf
der Schulter hängen, um das Hirtenleben, welches er ergriffen, abzubil-
den. Dieses Werk habe ich auch anderwerts zuerst bekannt gemacht 4).
Einen solchen Hut trugen auch die Athenienser in den ältesten Zeiten 5),
welches aber nachher abkam 6). Es findet sich eine andere Art von Hüten

mit
1) Man könnte also das Wort khalkeomitor, welches Euripides vom Hector gebraucht,
Troad. v. 271. von dieser Binde füglicher, als von dem Panzer, wie Barnes will,
verstehen.
2) Casaub. Animadv. in Athen. Deipn. L. 3. c. 19. p. 119. l. 24.
3) Ibid. L. 4. c. 9. p. 170. l. 3.
4) Descr. des Pier. grav. du Cab. de Stosch, p. 97.
5) Lucian. Gymnas. p. 895.
6) Philostr. Vit. Sophist. p. 572.
Q q 2

Von der Kunſt unter den Roͤmern.
zuweilen von Erzt geweſen ſeyn muͤſſen, wie die Binde an dem Kopfe einesA.
Des Haupts.

vermeynten Ptolemaͤus von Erzt, in der Villa Albani, zu zeigen ſcheinet:
denn in demſelben ſind umher laͤngliche Einſchnitte, vermuthlich zum ein-
hacken 1). Der Bart wurde zuweilen unter dem Kinne in einen Knoten
geſchuͤrzet 2), wie man an einem Kopfe im Campidoglio, und an einem
andern Herculaniſchen zu Portici ſieht. Die Spartaner durften keinen
Knebelbart tragen 3).

Das Haupt bedeckten ſich die Reiſenden, und die im offenen Felde ſich
vor der Sonne, oder vor dem Regen, zu verwahren hatten, mit einem Hute,
welcher wie der unſrige geformet war, aber insgemein nicht mit aufgeſchla-
genen Krempen, und der Kopf war niedrig, wie ich bey dem Hute der
Weiber im vorigen Capitel angezeiget habe. Dieſer Hut war mit Baͤn-
dern, welche unter dem Halſe konnten gebunden werden, und wenn man
mit unbedecktem Haupte gieng, wurde der Hut hinterwerts auf die Schul-
ter geworfen, und hieng an dem Bande: das Band aber iſt niemals ſicht-
bar. Mit einem hinterwerts geworfenen Hute iſt Meleager auf verſchie-
denen geſchnittenen Steinen vorgeſtellet, und auf zwey einander aͤhnlichen
erhobenen Werken, in der Villa Borgheſe und Albani, welche den Amphion
und Zethus, mit ihrer Mutter Antiope, vorſtellen, hat Zethus den Hut auf
der Schulter haͤngen, um das Hirtenleben, welches er ergriffen, abzubil-
den. Dieſes Werk habe ich auch anderwerts zuerſt bekannt gemacht 4).
Einen ſolchen Hut trugen auch die Athenienſer in den aͤlteſten Zeiten 5),
welches aber nachher abkam 6). Es findet ſich eine andere Art von Huͤten

mit
1) Man koͤnnte alſo das Wort χαλκεόμιτωρ, welches Euripides vom Hector gebraucht,
Troad. v. 271. von dieſer Binde fuͤglicher, als von dem Panzer, wie Barnes will,
verſtehen.
2) Caſaub. Animadv. in Athen. Deipn. L. 3. c. 19. p. 119. l. 24.
3) Ibid. L. 4. c. 9. p. 170. l. 3.
4) Deſcr. des Pier. grav. du Cab. de Stoſch, p. 97.
5) Lucian. Gymnaſ. p. 895.
6) Philoſtr. Vit. Sophiſt. p. 572.
Q q 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0357" n="307"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Kun&#x017F;t unter den Ro&#x0364;mern.</hi></fw><lb/>
zuweilen von Erzt gewe&#x017F;en &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, wie die Binde an dem Kopfe eines<note place="right"><hi rendition="#aq">A.</hi><lb/>
Des Haupts.</note><lb/>
vermeynten Ptolema&#x0364;us von Erzt, in der Villa Albani, zu zeigen &#x017F;cheinet:<lb/>
denn in dem&#x017F;elben &#x017F;ind umher la&#x0364;ngliche Ein&#x017F;chnitte, vermuthlich zum ein-<lb/>
hacken <note place="foot" n="1)">Man ko&#x0364;nnte al&#x017F;o das Wort &#x03C7;&#x03B1;&#x03BB;&#x03BA;&#x03B5;&#x03CC;&#x03BC;&#x03B9;&#x03C4;&#x03C9;&#x03C1;, welches Euripides vom Hector gebraucht,<lb/><hi rendition="#aq">Troad. v.</hi> 271. von die&#x017F;er Binde fu&#x0364;glicher, als von dem Panzer, wie Barnes will,<lb/>
ver&#x017F;tehen.</note>. Der Bart wurde zuweilen unter dem Kinne in einen Knoten<lb/>
ge&#x017F;chu&#x0364;rzet <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Ca&#x017F;aub. Animadv. in Athen. Deipn. L. 3. c. 19. p. 119. l.</hi> 24.</note>, wie man an einem Kopfe im Campidoglio, und an einem<lb/>
andern Herculani&#x017F;chen zu Portici &#x017F;ieht. Die Spartaner durften keinen<lb/>
Knebelbart tragen <note place="foot" n="3)"><hi rendition="#aq">Ibid. L. 4. c. 9. p. 170. l.</hi> 3.</note>.</p><lb/>
              <p>Das Haupt bedeckten &#x017F;ich die Rei&#x017F;enden, und die im offenen Felde &#x017F;ich<lb/>
vor der Sonne, oder vor dem Regen, zu verwahren hatten, mit einem Hute,<lb/>
welcher wie der un&#x017F;rige geformet war, aber insgemein nicht mit aufge&#x017F;chla-<lb/>
genen Krempen, und der Kopf war niedrig, wie ich bey dem Hute der<lb/>
Weiber im vorigen Capitel angezeiget habe. Die&#x017F;er Hut war mit Ba&#x0364;n-<lb/>
dern, welche unter dem Hal&#x017F;e konnten gebunden werden, und wenn man<lb/>
mit unbedecktem Haupte gieng, wurde der Hut hinterwerts auf die Schul-<lb/>
ter geworfen, und hieng an dem Bande: das Band aber i&#x017F;t niemals &#x017F;icht-<lb/>
bar. Mit einem hinterwerts geworfenen Hute i&#x017F;t Meleager auf ver&#x017F;chie-<lb/>
denen ge&#x017F;chnittenen Steinen vorge&#x017F;tellet, und auf zwey einander a&#x0364;hnlichen<lb/>
erhobenen Werken, in der Villa Borghe&#x017F;e und Albani, welche den Amphion<lb/>
und Zethus, mit ihrer Mutter Antiope, vor&#x017F;tellen, hat Zethus den Hut auf<lb/>
der Schulter ha&#x0364;ngen, um das Hirtenleben, welches er ergriffen, abzubil-<lb/>
den. Die&#x017F;es Werk habe ich auch anderwerts zuer&#x017F;t bekannt gemacht <note place="foot" n="4)"><hi rendition="#aq">De&#x017F;cr. des Pier. grav. du Cab. de Sto&#x017F;ch, p.</hi> 97.</note>.<lb/>
Einen &#x017F;olchen Hut trugen auch die Athenien&#x017F;er in den a&#x0364;lte&#x017F;ten Zeiten <note place="foot" n="5)"><hi rendition="#aq">Lucian. Gymna&#x017F;. p.</hi> 895.</note>,<lb/>
welches aber nachher abkam <note place="foot" n="6)"><hi rendition="#aq">Philo&#x017F;tr. Vit. Sophi&#x017F;t. p.</hi> 572.</note>. Es findet &#x017F;ich eine andere Art von Hu&#x0364;ten<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q q 2</fw><fw place="bottom" type="catch">mit</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[307/0357] Von der Kunſt unter den Roͤmern. zuweilen von Erzt geweſen ſeyn muͤſſen, wie die Binde an dem Kopfe eines vermeynten Ptolemaͤus von Erzt, in der Villa Albani, zu zeigen ſcheinet: denn in demſelben ſind umher laͤngliche Einſchnitte, vermuthlich zum ein- hacken 1). Der Bart wurde zuweilen unter dem Kinne in einen Knoten geſchuͤrzet 2), wie man an einem Kopfe im Campidoglio, und an einem andern Herculaniſchen zu Portici ſieht. Die Spartaner durften keinen Knebelbart tragen 3). A. Des Haupts. Das Haupt bedeckten ſich die Reiſenden, und die im offenen Felde ſich vor der Sonne, oder vor dem Regen, zu verwahren hatten, mit einem Hute, welcher wie der unſrige geformet war, aber insgemein nicht mit aufgeſchla- genen Krempen, und der Kopf war niedrig, wie ich bey dem Hute der Weiber im vorigen Capitel angezeiget habe. Dieſer Hut war mit Baͤn- dern, welche unter dem Halſe konnten gebunden werden, und wenn man mit unbedecktem Haupte gieng, wurde der Hut hinterwerts auf die Schul- ter geworfen, und hieng an dem Bande: das Band aber iſt niemals ſicht- bar. Mit einem hinterwerts geworfenen Hute iſt Meleager auf verſchie- denen geſchnittenen Steinen vorgeſtellet, und auf zwey einander aͤhnlichen erhobenen Werken, in der Villa Borgheſe und Albani, welche den Amphion und Zethus, mit ihrer Mutter Antiope, vorſtellen, hat Zethus den Hut auf der Schulter haͤngen, um das Hirtenleben, welches er ergriffen, abzubil- den. Dieſes Werk habe ich auch anderwerts zuerſt bekannt gemacht 4). Einen ſolchen Hut trugen auch die Athenienſer in den aͤlteſten Zeiten 5), welches aber nachher abkam 6). Es findet ſich eine andere Art von Huͤten mit 1) Man koͤnnte alſo das Wort χαλκεόμιτωρ, welches Euripides vom Hector gebraucht, Troad. v. 271. von dieſer Binde fuͤglicher, als von dem Panzer, wie Barnes will, verſtehen. 2) Caſaub. Animadv. in Athen. Deipn. L. 3. c. 19. p. 119. l. 24. 3) Ibid. L. 4. c. 9. p. 170. l. 3. 4) Deſcr. des Pier. grav. du Cab. de Stoſch, p. 97. 5) Lucian. Gymnaſ. p. 895. 6) Philoſtr. Vit. Sophiſt. p. 572. Q q 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/357
Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/357>, abgerufen am 03.05.2024.