Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100.

Bild:
<< vorherige Seite

"Was verlangen Sie so seltsam, mitten in der
Nacht?"

"Nur Jhre Uniform!"

"Wie, von einem Soldaten. Wissen Sie, was
Sie fordern?"

"O ja, denn ich war selbst Soldat. Jch weiß
auch ganz gut, daß seine Uniform verlieren, nicht viel
besser ist, als sein Gewehr fortwerfen. Und dennoch
bitte ich Sie, es gilt ein Menschenleben."

"Erklärung."

"Sie sind doch Protestant?"

"Von ganzem Herzen."

"Und müssen das Unwesen der Pfaffen hassen?"

"So weit es Unwesen ist, gewiß."

"Nun so können Sie's nicht zulassen, wenn man
ein freies, edles Mädchen, wider ihren Willen, wider
ihre Gelübde in ein Kloster mit Gewalt sperren will?"

"Gewiß nicht." --

"Der Maire Jblou hat seine Nichte in ein fer-
nes Kloster, in die Kreidefelsen der Bretagne, verkauft,
wo Niemand den Hülfsruf des armen Schlachtopfers
hören kann. Morgen wird sie in den Wagen verschlos-
sen, und kein menschliches Auge bekommt sie wieder zu
sehen, wenn ich nicht Die errette, die mir folgen will
über Länder und Meere, -- sey's in den Tod, lieber
doch als zu Jesuiten. Jch will sie retten -- setzte

„Was verlangen Sie ſo ſeltſam, mitten in der
Nacht?“

„Nur Jhre Uniform!“

„Wie, von einem Soldaten. Wiſſen Sie, was
Sie fordern?“

„O ja, denn ich war ſelbſt Soldat. Jch weiß
auch ganz gut, daß ſeine Uniform verlieren, nicht viel
beſſer iſt, als ſein Gewehr fortwerfen. Und dennoch
bitte ich Sie, es gilt ein Menſchenleben.“

„Erklärung.“

„Sie ſind doch Proteſtant?“

„Von ganzem Herzen.“

„Und müſſen das Unweſen der Pfaffen haſſen?“

„So weit es Unweſen iſt, gewiß.“

„Nun ſo können Sie’s nicht zulaſſen, wenn man
ein freies, edles Mädchen, wider ihren Willen, wider
ihre Gelübde in ein Kloſter mit Gewalt ſperren will?“

„Gewiß nicht.“ —

„Der Maire Jblou hat ſeine Nichte in ein fer-
nes Kloſter, in die Kreidefelſen der Bretagne, verkauft,
wo Niemand den Hülfsruf des armen Schlachtopfers
hören kann. Morgen wird ſie in den Wagen verſchloſ-
ſen, und kein menſchliches Auge bekommt ſie wieder zu
ſehen, wenn ich nicht Die errette, die mir folgen will
über Länder und Meere, — ſey’s in den Tod, lieber
doch als zu Jeſuiten. Jch will ſie retten — ſetzte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0090"/>
        <p>&#x201E;Was verlangen Sie &#x017F;o &#x017F;elt&#x017F;am, mitten in der<lb/>
Nacht?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nur Jhre Uniform!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wie, von einem Soldaten. Wi&#x017F;&#x017F;en Sie, was<lb/>
Sie fordern?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;O ja, denn ich war &#x017F;elb&#x017F;t Soldat. Jch weiß<lb/>
auch ganz gut, daß &#x017F;eine Uniform verlieren, nicht viel<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er i&#x017F;t, als &#x017F;ein Gewehr fortwerfen. Und dennoch<lb/>
bitte ich Sie, es gilt ein Men&#x017F;chenleben.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Erklärung.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie &#x017F;ind doch Prote&#x017F;tant?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Von ganzem Herzen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und mü&#x017F;&#x017F;en das Unwe&#x017F;en der Pfaffen ha&#x017F;&#x017F;en?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;So weit es Unwe&#x017F;en i&#x017F;t, gewiß.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nun &#x017F;o können Sie&#x2019;s nicht zula&#x017F;&#x017F;en, wenn man<lb/>
ein freies, edles Mädchen, wider ihren Willen, wider<lb/>
ihre Gelübde in ein Klo&#x017F;ter mit Gewalt &#x017F;perren will?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Gewiß nicht.&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Der Maire Jblou hat &#x017F;eine Nichte in ein fer-<lb/>
nes Klo&#x017F;ter, in die Kreidefel&#x017F;en der Bretagne, verkauft,<lb/>
wo Niemand den Hülfsruf des armen Schlachtopfers<lb/>
hören kann. Morgen wird &#x017F;ie in den Wagen ver&#x017F;chlo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, und kein men&#x017F;chliches Auge bekommt &#x017F;ie wieder zu<lb/>
&#x017F;ehen, wenn ich nicht <hi rendition="#g">Die</hi> errette, die mir folgen will<lb/>
über Länder und Meere, &#x2014; &#x017F;ey&#x2019;s in den Tod, lieber<lb/>
doch als zu Je&#x017F;uiten. Jch <hi rendition="#g">will</hi> &#x017F;ie retten &#x2014; &#x017F;etzte<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0090] „Was verlangen Sie ſo ſeltſam, mitten in der Nacht?“ „Nur Jhre Uniform!“ „Wie, von einem Soldaten. Wiſſen Sie, was Sie fordern?“ „O ja, denn ich war ſelbſt Soldat. Jch weiß auch ganz gut, daß ſeine Uniform verlieren, nicht viel beſſer iſt, als ſein Gewehr fortwerfen. Und dennoch bitte ich Sie, es gilt ein Menſchenleben.“ „Erklärung.“ „Sie ſind doch Proteſtant?“ „Von ganzem Herzen.“ „Und müſſen das Unweſen der Pfaffen haſſen?“ „So weit es Unweſen iſt, gewiß.“ „Nun ſo können Sie’s nicht zulaſſen, wenn man ein freies, edles Mädchen, wider ihren Willen, wider ihre Gelübde in ein Kloſter mit Gewalt ſperren will?“ „Gewiß nicht.“ — „Der Maire Jblou hat ſeine Nichte in ein fer- nes Kloſter, in die Kreidefelſen der Bretagne, verkauft, wo Niemand den Hülfsruf des armen Schlachtopfers hören kann. Morgen wird ſie in den Wagen verſchloſ- ſen, und kein menſchliches Auge bekommt ſie wieder zu ſehen, wenn ich nicht Die errette, die mir folgen will über Länder und Meere, — ſey’s in den Tod, lieber doch als zu Jeſuiten. Jch will ſie retten — ſetzte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Andreas Hungeling / https://www.stimm-los.de/: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-07-16T12:57:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-07-16T12:57:05Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830/90
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100, hier S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830/90>, abgerufen am 30.04.2024.