Leuchter, denn darin hatte ers versehen. Die Stube sah Ihnen doch wie ein Paradies aus. Da hatte er Blumen und Bäume von Winkel-Bouches bringen lassen, und Wachslichter hinter die Büsche, und oben hatte er sich vom Theater eine Lampe geborgt, ganz blaß, die sah wie Mondenschein aus, und hinten war die rothe Gardine zum Zurückschlagen, und davor zwei große Bäume, das waren aber Tannen aus dem Thiergarten, und da huckten oben zwei Amoretten, sie waren angebunden, aber nicht ganz fest. Und Räucherpulver war auf ein Kohlenbecken gestreut, das war so verdeckt, daß es wie ein Altar aussah, und die kleine Stube roch Ihnen süß und schön. Ich mußte nun dahinter kauern, und wenn er einträte, sollte ich vorspringen, und ihm den Pfeil auf die Brust halten, und die Worte sprechen:
O edler Menschenfreund, Dein tugendhaftes Herz,
Wenn dieser Pfeil es trifft, so sei es nicht zum Schmerz.
Wenn dies ihr Tempel war, ist er von jetzt ab Dein
Sei Du sie Phöbus nun in diesem Mondenschein.
Nu können Sie sich vorstellen, Engelchen, wie mein Herz schlug, als ich ihn die Treppe raufkommen hörte; Herr Jesus, ich glaubte doch, mir würde es in der Kehle stecken bleiben. Und der Mann von der Frau, der stand auch so und japste an der Thür; er war auch baumgroß mit einem Tressenrock, und weißsei¬ denen Strümpfen. -- Und die weißen Handschuhe zit¬ terten nur so, wie er die Armleuchter hielt. Und wie der Herr draußen die letzte Treppe rauf steigt, --
Leuchter, denn darin hatte ers verſehen. Die Stube ſah Ihnen doch wie ein Paradies aus. Da hatte er Blumen und Bäume von Winkel-Bouchés bringen laſſen, und Wachslichter hinter die Büſche, und oben hatte er ſich vom Theater eine Lampe geborgt, ganz blaß, die ſah wie Mondenſchein aus, und hinten war die rothe Gardine zum Zurückſchlagen, und davor zwei große Bäume, das waren aber Tannen aus dem Thiergarten, und da huckten oben zwei Amoretten, ſie waren angebunden, aber nicht ganz feſt. Und Räucherpulver war auf ein Kohlenbecken geſtreut, das war ſo verdeckt, daß es wie ein Altar ausſah, und die kleine Stube roch Ihnen ſüß und ſchön. Ich mußte nun dahinter kauern, und wenn er einträte, ſollte ich vorſpringen, und ihm den Pfeil auf die Bruſt halten, und die Worte ſprechen:
O edler Menſchenfreund, Dein tugendhaftes Herz,
Wenn dieſer Pfeil es trifft, ſo ſei es nicht zum Schmerz.
Wenn dies ihr Tempel war, iſt er von jetzt ab Dein
Sei Du ſie Phöbus nun in dieſem Mondenſchein.
Nu können Sie ſich vorſtellen, Engelchen, wie mein Herz ſchlug, als ich ihn die Treppe raufkommen hörte; Herr Jeſus, ich glaubte doch, mir würde es in der Kehle ſtecken bleiben. Und der Mann von der Frau, der ſtand auch ſo und japſte an der Thür; er war auch baumgroß mit einem Treſſenrock, und weißſei¬ denen Strümpfen. — Und die weißen Handſchuhe zit¬ terten nur ſo, wie er die Armleuchter hielt. Und wie der Herr draußen die letzte Treppe rauf ſteigt, —
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0302"n="288"/>
Leuchter, denn darin hatte ers verſehen. Die Stube<lb/>ſah Ihnen doch wie ein Paradies aus. Da hatte<lb/>
er Blumen und Bäume von Winkel-Bouch<hirendition="#aq">é</hi>s bringen<lb/>
laſſen, und Wachslichter hinter die Büſche, und oben<lb/>
hatte er ſich vom Theater eine Lampe geborgt, ganz<lb/>
blaß, die ſah wie Mondenſchein aus, und hinten war<lb/>
die rothe Gardine zum Zurückſchlagen, und davor<lb/>
zwei große Bäume, das waren aber Tannen aus<lb/>
dem Thiergarten, und da huckten oben zwei Amoretten,<lb/>ſie waren angebunden, aber nicht ganz feſt. Und<lb/>
Räucherpulver war auf ein Kohlenbecken geſtreut, das<lb/>
war ſo verdeckt, daß es wie ein Altar ausſah, und<lb/>
die kleine Stube roch Ihnen ſüß und ſchön. Ich<lb/>
mußte nun dahinter kauern, und wenn er einträte,<lb/>ſollte ich vorſpringen, und ihm den Pfeil auf die<lb/>
Bruſt halten, und die Worte ſprechen:</p><lb/><lgtype="poem"><lrendition="#et">O edler Menſchenfreund, Dein tugendhaftes Herz,</l><lb/><lrendition="#et">Wenn dieſer Pfeil es trifft, ſo ſei es nicht zum Schmerz.</l><lb/><lrendition="#et">Wenn dies <hirendition="#g">ihr</hi> Tempel war, iſt er von jetzt ab <hirendition="#g">Dein</hi></l><lb/><lrendition="#et">Sei Du ſie Phöbus nun in dieſem Mondenſchein.</l><lb/></lg><p>Nu können Sie ſich vorſtellen, Engelchen, wie mein<lb/>
Herz ſchlug, als ich ihn die Treppe raufkommen hörte;<lb/>
Herr Jeſus, ich glaubte doch, mir würde es in der<lb/>
Kehle ſtecken bleiben. Und der Mann von der Frau,<lb/>
der ſtand auch ſo und japſte an der Thür; er war<lb/>
auch baumgroß mit einem Treſſenrock, und weißſei¬<lb/>
denen Strümpfen. — Und die weißen Handſchuhe zit¬<lb/>
terten nur ſo, wie er die Armleuchter hielt. Und wie<lb/>
der Herr draußen die letzte Treppe rauf ſteigt, —<lb/></p></div></body></text></TEI>
[288/0302]
Leuchter, denn darin hatte ers verſehen. Die Stube
ſah Ihnen doch wie ein Paradies aus. Da hatte
er Blumen und Bäume von Winkel-Bouchés bringen
laſſen, und Wachslichter hinter die Büſche, und oben
hatte er ſich vom Theater eine Lampe geborgt, ganz
blaß, die ſah wie Mondenſchein aus, und hinten war
die rothe Gardine zum Zurückſchlagen, und davor
zwei große Bäume, das waren aber Tannen aus
dem Thiergarten, und da huckten oben zwei Amoretten,
ſie waren angebunden, aber nicht ganz feſt. Und
Räucherpulver war auf ein Kohlenbecken geſtreut, das
war ſo verdeckt, daß es wie ein Altar ausſah, und
die kleine Stube roch Ihnen ſüß und ſchön. Ich
mußte nun dahinter kauern, und wenn er einträte,
ſollte ich vorſpringen, und ihm den Pfeil auf die
Bruſt halten, und die Worte ſprechen:
O edler Menſchenfreund, Dein tugendhaftes Herz,
Wenn dieſer Pfeil es trifft, ſo ſei es nicht zum Schmerz.
Wenn dies ihr Tempel war, iſt er von jetzt ab Dein
Sei Du ſie Phöbus nun in dieſem Mondenſchein.
Nu können Sie ſich vorſtellen, Engelchen, wie mein
Herz ſchlug, als ich ihn die Treppe raufkommen hörte;
Herr Jeſus, ich glaubte doch, mir würde es in der
Kehle ſtecken bleiben. Und der Mann von der Frau,
der ſtand auch ſo und japſte an der Thür; er war
auch baumgroß mit einem Treſſenrock, und weißſei¬
denen Strümpfen. — Und die weißen Handſchuhe zit¬
terten nur ſo, wie er die Armleuchter hielt. Und wie
der Herr draußen die letzte Treppe rauf ſteigt, —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/302>, abgerufen am 18.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.