Thür verbergen sollte, und doch nicht verbarg, hätten sich auch zu jedem guten Bürger geschickt, dem häus¬ liche Behaglichkeit über alles geht.
"Haben Sie gehört, verehrteste Frau Obristin?"
"Ach mein aller bester Herr Prediger!"
"Bitte tausend Mal um Vergebung, wenn ich derangire insonders wegen meiner Toilette. Aber das ist ja nicht zum Aushalten!"
"Ist Ihnen was arrivirt?"
"Ich sehe ja nur zum Fenster hinaus, und meine Töchter neben mir, und rauche ganz in Frieden mein Pfeifchen, als Einer der Herren Officiere mit dem Arm nach mir weist, ich weiß noch nicht warum, und darauf strecken alle die Hälse und heben mit einem Aha! ein schallendes Gelächter an. Sagen Sie mir, was man da zu thun hat? Ich habe zwar einige Worte an sie gerichtet, sehr freundlich und zurechtweisend, sie antworten mir aber nur durch un¬ articulirte Laute, nachahmend den Gesang der Hüh¬ ner, durch ein Kikeriki! oder noch unbegreiflicher durch ein sogenanntes Kukuksgeschrei."
"Ist's die Möglichkeit!" rief die Obristin.
"Ja, von einem der Herren Officiere, bei denen man doch Bildung annehmen sollte, hörte ich den unanständigen Ausdruck: "Pfaff' und Pfäffchen!" Und Einer rief: "Gefällt's Dir im Kukuksneste?" Wird mir doch in der That bange, denn der Pöbel fängt auch schon an mit zu krähen und die Nach¬ barn reißen die Fenstern auf. Soll ich nun zur
Thür verbergen ſollte, und doch nicht verbarg, hätten ſich auch zu jedem guten Bürger geſchickt, dem häus¬ liche Behaglichkeit über alles geht.
„Haben Sie gehört, verehrteſte Frau Obriſtin?“
„Ach mein aller beſter Herr Prediger!“
„Bitte tauſend Mal um Vergebung, wenn ich derangire inſonders wegen meiner Toilette. Aber das iſt ja nicht zum Aushalten!“
„Iſt Ihnen was arrivirt?“
„Ich ſehe ja nur zum Fenſter hinaus, und meine Töchter neben mir, und rauche ganz in Frieden mein Pfeifchen, als Einer der Herren Officiere mit dem Arm nach mir weiſt, ich weiß noch nicht warum, und darauf ſtrecken alle die Hälſe und heben mit einem Aha! ein ſchallendes Gelächter an. Sagen Sie mir, was man da zu thun hat? Ich habe zwar einige Worte an ſie gerichtet, ſehr freundlich und zurechtweiſend, ſie antworten mir aber nur durch un¬ articulirte Laute, nachahmend den Geſang der Hüh¬ ner, durch ein Kikeriki! oder noch unbegreiflicher durch ein ſogenanntes Kukuksgeſchrei.“
„Iſt's die Möglichkeit!“ rief die Obriſtin.
„Ja, von einem der Herren Officiere, bei denen man doch Bildung annehmen ſollte, hörte ich den unanſtändigen Ausdruck: „Pfaff' und Pfäffchen!“ Und Einer rief: „Gefällt's Dir im Kukuksneſte?“ Wird mir doch in der That bange, denn der Pöbel fängt auch ſchon an mit zu krähen und die Nach¬ barn reißen die Fenſtern auf. Soll ich nun zur
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Thür verbergen ſollte, und doch nicht verbarg, hätten
ſich auch zu jedem guten Bürger geſchickt, dem häus¬
liche Behaglichkeit über alles geht.
„Haben Sie gehört, verehrteſte Frau Obriſtin?“
„Ach mein aller beſter Herr Prediger!“
„Bitte tauſend Mal um Vergebung, wenn ich
derangire inſonders wegen meiner Toilette. Aber
das iſt ja nicht zum Aushalten!“
„Iſt Ihnen was arrivirt?“
„Ich ſehe ja nur zum Fenſter hinaus, und meine
Töchter neben mir, und rauche ganz in Frieden mein
Pfeifchen, als Einer der Herren Officiere mit dem
Arm nach mir weiſt, ich weiß noch nicht warum,
und darauf ſtrecken alle die Hälſe und heben mit
einem Aha! ein ſchallendes Gelächter an. Sagen
Sie mir, was man da zu thun hat? Ich habe zwar
einige Worte an ſie gerichtet, ſehr freundlich und
zurechtweiſend, ſie antworten mir aber nur durch un¬
articulirte Laute, nachahmend den Geſang der Hüh¬
ner, durch ein Kikeriki! oder noch unbegreiflicher durch
ein ſogenanntes Kukuksgeſchrei.“
„Iſt's die Möglichkeit!“ rief die Obriſtin.
„Ja, von einem der Herren Officiere, bei denen
man doch Bildung annehmen ſollte, hörte ich den
unanſtändigen Ausdruck: „Pfaff' und Pfäffchen!“
Und Einer rief: „Gefällt's Dir im Kukuksneſte?“
Wird mir doch in der That bange, denn der Pöbel
fängt auch ſchon an mit zu krähen und die Nach¬
barn reißen die Fenſtern auf. Soll ich nun zur
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/309>, abgerufen am 16.06.2024.
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