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Allgemeine Zeitung. Nr. 64. Augsburg, 4. März 1840.

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möchte, und O'Connell namentlich meinte, der edle Lord hätte, bei seinen bekannten Gesinnungen und früherem Wirken gegen das katholische Irland, sich am wenigsten in diese Sache mischen sollen. Indeß wurde, vorbehaltlich der Einreden gegen die Bill selbst, deren Einbringung ohne Opposition gestattet. Der Alderman Sir C. Wood schlug vor, "da die Corporation der Stadt London am 12 d. M. beschlossen habe, Ihrer Maj., der Herzogin von Kent und dem Prinzen Albert Glückwunschadressen zu überreichen, und nach einem alten Herkommen die Sheriffs bei solchen Gelegenheiten Ihrer Maj. aufzuwarten pflegten, so möge zu diesem Zweck der noch in Haft befindliche Sheriff Hr. Evans in Freiheit gesetzt werden." Lord J. Russell widersetzte sich, und der Antrag wurde nach ganz kurzer Discussion mit 81 gegen 39 Stimmen verworfen. Im Anfang der Sitzung hatte Hr. Leader mehrere Petitionen um Verwendung des Hauses für gänzliche Pardonnirung der verurtheilten Chartisten Frost, Williams und Jones überreicht. Die Bittsteller verwahrten sich gegen jeden Verdacht der Sympathie mit den politischen Gesinnungen dieser Leute, meinten aber, Angesichts der zwiespältigen Entscheidung des Westminsterer Richtercollegiums über den reservirten formalen Rechtspunkt (9 gegen 6 Stimmen) müsse die Regierung sich ein Gewissen daraus machen, dieselben auf Lebenszeit aus ihrem Vaterland zu verbannen.

Die Stelle in der spanischen Thronrede, die von einer Berücksichtigung der inländischen und auswärtigen Staatsgläubiger Spaniens spricht, hat günstig auf den Stand der spanischen Fonds gewirkt (S. die Börse), und der Globe spricht die Zuversicht aus, wenn erst der Bürgerkrieg ganz beendigt seyn werde, was in Bälde zu hoffen, da die Chartisten bis zum Aeußersten getrieben seyen, dann werde Spanien seinen Finanzstand zu bessern, und vorerst ein befriedigendes Uebereinkommen mit seinen Gläubigern zu treffen suchen.

Der Plymouth Herald schreibt: "Am Sonntag traf hier ein Expresser von der Admiralität mit dem Befehl ein, das Kriegsschiff Blonde gegen China in See gehen zu lassen, was sogleich geschah."

(Globe.) Die Staatskirche von Großbritannien und Irland hat ein Einkommen von 8,896,000 Pf. St. (106,752,000 fl.), d. h. einige 40,000 Pf. St. mehr, als alle übrigen Staatskirchen in Europa und Südamerika zusammengenommen.

Frankreich.

(Messager.) Den Tag über liefen mehrere Gerüchte über die Zusammensetzung des Ministeriums um. Wir halten sie für voreilig. Hr. Thiers hat sich heute (27) um 2 Uhr neuerdings in die Tuilerien begeben, und eine lange Unterredung mit dem Könige gehabt. Wir glauben, daß noch nichts beschlossen sey.

(Journal des Debats.) Die Angabe des Messager ist richtig: wir wollen nur noch beifügen, daß Hr. Thiers morgen wieder zu dem König bestellt ist. - Folgende weitere Gerüchte haben wir diesen Abend über die ministerielle Krise vernommen. Hr. Thiers kam heute um 1 Uhr zu dem König, und blieb zwei Stunden bei Sr. Maj. Man versichert, Se. Maj. habe sich mit dieser Unterredung, welche die Hauptprincipien betraf, die als Grundlage für das künftige Ministerium dienen sollen, sehr zufrieden gezeigt. Was die von Hrn. Thiers für das Ministerium bezeichneten Personen betrifft, so hätte der König eine Bedenkzeit von 24 Stunden festgesetzt, während welcher er sowohl Hrn. v. Broglie als den Marschall Soult zu Rathe ziehen wollte. Zu den schon gestern genannten Namen, wovon einige jetzt definitiv ausgeschlossen scheinen, fügte man noch die der HH. Jaubert und Ducos. Das Cabinet, wie es von Hrn. Thiers dem König vorgeschlagen wäre, würde sonach folgendermaßen zusammengesetzt seyn: Hr. Thiers, Conseilpräsident und Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Hr. v. Remusat, Minister des Innern, Hr. Vivien, Justizminister, General Cubieres, Kriegsminister, Admiral Roussin, Seeminister, Hr. Ducos, Minister des Ackerbaues und des Handels, Hr. Jaubert, Minister der öffentlichen Arbeiten, Hr. Pelet de la Lozere, Finanzminister, Hr. Cousin, Minister des öffentlichen Unterrichts. Diese Liste circulirte diesen Abend im Hotel der Präsidentschaft und in mehreren politischen Salons. Wir geben sie, ohne sie auf irgend eine Weise zu verbürgen. Alles deutet darauf hin, daß der morgende Tag nicht ohne eine definitive Lösung vorbeigehen werde. Hr. Thiers scheint beeilt zu seyn, die Sache zu Ende zu bringen, und es wäre möglich, daß ein Beiblatt zum Moniteur morgen die Ungewißheit und Spannung endigte, welche bis jetzt von den Resultaten des Votums vom 20 Febr. das offenbarste gewesen.

[irrelevantes Material] Die Pairskammer nahm in der Sitzung vom 28 Febr. den Entwurf, die Einsetzungskosten des Cardinals la Tour d'Auvergne in seine Würde betreffend, mit 115 weißen gegen 1 schwarze Kugel an. Hierauf wurden einige von der Deputirtenkammer angenommene Gesetzesentwürfe eingebracht, und Hr. Etienne verlas dann den Commissionsbericht über das Moliere zu errichtende Denkmal.

Das Capitole macht Folgendes bekannt: "Das Eigenthum des Capitole ist von Hrn. Jourdain, einer vormaligen Gerichtsperson, erworben. Der Name des Hrn. Karl Durand als Oberredacteur wird nicht mehr an der Spitze des Blatts erscheinen."

Der Abbe de Genoude, Oberredacteur der Gazette de France, machte vor seiner letzten Reise nach Rom Hrn. Laffitte einen Besuch und bat ihn um einen Creditbrief an den Bankier Torlonia. Es entspann sich zwischen diesen beiden Männern ein Gespräch über die politische Lage Frankreichs. Die Gazette de France theilt dessen wesentlichen Inhalt mit, und zieht daraus den Schluß, daß das Bedürfniß der Ordnung und der Freiheit nach dem Ende einer Revolution auch die Männer von den entgegengesetztesten Meinungen zusammenführe. "Napoleon, sagte Hr. Laffitte, erkannte auf St. Helena, daß das Kaiserreich und die Restauration den Strom der Revolution nur momentan aufgehalten habe, statt ihm, der Alles zu überschwemmen und fortzureißen drohte, ein Bett zu graben. Ludwig Philipp denkt, daß man diesem Strom einen Damm entgegenstellen könne und daß man später sein System vollständig anerkennen werde, weil es allein Frankreich zu retten vermöge. Napoleon glaubte aber nicht, daß man mit einem Damm den Strom der Revolution hemmen könne, sondern er war der Meinung, man müsse ihm ein Bett graben. Da man dieß nicht gethan hat, wird man die Bewegung nicht beherrschen, sondern von ihr fortgerissen werden." Hr. v. Genoude erinnerte hierauf an die Worte der Frau v. Stael in ihren Betrachtungen über die Revolution, welche sie nach den hundert Tagen schrieb: "Die Restauration von 1814 ist gefallen, weil sie nicht in ganz Frankreich Canäle gegraben, um den stinkenden Gewässern, welche die Revolution in Paris zusammengeführt hatte, einen Abfluß zu verschaffen." Dergleichen Canäle, meinte damals Frau v. Stael, wären Provincial- und Municipalinstitutionen gewesen, als zur Freiheit Frankreichs wesentlich nothwendig. Benjamin Constant schrieb zu derselben Zeit: "Die Centralisation ist die Fessel, welche vom Despotismus der Entwicklung der modernen Gesellschaft angelegt worden."

möchte, und O'Connell namentlich meinte, der edle Lord hätte, bei seinen bekannten Gesinnungen und früherem Wirken gegen das katholische Irland, sich am wenigsten in diese Sache mischen sollen. Indeß wurde, vorbehaltlich der Einreden gegen die Bill selbst, deren Einbringung ohne Opposition gestattet. Der Alderman Sir C. Wood schlug vor, „da die Corporation der Stadt London am 12 d. M. beschlossen habe, Ihrer Maj., der Herzogin von Kent und dem Prinzen Albert Glückwunschadressen zu überreichen, und nach einem alten Herkommen die Sheriffs bei solchen Gelegenheiten Ihrer Maj. aufzuwarten pflegten, so möge zu diesem Zweck der noch in Haft befindliche Sheriff Hr. Evans in Freiheit gesetzt werden.“ Lord J. Russell widersetzte sich, und der Antrag wurde nach ganz kurzer Discussion mit 81 gegen 39 Stimmen verworfen. Im Anfang der Sitzung hatte Hr. Leader mehrere Petitionen um Verwendung des Hauses für gänzliche Pardonnirung der verurtheilten Chartisten Frost, Williams und Jones überreicht. Die Bittsteller verwahrten sich gegen jeden Verdacht der Sympathie mit den politischen Gesinnungen dieser Leute, meinten aber, Angesichts der zwiespältigen Entscheidung des Westminsterer Richtercollegiums über den reservirten formalen Rechtspunkt (9 gegen 6 Stimmen) müsse die Regierung sich ein Gewissen daraus machen, dieselben auf Lebenszeit aus ihrem Vaterland zu verbannen.

Die Stelle in der spanischen Thronrede, die von einer Berücksichtigung der inländischen und auswärtigen Staatsgläubiger Spaniens spricht, hat günstig auf den Stand der spanischen Fonds gewirkt (S. die Börse), und der Globe spricht die Zuversicht aus, wenn erst der Bürgerkrieg ganz beendigt seyn werde, was in Bälde zu hoffen, da die Chartisten bis zum Aeußersten getrieben seyen, dann werde Spanien seinen Finanzstand zu bessern, und vorerst ein befriedigendes Uebereinkommen mit seinen Gläubigern zu treffen suchen.

Der Plymouth Herald schreibt: „Am Sonntag traf hier ein Expresser von der Admiralität mit dem Befehl ein, das Kriegsschiff Blonde gegen China in See gehen zu lassen, was sogleich geschah.“

(Globe.) Die Staatskirche von Großbritannien und Irland hat ein Einkommen von 8,896,000 Pf. St. (106,752,000 fl.), d. h. einige 40,000 Pf. St. mehr, als alle übrigen Staatskirchen in Europa und Südamerika zusammengenommen.

Frankreich.

(Messager.) Den Tag über liefen mehrere Gerüchte über die Zusammensetzung des Ministeriums um. Wir halten sie für voreilig. Hr. Thiers hat sich heute (27) um 2 Uhr neuerdings in die Tuilerien begeben, und eine lange Unterredung mit dem Könige gehabt. Wir glauben, daß noch nichts beschlossen sey.

(Journal des Débats.) Die Angabe des Messager ist richtig: wir wollen nur noch beifügen, daß Hr. Thiers morgen wieder zu dem König bestellt ist. – Folgende weitere Gerüchte haben wir diesen Abend über die ministerielle Krise vernommen. Hr. Thiers kam heute um 1 Uhr zu dem König, und blieb zwei Stunden bei Sr. Maj. Man versichert, Se. Maj. habe sich mit dieser Unterredung, welche die Hauptprincipien betraf, die als Grundlage für das künftige Ministerium dienen sollen, sehr zufrieden gezeigt. Was die von Hrn. Thiers für das Ministerium bezeichneten Personen betrifft, so hätte der König eine Bedenkzeit von 24 Stunden festgesetzt, während welcher er sowohl Hrn. v. Broglie als den Marschall Soult zu Rathe ziehen wollte. Zu den schon gestern genannten Namen, wovon einige jetzt definitiv ausgeschlossen scheinen, fügte man noch die der HH. Jaubert und Ducos. Das Cabinet, wie es von Hrn. Thiers dem König vorgeschlagen wäre, würde sonach folgendermaßen zusammengesetzt seyn: Hr. Thiers, Conseilpräsident und Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Hr. v. Remusat, Minister des Innern, Hr. Vivien, Justizminister, General Cubières, Kriegsminister, Admiral Roussin, Seeminister, Hr. Ducos, Minister des Ackerbaues und des Handels, Hr. Jaubert, Minister der öffentlichen Arbeiten, Hr. Pelet de la Lozère, Finanzminister, Hr. Cousin, Minister des öffentlichen Unterrichts. Diese Liste circulirte diesen Abend im Hotel der Präsidentschaft und in mehreren politischen Salons. Wir geben sie, ohne sie auf irgend eine Weise zu verbürgen. Alles deutet darauf hin, daß der morgende Tag nicht ohne eine definitive Lösung vorbeigehen werde. Hr. Thiers scheint beeilt zu seyn, die Sache zu Ende zu bringen, und es wäre möglich, daß ein Beiblatt zum Moniteur morgen die Ungewißheit und Spannung endigte, welche bis jetzt von den Resultaten des Votums vom 20 Febr. das offenbarste gewesen.

[irrelevantes Material] Die Pairskammer nahm in der Sitzung vom 28 Febr. den Entwurf, die Einsetzungskosten des Cardinals la Tour d'Auvergne in seine Würde betreffend, mit 115 weißen gegen 1 schwarze Kugel an. Hierauf wurden einige von der Deputirtenkammer angenommene Gesetzesentwürfe eingebracht, und Hr. Etienne verlas dann den Commissionsbericht über das Molière zu errichtende Denkmal.

Das Capitole macht Folgendes bekannt: „Das Eigenthum des Capitole ist von Hrn. Jourdain, einer vormaligen Gerichtsperson, erworben. Der Name des Hrn. Karl Durand als Oberredacteur wird nicht mehr an der Spitze des Blatts erscheinen.“

Der Abbé de Genoude, Oberredacteur der Gazette de France, machte vor seiner letzten Reise nach Rom Hrn. Laffitte einen Besuch und bat ihn um einen Creditbrief an den Bankier Torlonia. Es entspann sich zwischen diesen beiden Männern ein Gespräch über die politische Lage Frankreichs. Die Gazette de France theilt dessen wesentlichen Inhalt mit, und zieht daraus den Schluß, daß das Bedürfniß der Ordnung und der Freiheit nach dem Ende einer Revolution auch die Männer von den entgegengesetztesten Meinungen zusammenführe. „Napoleon, sagte Hr. Laffitte, erkannte auf St. Helena, daß das Kaiserreich und die Restauration den Strom der Revolution nur momentan aufgehalten habe, statt ihm, der Alles zu überschwemmen und fortzureißen drohte, ein Bett zu graben. Ludwig Philipp denkt, daß man diesem Strom einen Damm entgegenstellen könne und daß man später sein System vollständig anerkennen werde, weil es allein Frankreich zu retten vermöge. Napoleon glaubte aber nicht, daß man mit einem Damm den Strom der Revolution hemmen könne, sondern er war der Meinung, man müsse ihm ein Bett graben. Da man dieß nicht gethan hat, wird man die Bewegung nicht beherrschen, sondern von ihr fortgerissen werden.“ Hr. v. Genoude erinnerte hierauf an die Worte der Frau v. Stael in ihren Betrachtungen über die Revolution, welche sie nach den hundert Tagen schrieb: „Die Restauration von 1814 ist gefallen, weil sie nicht in ganz Frankreich Canäle gegraben, um den stinkenden Gewässern, welche die Revolution in Paris zusammengeführt hatte, einen Abfluß zu verschaffen.“ Dergleichen Canäle, meinte damals Frau v. Stael, wären Provincial- und Municipalinstitutionen gewesen, als zur Freiheit Frankreichs wesentlich nothwendig. Benjamin Constant schrieb zu derselben Zeit: „Die Centralisation ist die Fessel, welche vom Despotismus der Entwicklung der modernen Gesellschaft angelegt worden.“

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möchte, und O'Connell namentlich meinte, der edle Lord hätte, bei seinen bekannten Gesinnungen und früherem Wirken gegen das katholische Irland, sich am wenigsten in diese Sache mischen sollen. Indeß wurde, vorbehaltlich der Einreden gegen die Bill selbst, deren Einbringung ohne Opposition gestattet. Der Alderman Sir C. <hi rendition="#g">Wood</hi> schlug vor, &#x201E;da die Corporation der Stadt London am 12 d. M. beschlossen habe, Ihrer Maj., der Herzogin von Kent und dem Prinzen Albert Glückwunschadressen zu überreichen, und nach einem alten Herkommen die Sheriffs bei solchen Gelegenheiten Ihrer Maj. aufzuwarten pflegten, so möge zu diesem Zweck der noch in Haft befindliche Sheriff Hr. Evans in Freiheit gesetzt werden.&#x201C; Lord J. <hi rendition="#g">Russell</hi> widersetzte sich, und der Antrag wurde nach ganz kurzer Discussion mit 81 gegen 39 Stimmen <hi rendition="#g">verworfen</hi>. Im Anfang der Sitzung hatte Hr. <hi rendition="#g">Leader</hi> mehrere Petitionen um Verwendung des Hauses für gänzliche Pardonnirung der verurtheilten Chartisten Frost, Williams und Jones überreicht. Die Bittsteller verwahrten sich gegen jeden Verdacht der Sympathie mit den politischen Gesinnungen dieser Leute, meinten aber, Angesichts der zwiespältigen Entscheidung des Westminsterer Richtercollegiums über den reservirten formalen Rechtspunkt (9 gegen 6 Stimmen) müsse die Regierung sich ein Gewissen daraus machen, dieselben auf Lebenszeit aus ihrem Vaterland zu verbannen.</p><lb/>
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[0507/0003] möchte, und O'Connell namentlich meinte, der edle Lord hätte, bei seinen bekannten Gesinnungen und früherem Wirken gegen das katholische Irland, sich am wenigsten in diese Sache mischen sollen. Indeß wurde, vorbehaltlich der Einreden gegen die Bill selbst, deren Einbringung ohne Opposition gestattet. Der Alderman Sir C. Wood schlug vor, „da die Corporation der Stadt London am 12 d. M. beschlossen habe, Ihrer Maj., der Herzogin von Kent und dem Prinzen Albert Glückwunschadressen zu überreichen, und nach einem alten Herkommen die Sheriffs bei solchen Gelegenheiten Ihrer Maj. aufzuwarten pflegten, so möge zu diesem Zweck der noch in Haft befindliche Sheriff Hr. Evans in Freiheit gesetzt werden.“ Lord J. Russell widersetzte sich, und der Antrag wurde nach ganz kurzer Discussion mit 81 gegen 39 Stimmen verworfen. Im Anfang der Sitzung hatte Hr. 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Die Stelle in der spanischen Thronrede, die von einer Berücksichtigung der inländischen und auswärtigen Staatsgläubiger Spaniens spricht, hat günstig auf den Stand der spanischen Fonds gewirkt (S. die Börse), und der Globe spricht die Zuversicht aus, wenn erst der Bürgerkrieg ganz beendigt seyn werde, was in Bälde zu hoffen, da die Chartisten bis zum Aeußersten getrieben seyen, dann werde Spanien seinen Finanzstand zu bessern, und vorerst ein befriedigendes Uebereinkommen mit seinen Gläubigern zu treffen suchen. Der Plymouth Herald schreibt: „Am Sonntag traf hier ein Expresser von der Admiralität mit dem Befehl ein, das Kriegsschiff Blonde gegen China in See gehen zu lassen, was sogleich geschah.“ (Globe.) Die Staatskirche von Großbritannien und Irland hat ein Einkommen von 8,896,000 Pf. St. (106,752,000 fl.), d. h. einige 40,000 Pf. St. mehr, als alle übrigen Staatskirchen in Europa und Südamerika zusammengenommen. Frankreich. _ Paris, 28 Febr. (Messager.) Den Tag über liefen mehrere Gerüchte über die Zusammensetzung des Ministeriums um. Wir halten sie für voreilig. Hr. Thiers hat sich heute (27) um 2 Uhr neuerdings in die Tuilerien begeben, und eine lange Unterredung mit dem Könige gehabt. Wir glauben, daß noch nichts beschlossen sey. (Journal des Débats.) Die Angabe des Messager ist richtig: wir wollen nur noch beifügen, daß Hr. Thiers morgen wieder zu dem König bestellt ist. – Folgende weitere Gerüchte haben wir diesen Abend über die ministerielle Krise vernommen. Hr. Thiers kam heute um 1 Uhr zu dem König, und blieb zwei Stunden bei Sr. Maj. Man versichert, Se. Maj. habe sich mit dieser Unterredung, welche die Hauptprincipien betraf, die als Grundlage für das künftige Ministerium dienen sollen, sehr zufrieden gezeigt. Was die von Hrn. Thiers für das Ministerium bezeichneten Personen betrifft, so hätte der König eine Bedenkzeit von 24 Stunden festgesetzt, während welcher er sowohl Hrn. v. Broglie als den Marschall Soult zu Rathe ziehen wollte. Zu den schon gestern genannten Namen, wovon einige jetzt definitiv ausgeschlossen scheinen, fügte man noch die der HH. Jaubert und Ducos. Das Cabinet, wie es von Hrn. Thiers dem König vorgeschlagen wäre, würde sonach folgendermaßen zusammengesetzt seyn: Hr. Thiers, Conseilpräsident und Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Hr. v. Remusat, Minister des Innern, Hr. Vivien, Justizminister, General Cubières, Kriegsminister, Admiral Roussin, Seeminister, Hr. Ducos, Minister des Ackerbaues und des Handels, Hr. Jaubert, Minister der öffentlichen Arbeiten, Hr. Pelet de la Lozère, Finanzminister, Hr. Cousin, Minister des öffentlichen Unterrichts. Diese Liste circulirte diesen Abend im Hotel der Präsidentschaft und in mehreren politischen Salons. Wir geben sie, ohne sie auf irgend eine Weise zu verbürgen. Alles deutet darauf hin, daß der morgende Tag nicht ohne eine definitive Lösung vorbeigehen werde. Hr. Thiers scheint beeilt zu seyn, die Sache zu Ende zu bringen, und es wäre möglich, daß ein Beiblatt zum Moniteur morgen die Ungewißheit und Spannung endigte, welche bis jetzt von den Resultaten des Votums vom 20 Febr. das offenbarste gewesen. _ Die Pairskammer nahm in der Sitzung vom 28 Febr. den Entwurf, die Einsetzungskosten des Cardinals la Tour d'Auvergne in seine Würde betreffend, mit 115 weißen gegen 1 schwarze Kugel an. Hierauf wurden einige von der Deputirtenkammer angenommene Gesetzesentwürfe eingebracht, und Hr. Etienne verlas dann den Commissionsbericht über das Molière zu errichtende Denkmal. Das Capitole macht Folgendes bekannt: „Das Eigenthum des Capitole ist von Hrn. Jourdain, einer vormaligen Gerichtsperson, erworben. Der Name des Hrn. Karl Durand als Oberredacteur wird nicht mehr an der Spitze des Blatts erscheinen.“ Der Abbé de Genoude, Oberredacteur der Gazette de France, machte vor seiner letzten Reise nach Rom Hrn. Laffitte einen Besuch und bat ihn um einen Creditbrief an den Bankier Torlonia. Es entspann sich zwischen diesen beiden Männern ein Gespräch über die politische Lage Frankreichs. Die Gazette de France theilt dessen wesentlichen Inhalt mit, und zieht daraus den Schluß, daß das Bedürfniß der Ordnung und der Freiheit nach dem Ende einer Revolution auch die Männer von den entgegengesetztesten Meinungen zusammenführe. „Napoleon, sagte Hr. Laffitte, erkannte auf St. Helena, daß das Kaiserreich und die Restauration den Strom der Revolution nur momentan aufgehalten habe, statt ihm, der Alles zu überschwemmen und fortzureißen drohte, ein Bett zu graben. Ludwig Philipp denkt, daß man diesem Strom einen Damm entgegenstellen könne und daß man später sein System vollständig anerkennen werde, weil es allein Frankreich zu retten vermöge. Napoleon glaubte aber nicht, daß man mit einem Damm den Strom der Revolution hemmen könne, sondern er war der Meinung, man müsse ihm ein Bett graben. Da man dieß nicht gethan hat, wird man die Bewegung nicht beherrschen, sondern von ihr fortgerissen werden.“ Hr. v. Genoude erinnerte hierauf an die Worte der Frau v. Stael in ihren Betrachtungen über die Revolution, welche sie nach den hundert Tagen schrieb: „Die Restauration von 1814 ist gefallen, weil sie nicht in ganz Frankreich Canäle gegraben, um den stinkenden Gewässern, welche die Revolution in Paris zusammengeführt hatte, einen Abfluß zu verschaffen.“ Dergleichen Canäle, meinte damals Frau v. Stael, wären Provincial- und Municipalinstitutionen gewesen, als zur Freiheit Frankreichs wesentlich nothwendig. Benjamin Constant schrieb zu derselben Zeit: „Die Centralisation ist die Fessel, welche vom Despotismus der Entwicklung der modernen Gesellschaft angelegt worden.“

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 64. Augsburg, 4. März 1840, S. 0507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_064_18400304/3>, abgerufen am 26.04.2024.