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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862.

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Alle diese Zeichen sind unzweifelhaft kabbalistischen Ursprungs
und liegen schon den ältesten Zauberzeichen und Gaunerzinken zu
Grunde. Jhre schon sehr frühe Popularität ist durch Agrippa von
Nettesheym, Tabourot und Vigenere verbürgt. Man darf aber
auch ohne Vermessenheit es wagen, den Blick noch auf die Orna-
mente und Friese fallen zu lassen, welche man an den besonders
im nördlichen Deutschland, Holland und Frankreich allmählich seit
Einführung des Christenthums nach dem ursprünglich römischen
Baustil ausgeführten eigenthümlichen Stein- und besonders Ziegel-
bauten findet. Die Linien und Zeichnungen dieser Ornamente
und Friese erscheinen vielfach sehr eigenthümlich und dunkel. Sie
mögen vielleicht als ursprünglich graphische Charaktere oder Jn-
schriften zu betrachten sein, welche freilich nach und nach zur
bloßen decorativen Malerei abgeflacht sind. An mehr als einer
Stelle seiner trefflichen "Fabliaux" macht der bereits Th. III,
S. 68, Note 2, erwähnte geistvolle Le Grand d'Aussy, besonders
in seinen "Notes historiques et critiques" und namentlich zur
fünften Erzählung des zweiten Theils: Hueline et Eglantine,
auf die Berührung der christlichen Ritterschaft mit den Mauren
in Spanien aufmerksam, sowie speciell auf den Einfluß, welchen
der aus dem Verbote bildlicher Darstellung hervorgegangene Hang
der Araber zur Anbringung zahlreicher Sinnsprüche an Bauwerken,
Waffen und Gegenständen des täglichen Gebrauchs auf die einfachen
Bilder, Wappen und Embleme der christlichen Ritterschaft hatte.
Diese christlichen Decorationen waren ursprünglich bloße dürre Bil-
der, ohne Jnschrift und Devise, und erst seit der Bekanntschaft
mit dem maurischen Gebrauche sind Jnschrift und Devise als Theil
der christlichen Wappenornamentik nachzuweisen. Es ist auch be-
merkenswerth, daß Agrippa von Nettesheym S. 320 die außer-
ordentliche Befähigung und vielgeübte Kunst der arabischen Schrift-

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Alle dieſe Zeichen ſind unzweifelhaft kabbaliſtiſchen Urſprungs
und liegen ſchon den älteſten Zauberzeichen und Gaunerzinken zu
Grunde. Jhre ſchon ſehr frühe Popularität iſt durch Agrippa von
Nettesheym, Tabourot und Vigenère verbürgt. Man darf aber
auch ohne Vermeſſenheit es wagen, den Blick noch auf die Orna-
mente und Frieſe fallen zu laſſen, welche man an den beſonders
im nördlichen Deutſchland, Holland und Frankreich allmählich ſeit
Einführung des Chriſtenthums nach dem urſprünglich römiſchen
Bauſtil ausgeführten eigenthümlichen Stein- und beſonders Ziegel-
bauten findet. Die Linien und Zeichnungen dieſer Ornamente
und Frieſe erſcheinen vielfach ſehr eigenthümlich und dunkel. Sie
mögen vielleicht als urſprünglich graphiſche Charaktere oder Jn-
ſchriften zu betrachten ſein, welche freilich nach und nach zur
bloßen decorativen Malerei abgeflacht ſind. An mehr als einer
Stelle ſeiner trefflichen „Fabliaux“ macht der bereits Th. III,
S. 68, Note 2, erwähnte geiſtvolle Le Grand d’Auſſy, beſonders
in ſeinen „Notes historiques et critiques“ und namentlich zur
fünften Erzählung des zweiten Theils: Huéline et Eglantine,
auf die Berührung der chriſtlichen Ritterſchaft mit den Mauren
in Spanien aufmerkſam, ſowie ſpeciell auf den Einfluß, welchen
der aus dem Verbote bildlicher Darſtellung hervorgegangene Hang
der Araber zur Anbringung zahlreicher Sinnſprüche an Bauwerken,
Waffen und Gegenſtänden des täglichen Gebrauchs auf die einfachen
Bilder, Wappen und Embleme der chriſtlichen Ritterſchaft hatte.
Dieſe chriſtlichen Decorationen waren urſprünglich bloße dürre Bil-
der, ohne Jnſchrift und Deviſe, und erſt ſeit der Bekanntſchaft
mit dem mauriſchen Gebrauche ſind Jnſchrift und Deviſe als Theil
der chriſtlichen Wappenornamentik nachzuweiſen. Es iſt auch be-
merkenswerth, daß Agrippa von Nettesheym S. 320 die außer-
ordentliche Befähigung und vielgeübte Kunſt der arabiſchen Schrift-

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[13/0025] Lübeck: _ Hamburg: _ Leipzig: _ Alle dieſe Zeichen ſind unzweifelhaft kabbaliſtiſchen Urſprungs und liegen ſchon den älteſten Zauberzeichen und Gaunerzinken zu Grunde. Jhre ſchon ſehr frühe Popularität iſt durch Agrippa von Nettesheym, Tabourot und Vigenère verbürgt. Man darf aber auch ohne Vermeſſenheit es wagen, den Blick noch auf die Orna- mente und Frieſe fallen zu laſſen, welche man an den beſonders im nördlichen Deutſchland, Holland und Frankreich allmählich ſeit Einführung des Chriſtenthums nach dem urſprünglich römiſchen Bauſtil ausgeführten eigenthümlichen Stein- und beſonders Ziegel- bauten findet. Die Linien und Zeichnungen dieſer Ornamente und Frieſe erſcheinen vielfach ſehr eigenthümlich und dunkel. Sie mögen vielleicht als urſprünglich graphiſche Charaktere oder Jn- ſchriften zu betrachten ſein, welche freilich nach und nach zur bloßen decorativen Malerei abgeflacht ſind. An mehr als einer Stelle ſeiner trefflichen „Fabliaux“ macht der bereits Th. III, S. 68, Note 2, erwähnte geiſtvolle Le Grand d’Auſſy, beſonders in ſeinen „Notes historiques et critiques“ und namentlich zur fünften Erzählung des zweiten Theils: Huéline et Eglantine, auf die Berührung der chriſtlichen Ritterſchaft mit den Mauren in Spanien aufmerkſam, ſowie ſpeciell auf den Einfluß, welchen der aus dem Verbote bildlicher Darſtellung hervorgegangene Hang der Araber zur Anbringung zahlreicher Sinnſprüche an Bauwerken, Waffen und Gegenſtänden des täglichen Gebrauchs auf die einfachen Bilder, Wappen und Embleme der chriſtlichen Ritterſchaft hatte. Dieſe chriſtlichen Decorationen waren urſprünglich bloße dürre Bil- der, ohne Jnſchrift und Deviſe, und erſt ſeit der Bekanntſchaft mit dem mauriſchen Gebrauche ſind Jnſchrift und Deviſe als Theil der chriſtlichen Wappenornamentik nachzuweiſen. Es iſt auch be- merkenswerth, daß Agrippa von Nettesheym S. 320 die außer- ordentliche Befähigung und vielgeübte Kunſt der arabiſchen Schrift-

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/25>, abgerufen am 30.04.2024.