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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

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gemäßen in ein wider die Natur Gehendes (ekstasis tis estin en te pba_534.002
genesei to para phusin tou kata phusin cf. De coel. II, 3 S. 286a pba_534.003
19 wörtlich: "Das Widernatürliche ist gewissermaßen eine "Verrückung", pba_534.004
die bei dem Entstehungsvorgange des Natürlichen, des Naturgemäßen pba_534.005
stattfindet"). Jn der Schrift "Von der Seele" sagt er dann freilich gerade pba_534.006
in Bezug auf diese, daß "eine jede Bewegung ,eine Verrückung des pba_534.007
Bewegten' sei, insofern es bewegt werde" aber er fügt ausdrücklich pba_534.008
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der Seele schließt also keineswegs den Vorgang der "Verrückung" pba_534.014
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sich in der sehr scharfsinnigen und gründlichen Untersuchung, die dieser pba_534.019
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also einerseits die Freiheit von störendem Pathos erforderlich, andererseits pba_534.031
aber ebenso das richtige Pathos unentbehrlich
(246b 19: pba_534.032
e men gar arete poiei \e apathes \e os dei pathetikon); umgekehrt pba_534.033
ist die Fehlerhaftigkeit dem störenden Pathos unterworfen und in pba_534.034
der entgegengesetzten Weise dem richtigen Pathos verschlossen (e pba_534.035
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"Pathos" noch im weitesten Sinne genommen; aber die Anwen-

1 pba_534.037
S. De anim. I, 3. 406b 12. ost' ei pasa kinesis ekstasis esti tou pba_534.038
kinoumenou e kineitai, kai e psukhe existait' \an ek tes ousias, ei me kata sumbebekos pba_534.039
auten kinei. all' estin e kinesis tes ousias autes kath'auten.

pba_534.001
gemäßen in ein wider die Natur Gehendes (ἔκστασίς τίς ἐστιν ἐν τῇ pba_534.002
γενέσει τὸ παρὰ φύσιν τοῦ κατὰ φύσιν cf. De coel. II, 3 S. 286a pba_534.003
19 wörtlich: „Das Widernatürliche ist gewissermaßen eine „Verrückung“, pba_534.004
die bei dem Entstehungsvorgange des Natürlichen, des Naturgemäßen pba_534.005
stattfindet“). Jn der Schrift „Von der Seele“ sagt er dann freilich gerade pba_534.006
in Bezug auf diese, daß „eine jede Bewegung ‚eine Verrückung des pba_534.007
Bewegten‘ sei, insofern es bewegt werde“ aber er fügt ausdrücklich pba_534.008
hinzu, daß das nur der Fall sei, wenn die Bewegung nicht eine der pba_534.009
Natur des bewegten Dinges nach ihm eigene, zukommende sei (κατὰ pba_534.010
συμβεβηκός), um dann zu dem Schlusse zu gelangen, daß gerade die pba_534.011
Bewegung der Seele eine solche sei, die ihr eigen, ihrem Wesen nach pba_534.012
(καθ' αὑτήν) notwendig bei ihr stattfinde. Die naturgemäße Bewegung pba_534.013
der Seele schließt also keineswegs den Vorgang der „Verrückung“ pba_534.014
von ihrem Wesen ein.1 Die strikte Anwendung dieser Sätze auf die pba_534.015
Empfindungsbewegungen der Seele ist von Aristoteles selbst gemacht pba_534.016
und sie widerspricht dem Satze, der die gesamte Auffassung Bernays' pba_534.017
von der Seelenlehre des Aristoteles beherrscht, diametral. Sie findet pba_534.018
sich in der sehr scharfsinnigen und gründlichen Untersuchung, die dieser pba_534.019
im Kapitel 3 des siebenten Buches der phys. auscult. über die Frage pba_534.020
anstellt, ob die Beschaffenheiten der Dinge Veränderungen (ἀλλοιώσεις) pba_534.021
derselben seien. Er verneint dieselbe: die Beschaffenheiten treten zwar nicht pba_534.022
ohne Veränderungsvorgänge ein, sie sind aber nicht selbst solche. Ebensowenig pba_534.023
seien also die Zustände (ἕξεις) des Körpers oder der Seele pba_534.024
„Veränderungen“ (ἀλλοιώσεις) derselben (S. 246a 10 ff.); so also auch pba_534.025
weder Vortrefflichkeit, Tugend, noch Fehlerhaftigkeit, Schlechtigkeit pba_534.026
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eines Dinges (τελείωσις), d. h. also die vollständige Entwickelung desselben pba_534.028
bis zu ihrem Ende, die andere die Störung und „Verrückungpba_534.029
desselben (φθορὰ τούτου καὶ ἔκστασις). Zu der Vollendung ist pba_534.030
also einerseits die Freiheit von störendem Pathos erforderlich, andererseits pba_534.031
aber ebenso das richtige Pathos unentbehrlich
(246b 19: pba_534.032
ἡ μὲν γὰρ ἀρετὴ ποιεῖ \̓η ἀπαθὲς \̓η ὠς δεῖ παθητικόν); umgekehrt pba_534.033
ist die Fehlerhaftigkeit dem störenden Pathos unterworfen und in pba_534.034
der entgegengesetzten Weise dem richtigen Pathos verschlossen (ἡ pba_534.035
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„Pathos“ noch im weitesten Sinne genommen; aber die Anwen-

1 pba_534.037
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[534/0552] pba_534.001 gemäßen in ein wider die Natur Gehendes (ἔκστασίς τίς ἐστιν ἐν τῇ pba_534.002 γενέσει τὸ παρὰ φύσιν τοῦ κατὰ φύσιν cf. De coel. II, 3 S. 286a pba_534.003 19 wörtlich: „Das Widernatürliche ist gewissermaßen eine „Verrückung“, pba_534.004 die bei dem Entstehungsvorgange des Natürlichen, des Naturgemäßen pba_534.005 stattfindet“). Jn der Schrift „Von der Seele“ sagt er dann freilich gerade pba_534.006 in Bezug auf diese, daß „eine jede Bewegung ‚eine Verrückung des pba_534.007 Bewegten‘ sei, insofern es bewegt werde“ aber er fügt ausdrücklich pba_534.008 hinzu, daß das nur der Fall sei, wenn die Bewegung nicht eine der pba_534.009 Natur des bewegten Dinges nach ihm eigene, zukommende sei (κατὰ pba_534.010 συμβεβηκός), um dann zu dem Schlusse zu gelangen, daß gerade die pba_534.011 Bewegung der Seele eine solche sei, die ihr eigen, ihrem Wesen nach pba_534.012 (καθ' αὑτήν) notwendig bei ihr stattfinde. Die naturgemäße Bewegung pba_534.013 der Seele schließt also keineswegs den Vorgang der „Verrückung“ pba_534.014 von ihrem Wesen ein. 1 Die strikte Anwendung dieser Sätze auf die pba_534.015 Empfindungsbewegungen der Seele ist von Aristoteles selbst gemacht pba_534.016 und sie widerspricht dem Satze, der die gesamte Auffassung Bernays' pba_534.017 von der Seelenlehre des Aristoteles beherrscht, diametral. Sie findet pba_534.018 sich in der sehr scharfsinnigen und gründlichen Untersuchung, die dieser pba_534.019 im Kapitel 3 des siebenten Buches der phys. auscult. über die Frage pba_534.020 anstellt, ob die Beschaffenheiten der Dinge Veränderungen (ἀλλοιώσεις) pba_534.021 derselben seien. Er verneint dieselbe: die Beschaffenheiten treten zwar nicht pba_534.022 ohne Veränderungsvorgänge ein, sie sind aber nicht selbst solche. Ebensowenig pba_534.023 seien also die Zustände (ἕξεις) des Körpers oder der Seele pba_534.024 „Veränderungen“ (ἀλλοιώσεις) derselben (S. 246a 10 ff.); so also auch pba_534.025 weder Vortrefflichkeit, Tugend, noch Fehlerhaftigkeit, Schlechtigkeit pba_534.026 (οὔτε ἡ ἀρετὴ οὔτε ἡ κακία), sondern die erste sei die Vollendung pba_534.027 eines Dinges (τελείωσις), d. h. also die vollständige Entwickelung desselben pba_534.028 bis zu ihrem Ende, die andere die Störung und „Verrückung“ pba_534.029 desselben (φθορὰ τούτου καὶ ἔκστασις). Zu der Vollendung ist pba_534.030 also einerseits die Freiheit von störendem Pathos erforderlich, andererseits pba_534.031 aber ebenso das richtige Pathos unentbehrlich (246b 19: pba_534.032 ἡ μὲν γὰρ ἀρετὴ ποιεῖ \̓η ἀπαθὲς \̓η ὠς δεῖ παθητικόν); umgekehrt pba_534.033 ist die Fehlerhaftigkeit dem störenden Pathos unterworfen und in pba_534.034 der entgegengesetzten Weise dem richtigen Pathos verschlossen (ἡ pba_534.035 δὲ κακία παθητικὸν \̓η ἐναντίως ἀπαθές). Hier ist der Ausdruck pba_534.036 „Pathos“ noch im weitesten Sinne genommen; aber die Anwen- 1 pba_534.037 S. De anim. I, 3. 406b 12. ὥστ' εἰ πᾶσα κίνησις ἔκστασίς ἐστι τοῦ pba_534.038 κινουμένου ᾗ κινεῖται, καὶ ἡ ψυχὴ ἐξίσταιτ' \̓αν ἐκ τῆς οὐσίας, εἰ μὴ κατὰ συμβεβηκὸς pba_534.039 αὑτὴν κῖνει. ἀλλ' ἔστιν ἡ κίνησις τῆς οὐσίας αὐτῆς καθ'αὑτήν.

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Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

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Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/552>, abgerufen am 30.04.2024.