Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite
Stilpe.

Das Cenacle schloß die vier Schlappdeckel noch
viel enger aneinander, als es die früheren Ver¬
einigungen gethan hatten.

In diesem Müsettistenklub lagen denn doch
noch ganz andere Reize und Hilfsmittel der
Freundschaft als in jenen Deklamier- und De¬
battier-Zirkeln.

Zwar waren auch jene unerlaubter und daher
verführerischer Natur gewesen, aber ihr Fehler war
Einseitigkeit. Sie hatten die strotzende Fülle des
Unerlaubten nicht kühn genug erschöpft. Stilpe
hatte das sehr klar erkannt und mit den an seine
Lektüre von Büchners Kraft und Stoff erinnernden
Worten ausgedrückt: Wir haben an einer Hyper¬
trophie der Cerebralbedürfnisse gelitten; besinnen
wir uns auf die -- Niederlande, (hier hatte er
gewartet, ob man seinen Witz verstünde; da es
nicht den Anschein hatte, fügte er erklärend hin¬
zu) --: Wir müssen unsern werten Sinnen auch
was zukommen lassen.

Aber das war es nicht allein.

Eine Hauptsuggestion lag in dem Worte:
Paris.

Die vier Oberprimaner spürten das Komische,
das in ihrer Imitation lag, nur wenig (bisweilen

Stilpe.

Das Cénacle ſchloß die vier Schlappdeckel noch
viel enger aneinander, als es die früheren Ver¬
einigungen gethan hatten.

In dieſem Müſettiſtenklub lagen denn doch
noch ganz andere Reize und Hilfsmittel der
Freundſchaft als in jenen Deklamier- und De¬
battier-Zirkeln.

Zwar waren auch jene unerlaubter und daher
verführeriſcher Natur geweſen, aber ihr Fehler war
Einſeitigkeit. Sie hatten die ſtrotzende Fülle des
Unerlaubten nicht kühn genug erſchöpft. Stilpe
hatte das ſehr klar erkannt und mit den an ſeine
Lektüre von Büchners Kraft und Stoff erinnernden
Worten ausgedrückt: Wir haben an einer Hyper¬
trophie der Cerebralbedürfniſſe gelitten; beſinnen
wir uns auf die — Niederlande, (hier hatte er
gewartet, ob man ſeinen Witz verſtünde; da es
nicht den Anſchein hatte, fügte er erklärend hin¬
zu) —: Wir müſſen unſern werten Sinnen auch
was zukommen laſſen.

Aber das war es nicht allein.

Eine Hauptſuggeſtion lag in dem Worte:
Paris.

Die vier Oberprimaner ſpürten das Komiſche,
das in ihrer Imitation lag, nur wenig (bisweilen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0198" n="184"/>
          <fw place="top" type="header">Stilpe.<lb/></fw>
          <p>Das C<hi rendition="#aq">é</hi>nacle &#x017F;chloß die vier Schlappdeckel noch<lb/>
viel enger aneinander, als es die früheren Ver¬<lb/>
einigungen gethan hatten.</p><lb/>
          <p>In die&#x017F;em Mü&#x017F;etti&#x017F;tenklub lagen denn doch<lb/>
noch ganz andere Reize und Hilfsmittel der<lb/>
Freund&#x017F;chaft als in jenen Deklamier- und De¬<lb/>
battier-Zirkeln.</p><lb/>
          <p>Zwar waren auch jene unerlaubter und daher<lb/>
verführeri&#x017F;cher Natur gewe&#x017F;en, aber ihr Fehler war<lb/>
Ein&#x017F;eitigkeit. Sie hatten die &#x017F;trotzende Fülle des<lb/>
Unerlaubten nicht kühn genug er&#x017F;chöpft. Stilpe<lb/>
hatte das &#x017F;ehr klar erkannt und mit den an &#x017F;eine<lb/>
Lektüre von Büchners Kraft und Stoff erinnernden<lb/>
Worten ausgedrückt: Wir haben an einer Hyper¬<lb/>
trophie der Cerebralbedürfni&#x017F;&#x017F;e gelitten; be&#x017F;innen<lb/>
wir uns auf die &#x2014; Niederlande, (hier hatte er<lb/>
gewartet, ob man &#x017F;einen Witz ver&#x017F;tünde; da es<lb/>
nicht den An&#x017F;chein hatte, fügte er erklärend hin¬<lb/>
zu) &#x2014;: Wir mü&#x017F;&#x017F;en un&#x017F;ern werten Sinnen auch<lb/>
was zukommen la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Aber das war es nicht allein.</p><lb/>
          <p>Eine Haupt&#x017F;ugge&#x017F;tion lag in dem Worte:<lb/>
Paris.</p><lb/>
          <p>Die vier Oberprimaner &#x017F;pürten das Komi&#x017F;che,<lb/>
das in ihrer Imitation lag, nur wenig (bisweilen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[184/0198] Stilpe. Das Cénacle ſchloß die vier Schlappdeckel noch viel enger aneinander, als es die früheren Ver¬ einigungen gethan hatten. In dieſem Müſettiſtenklub lagen denn doch noch ganz andere Reize und Hilfsmittel der Freundſchaft als in jenen Deklamier- und De¬ battier-Zirkeln. Zwar waren auch jene unerlaubter und daher verführeriſcher Natur geweſen, aber ihr Fehler war Einſeitigkeit. Sie hatten die ſtrotzende Fülle des Unerlaubten nicht kühn genug erſchöpft. Stilpe hatte das ſehr klar erkannt und mit den an ſeine Lektüre von Büchners Kraft und Stoff erinnernden Worten ausgedrückt: Wir haben an einer Hyper¬ trophie der Cerebralbedürfniſſe gelitten; beſinnen wir uns auf die — Niederlande, (hier hatte er gewartet, ob man ſeinen Witz verſtünde; da es nicht den Anſchein hatte, fügte er erklärend hin¬ zu) —: Wir müſſen unſern werten Sinnen auch was zukommen laſſen. Aber das war es nicht allein. Eine Hauptſuggeſtion lag in dem Worte: Paris. Die vier Oberprimaner ſpürten das Komiſche, das in ihrer Imitation lag, nur wenig (bisweilen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/198
Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/198>, abgerufen am 01.11.2024.